65th IFLA Council and General Conference
Bangkok, Thailand, August 20 - August 28, 1999
Code Number: 086-117-G
Division Number: IV
Professional Group: Classification and Indexing
Joint Meeting with: -
Meeting Number: 117
Simultaneous Interpretation: No
Probleme bei der Entwicklung einer nationalen russischen
Schlagwortnormdatei
Irina Tsvetkova &
Julia Selivanova
Russische Nationalbibtiothek
Sankt Petersburg
Russian Federation
Abstract
The report deals with the necessity for developing a National Subject Authority File in Russia. Basic approaches creating such a file creation are introduced. The history and main features of the National Library of Russia Subject Authority File are described. The report includes information on a number of projects being undertaken both in NLR and in Russia.
Paper
In den letzten Jahren haben sich die russischen Bibliotheken aktiv an den verschiedenen regionalen, nationalen und internationalen Projekten und Programmen beteiligt, die sich mit Fragen des gemeinsamen Katalogisierens befaßten. Deren Effektivität ist einerseits von der Unterstützung durch Technik und Datenverarbeitung, andererseits von der linguistischen Unterstützung abhängig. Mit linguistischer Unterstützung sind alle gemeinsamen oder kompatiblen Formate für die Datenrepräsentation (Bibliographie1 Normdateien, Klassifikation, usw.) gemeint, aber auch kompatible Instrumente für den sachlichen Zugriff auf diese Informationen. Man kann sagen, daß die prinzipiellen Probleme für die Darstellung und den Austausch von bibliographischen und Normdaten gelöst sind: russische Austauschformate für bibliographische Daten und Normdaten liegen vor und haben sich durchgesetzt. Für den zweiten Komplex von Problemen, d.h. die Entwicklung von kompatiblen Instrumenten für den sachlichen Zugang bleibt noch einiges zu tun. Es gibt eine Reihe von verschiedenen Sacherschließungssystemen in den russischen Bibliotheken: UDK, BBK, verschiedene Versionen von Schlagwortsprachen, usw.
Das wichtigste Problem für die russischen Bibliotheken ist die Entwicklung einer gemeinsamen Schlagwortnormdatei und gemeinsamer Schlagwortregeln. Deren Bedeutung läßt sich wie folgt begründen:
- ein Schlagwortsystem ist am nächsten an der natürlichen Sprache und wird deshalb als am bequemsten für den Benutzer angesehen,
- Schlagwörter erlauben es, am schnellsten und effektivsten auf Veränderungen in der Terminologie und dem Vokabular der natürlichen Sprache zu reagieren.
Wenn erst einmal eine nationale Schlagwortnormdatei existiert, hätten die russischen Bibliotheken die Möglichkeit:
- ihre bibliographischen Daten weiterzuverbreiten und Informationen anderer Bibliotheken für sich zu nutzen;
- Gesamtkataloge auf verschiedenen Ebenen einzurichten;
- gemeinsam mit anderen Bibliotheken Bibliographien zu veröffentlichen;
- ihre Benutzer mit einheitlich strukturierten Zugriffsmöglichkeiten zu Informationen in Gesamtkatalogen und in anderen Bibliotheken zu versorgen.
Eine Analyse der Praxis der führenden Bibliotheken der Welt zeigt, daß wir es im Wesentlichen mit zwei verschiedenen Herangehensweisen bei der Entwicklung von nationalen Schlagwortnormdateien und Regeln für die Schlagwortkataloge zu tun haben:
- Entwicklung eines eigenständigen nationalen Regelwerks und einer entsprechenden Schlagwortnormdatei (Deutschland, Finnland, Polen),
- Einrichtung einer nationalen Schlagwortnormdatei auf der Basis der LCSH und Übernahme des entsprechenden Regelwerks der Library of Congress.
Die russischen Bibliotheken haben reiche Erfahrung in Theorie und Praxis der Schlagwortvergabe und der Sachkataloge. Die ersten Sachkataloge erschienen in Rußland Ende des 17. Jahrhunderts. Diese Erfahrung kann und soll als Basis für die Entwicklung einer eigenständigen nationalen
Schlagwortnormdatei dienen. Damit ist es möglich:
- nationale Traditionen aufrecht zu erhalten;
- die Entwicklung rasch und effektiv voranzutreiben, ohne Zeit und Arbeit in die Anpassung ausländischer Normdateien stecken.
Das Problem der Entwicklung einer nationalen Schlagwortnormdatei wurde bei zahlreichen
Konferenzen und Seminaren diskutiert; vor allem die Russische Nationalbibliothek hat jährlich
Seminare zum Problem der Entwicklung einer solchen Normdatei veranstaltet, die schon fast zu
einer festen Einrichtung geworden sind. Eine Resolution, die 1998 w~hrend des Seminars in Sankt Petersburg verabschiedet wurde, betont Rolle und Bedeutung der Nationalbibliothek bei der Entwicklung der nationalen Schlagwortkatalogisierung. Man entschied sich dafür, die Schlagwortnormdatei dieser Bibliothek als Basis für eine nationale Normdatei zu verwenden.
