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   64th IFLA General Conference
   August 16 - August 21, 1998

 


Code Number: 088-100-G
Division Number: I.
Professional Group: Library and Research Services for Parliaments
Joint Meeting with: -
Meeting Number: 100.
Simultaneous Interpretation:   No

Forschungs-und Untersuchungsdienste für Nationale Gesetzgebungen: Eine Voruntersuchung

William H. Robinson
Senior Specialist in Public Policy
U.S. Congressional Research Service
Washington DC, USA


Zusammenfassung:

Die Daten, die es zur Zeit über Forschung für die Gesetzgebung und analytische Dienste gibt, sind dürftig und widersprüchlich - größtenteils, weil nicht genau festgelegt ist, was "Forschung" in einem parlamentarischen Umfeld überhaupt bedeutet, aber auch, weil oft zu viele Faktoren bei der Forschung mitwirken.

Dieses Referat ist ein erster Schritt, den Umfang und den Standort von Forschungstätigkeiten in der Gesetzgebung genauer festzustellen. Es basiert auf einer neuen Untersuchung, die umfassender über Forschungseinrichtungen auch außerhalb der Parlamentsbibliothek berichtet, und stellt kurz einige Forschungsdienste vor, um die Vielfalt der Tätigkeiten und Einrichtungen deutlich zu machen.


Paper

I. Einleitung und Wegweiser für das Referat

Information und Analyse sind lebenswichtig für eine aktive und effektive Gesetzgebung. Dem Erwerb von qualitativ hochwertiger, unabhängiger Analyse, die der Legislative erlaubt, eine einzigartige Rolle in der Politik zu spielen, stehen jedoch viele Hindernisse im Weg. Um wirksam arbeiten zu können, schafft sich die Gesetzgebung Einrichtungen im Parlament, die vertrauenswürdige Informationen zur Verfügung stellen und verläßlich analysieren. Das so erworbene Wissen soll einer Gruppe von Laien ermöglichen, durchdachte Entscheidungen in komplexen Angelegenheiten zu treffen. Forschungseinrichtungen gibt es in Form von Parlamentsbibliotheken, Forschungsdiensten, Dokumentationsdiensten, Rechtsabteilungen, Ausschußpersonal oder einer Kombination dieser.

Dank ihrer Stellung als älteste Informationseinrichtungen für die Gesetzgebung und der Anstrengungen unserer Abteilung, sie über die vergangenen drei Jahrzehnte zu erforschen, wissen wir viel über Parlamentsbibliotheken. Es ist uns jedoch weitaus weniger über die Art und Weise bekannt, in der Tiefenforschung und Analyse für die Legislative betrieben werden. Teilweise läßt sich das damit begründen, dass uns eine ausreichend klare Definition der Begriffe "Forschung und Analyse" fehlt, und teilweise damit, daß die jeweiligen Tätigkeiten oft an mehreren Stellen in der Gesetzgebungsstruktur stattfinden.

In dieser Untersuchung versuchen wir herauszufinden, was über Forschung am Parlament bekannt ist. Dabei benutzen wir bestehende Informationquellen und nehmen eine ergänzende Untersuchung vom Frühling 1998 über Forschungsinstitutionen zur Hilfe. Letztere Untersuchung war noch nicht abgeschlossen als dieses Referat entstand; dennoch wissen wir genug, um einige Überlegungen über existierende Forschungs-und Untersuchungsanstalten anstellen zu können.

In den nächsten Kapiteln behandeln wir die folgenden Punkte: die Gründe, warum Information und Analyse für die Gesetzgebung so wichtig sind und was die jeweiligen Dienste dazu beitragen, damit die Gesetzgebung eine aktivere Rolle in der Politik des Landes spielen kann; was wir aus bestehenden Quellen über Forschungs-und Untersuchungsdienste wissen und warum sich dieses Wissen als unzureichend und irreführend herausstellen könnte; wir versuchen zusammenzufassen, was für Einrichtungen existieren und erläutern ihre möglichen Organisations-und Betriebsstrukturen; und um der Diskussion mehr Substanz zu geben, folgen abschließend kurze Beschreibungen von einigen Organisationen, die Forschung und Analyse für die Gesetzgebung betreiben.