Der erste Schlagwortkatalog der Russischen Nationalbibliothek erschien 1894 in der philosophischen Abteilung. Die Geschichte des derzeit benutzten Katalogs geht bis zum Ende der Zwanziger Jahre zurück, in dieselbe Zeit wie der Katalog der Schlagwörter (in Kartenform>. Das ist der Vorläufer der jetzigen Schlagwortnormdatei. Bis Ende der Neunziger Jahre wurde daraus eine einheitlich strukturierte, alle Fachgebiete umfassende Normdatei der in der Nationalbibliothek von Rußland entwickelten und für die gesamten Bestände verwendeten Schlagwörter. Kennzeichnend für diese Normdatei war die Entstehung aus den Bedürfnissen der laufenden Katalogisierung heraus und damit ihre Begründung durch den Literaturanfall in einer bestimmten Bibliothek.
1998 wurde die Schlagwortliste in maschinenlesbare Form konvertiert. Zur Zeit umfaßt sie mehr als eine Million Eintragungen in den folgenden Kategorien: Personen- und Familiennamen1 Namen von Körperschaften, geographische Namen, Werktitel, Sachschlagwörter. Zusätzlich zu den Schlagwörtern enthält die Normdatei siehe- und siehe-auch-Verweisungen (letztere für hierarchische und assoziative Beziehungen zwischen Schlagwörtern), Verwendungshinweise, Anmerkungen, damit verbundene Notationen der BBK (auf der oberen Ebene) und andere Informationen. Die Schlagwortnormdatei wird in der Nationalbibliothek zur Zeit für folgende Publikationsformen genutzt: Monographien, Zeitschriften, Serien und Publikationen, die bibliographische Nachweise und Nachschlagewerke verzeichnen.
Die Schlagwortnormdatei der Nationalbibliothek ist universal, sie umfaßt alle Wissensbereiche und die verschiedensten Disziplinen: die Naturwissenschaften
Das Projekt zur Entwicklung einer nationalen Schlagwortnormdatei ist mit einer Anzahl weiterer
laufender Projekte verbunden. Dazu gehört vor allem ein Projekt zur Erstellung einer
maschinenlesbaren Nationalbibliographie. Dieses Projekt wird in Abstimmung der drei führenden
Universalbibliotheken in Rußland realisiert werden: der Russischen Nationalbibliothek, der
Russischen Staatsbibliothek und der Russischen Buchkammer. Ein anderes erwähnenswertes
Projekt ist die Schaffung einer Konkordanz zwischen zwei Schlagwortsystemen, nämlich der
Schlagwortnormdatei der Russischen Nationalbibliothek und LCSH. Die erfolgreiche
Verwirklichung einer solchen Konkordanz, bzw. der Schaffung von Verbindungen zwischen
Schlagwörtern mit identischer Bedeutung in beiden Systemen hätte folgende Vorteile:
- Bibliotheken könnten im Rahmen des Datenaustauschs auf die eigene Sachkatalogisierung verzichten, was die Arbeitsbelastung reduzieren und die Effektivität steigern würde;
- im Geschäftsgang könnten die Katalogisierer auf andere Datenbanken zurückgreifen, um fehlende Daten zu ergänzen;
- ein sachlicher Zugriff auf mehrsprachige Datenbanken wäre möglich.
Man geht von der Annahme aus1 daß Schlagwörter mit gleicher Bedeutung in den beiden Schlagwortsystemen durch Häufigkeitsanalysen ermittelt werden können, die das gemeinsame Vorkommen von Begriffen bei der Indexierung der Dokumente untersuchen. Dafür ist es notwendig, daß alle Dokumente in einer Datenbank mit Schlagwörtern aus beiden Systemen erschlossen sind. 1995 hat die Russische Nationalbibliothek mit der automatischen Bearbeitung ihrer ausländischen Neuerwerbungen begonnen. Alle diese Nachweise sind mit Schlagwörtern der russischen Schlagwortnormdatei indexiert. 1996 wurde entschieden, in die Datenbank nicht nur diese Schlagwörter, sondern auch die LCSH aus den CIP-Daten zu übernehmen. Diese Datenbank enthält zur Zeit 63.000 Dokumente. Mehr als 3.000 davon enthalten auch LCSH-Daten. Dies erlaubte uns1 einen Pilotversuch durchzuführen, der zeigte, daß eine solche Methode wirklich für die Schaffung von Verbindungen zwischen den Normdateien geeignet ist. Um verläßliche Daten zu bekommen, müssen mehr als 1.5000.000 bibliographische Nachweise analysiert werden. Die Arbeit an diesem Projekt geht zur Zeit weiter.
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