II. Die Bedeutung von Information und Analyse für die Gesetzgebung

Eine aktive Gesetzgebung benötigt große Mengen an aktuellen Informationen und Analysen, um wirksam arbeiten zu können. Die Ursache dafür sind drei miteinander verwandte Bedürfnisse:

Bei der Schaffung von Gesetzen, die dem Volk ermöglichen sollen, sich selbst zu regieren, soll die Legislative den Willen des Volkes zum Ausdruck bringen. So reflektiert die Gesetzgebung den gesunden Menschenverstand und den Sittenkodex der Gemeinschaft und dient als dezentralisiertes Gegengewicht zu der von oben kommenden, von Experten betriebenen Politik der Ministerien. Der weltweite Zusammenbruch von Planwirtschaften im vergangenen Jahrzehnt hat die Fehlbarkeit des menschlichen Wissens gezeigt und bewiesen, daß es unmöglich ist, alles von der Mitte aus zu leiten. Das trifft sowohl auf die Politik als auch auf die Wirtschaft zu. Allein die Gesetzgebung hat die moralische Autorität und die politischen Mittel, diese typisch technokratischen Universalvorschriften der Führung herauszufordern und Politik so zu gestalten, daß sie den Bedürfnissen und Wünschen der Bürger entspricht.

III. Hindernisse bei der Forschung für die Gesetzgebung

Bei der Aneignung einer solchen analytischen Eigenschaft sieht sich die Gesetzgebung jedoch Hindernissen gegenüber. Diese Hindernisse sind politischer, wirtschaftlicher, organisatorischer und kultureller Natur. Egal, ob es sich um eine Präsidents- oder eine Parlamentsregierung handelt - die Regierung ist nie darauf erpicht, der Gesetzgebung zu viel analytischen Zündstoff zu geben, denn der könnte eventuell ihren Vorschlägen verheerenden Schaden zufügen. Präsidentssysteme, die den einzelnen Regierungszweigen mehr finanzpolitische Autonomie verleihen, haben in dieser Hinsicht einen Vorteil, denn in den meisten Parlamentssystemen ist die Gesetzgebung immernoch auf die Schatzkammer oder den Finanzminister angewiesen, ihr ausreichende Mittel zur Verfügung zu stellen, um eine glaubwürdige Gruppe von Analytikern einstellen zu können.

In jedem Fall braucht es Resourcen und wettbewerbsfähige Gehälter, um ein Forschungspotential zu schaffen, und nicht alle Nationen können diese Mittel aufbringen. Die Entscheidung, wo die Organisation(en) eingerichtet werden soll(en), ist die nächste Herausforderung. Soll die Organisation aus einer einzigen Einheit bestehen, oder soll sie mehrere Zweige haben? Die Konzentration von Macht ist eine von vielen Dimensionen dieses Themas. Eine weitere Dimension ist die Frage, wie man Gleichgewicht und Objektivität einer Gruppe garantieren soll, die direkt dem einflußreichen Oberhaupt des Parlamentspersonals Bericht erstattet. (Aufsichtsausschüsse sind ein Mittel, das in manchen Ländern funktioniert.)

Zu guter Letzt braucht die Gesetzgebung eine ganz bestimmte Art von Forschung, nämlich angewandte Forschung, die manchmal Politikanalyse genannt wird. Es ist nicht immer einfach, Quellen analytischen Fachwissens zu finden, die alle notwendigen Fertigkeiten vereinigen: schnelle Informationswiedergabe, Objektivität, Konzentration auf Durchführbarkeit, Fähigkeit, in nicht-technischen Begriffen zu kommunizieren, Fähigkeit zur Tiefenforschung, Sachkenntnis, politische Sensibilität und Kenntnis der Arbeitsweise der Gesetzgebung. In der sozialwissenschaftlichen Literatur kommt sehr gut zum Ausdruck, daß der Versuch, Teilzeitakademiker für zeitgebundene Analyse einzustellen, frustrierend sein kann. Diese Tatsache hat so manche Gesetzgebung dazu veranlaßt, ihre eigene Forschungseinrichtung aufzubauen, damit sie die von ihr erzeugten Daten an einer Stelle erfassen kann.

IV. Momentaner Wissensstand über Forschungsdienste am Parlament

Das meiste, was wir über parlamentarische Forschungsdienste wissen, kommt aus einer Untersuchung von Parlamentsbibliotheken aus den Jahren 1995 - 96 (aufgeführt im Weltweiten Verzeichnis von nationalen Parlamentsbibliotheken, bearbeitet von Dr. Ernst Kohl und veröffentlicht vom Deutschen Bundestag im Jahre 1996). Obwohl diese Untersuchung auf Parlamentsbibliotheken ausgerichtet war, gab es erstmals drei Fragen, die speziell auf Forschung für die Gesetzgebung zielten: "die Anzahl von Forschungsmitarbeitern und Sachbearbeitern in der Bibliothek", ob "Analyse und Forschung" betrieben werden oder nicht ("von der Bibliothek" oder "von welcher anderen Abteilung oder Organisation"), und "alle sonstigen Angaben (einschließlich Angaben über andere parlamentarische Dokumentations- und Informationsdienste, die nicht unter die Parlamentsbibliothek fallen)". Trotz dieser Kühnheit zahlte sich der Versuch, das wahre Ausmaß von Forschung und Analyse an Parlamenten ans Tageslicht zu bringen, nicht ganz aus. Die Gründe dafür sind:

  1. Der Fragebogen und der nachfolgende Informationsband waren so auf Parlamentsbibliotheken ausgerichtet, daß es unmöglich gemacht wurde, die Aufmerksamkeit auf andere Institutionen zu lenken.
  2. Es gab keine klare Definition von "Forschung und Analyse".
  3. Weil der Fragebogen nur an Bibliotheken gesandt wurde, scheint es, daß die Antwortenden so sehr an eine traditionell enge Fragestellung gewohnt waren, daß sie nicht abgeschweift und wie erwartet auf die neuen Fragen über Forschung eingegangen sind. Es ist deutlich, daß viele trotz der sorgfältigen Formulierung dachten, daß sich die Fragen nur auf die Bibliothek bezogen.

Anhand des Antwortschemas können wir am ehesten auf diejenigen Angaben im Verzeichnis vertrauen, wo Forschung durch die Bibliothek oder eine ihrer Abteilungen betrieben wird. Dieses trifft nur auf etwa die Hälfte aller brauchbaren Fälle zu (und nur auf ein Viertel der gesamten Fälle im Verzeichnis). Noch dazu können die Angaben über die Mitarbeiteranzahl nur im Zusammenhang mit Parlamentsbibliotheken gesehen werden, da eindeutig nach der Anzahl von "Forschern und Fachspezialisten" in der Bibliothek gefragt wurde. Zu guter Letzt gab es einige zweideutige Antworten, und in sehr vielen Fällen wurde auf Schlüsselfragen überhaupt nicht geantwortet. Zum Beispiel gaben von den Bibliotheken, die Forschung betreiben, nur die Hälfte die Anzahl der Forschungsmitarbeiter an. Außerdem wird die Brauchbarkeit des Fragebogens stark durch die Mehrdeutigkeit der Begriffe "Forschung und Analyse" beeinträchtigt. Einige Kammern antworteten mit "nein" auf die Frage, ob Forschung betrieben wird, und gingen dann dazu über, die Anzahl der Forscher in ihrer Bibliothek anzugeben.

Andere fragwürdige Antworten waren ernsthafterer Natur. Ein paar Beispiele sollen genügen:

Was können wir also an dieser Stelle über unsere Kenntnisse von Forschung für die Gesetzgebung sagen, wenn wir alle Einschränkungen berücksichtigen? Zuerst müssen wir festlegen, wieviele brauchbare Daten uns nach einigen notwendigen Korrekturen überhaupt noch bleiben. Das Verzeichnis enthält 203 gesetzgebende Organe - mit einigen Mehrfacheinträgen fur Länder mit zwei Kammern. Von diesen 203 haben 9 Länder kein Parlament, 21 haben keine Parlamentsbibliothek und 7 haben den Fragebogen nicht bearbeitet. Es bleiben also noch 166 brauchbare Antworten. Wie dem auch sei, weitere 53 Länder haben wahrscheinlich überhaupt keine Forschungsdienste (37 beantworteten die Frage zur Forschung mit "nein" und finden wahrscheinlich eine Forschungseinrichtung aufgrund ihrer Größe oder politischen Kultur nicht unbedingt notwendig; 16 weitere Kammern beantworteten die Frage überhaupt nicht, unterhalten aber wahrscheinlich aufgrund ihrer Größe und/oder Geschichte auch keine Forschungseinrichtung). 17 Kammern haben möglicherweise Forschungsdienste, konnten aber nur mit Hilfe der Anhaltspunkte aus dem Verzeichnis nicht genau ausgemacht werden (8 Länder gaben zwar an, daß sie keine Forschung betreiben, aber ihre Größe und politische Kultur machen es sehr wahrscheinlich, daß sie ein Forschungsorgan haben; 9 andere Länder beantworteten die Frage gar nicht, aber wiederum machen es ihre Größe und politische Kultur durchaus möglich, daß dort ein Forschungsorgan vorhanden ist - einige von letzteren sind sogar dafür bekannt, eine Forschungseinrichtung zu haben). Es bleiben uns die 98, die "ja" zur Forschung sagten, und über die wir mit gewisser Sicherheit sprechen konnen - zumindest, solange wir die Daten nicht überbewerten.

Was den Forschungsstandort betrifft, so sind die Ergebnisse fast gleichmäßig auf die Bibliothek (50 Antwortende) und andere Organisationen in der Gesetzgebung (48 Kammern) verteilt. Bei diesem Verhältnis machen sich keine bedeutenden Unterschiede im Bezug auf die Gegend bemerkbar - Europa, Lateinamerika sowie Asien und der Pazifik sind auf beiden Seiten in gleicher Stärke vertreten. (Lediglich Afrika zeigte eine klare Vorliebe (2:1) für Forschung innerhalb der Bibliothek gegenüber separaten Forschungsinstitutionen).

Von allen brauchbaren Angaben, wo Forschung außerhalb der Bibliothek betrieben wird, hatten etwa die Hälfte (24) eine separate Forschungseinheit. In der Bilanz sind die Forschungsaktivitäten verteilt auf Rechtsabteilungen (5), Dokumentationsdienste (4) und eine dritte Kategorie bestehend aus ständigem Ausschußpersonal, Archiven, anderem Parlamentspersonal, dem Sekretariat oder mehreren verschiedenen Quellen.

Was den Umfang betrifft, so findet Forschung für die Gesetzgebung meist in relativ kleinem organisatorischen Rahmen statt, zumindest wenn sie dem Muster der Parlamentsbibliotheken folgt. Parlamentsbibliotheken hatten im Jahre 1995 in großen Teilen der Welt eine durchschnittliche Mitarbeiteranzahl von 4 - 5. Das schließt Zentral-und Osteuropa, Asien und den Pazifik, den Nahen Osten und Afrika ein. Der Durchschnitt für Lateinamerika und die Karibik liegt bei 10, und für Westeuropa bei 15. Da Forschungsgruppen im allgemeinen noch nicht so lange bestehen und Nachfolger der seit längerer Zeit existierenden Parlamentsbibliotheken sind, sind sie meist kleiner - wenn sie nicht sowieso schon ein kleinerer Bestandteil der Bibliothek sind.

Diese Annahme finden wir bestätigt, wenn wir uns die Angaben zum Umfang der Forschungstätigkeiten ansehen. 34 der Kammern, die Forschung betreiben, tun dieses in der Bibliothek und gaben ebenfalls die Anzahl der Forschungsmitarbeiter an. Zwei Drittel von diesen beschäftigen fünf oder weniger Mitarbeiter in der Forschung. Von den Bibliotheken, die "ja" zur Forschung sagten, aber die Anzahl der Mitarbeiter nicht angaben, hatten 76% eine Gesamtanzahl von zehn oder weniger Mitarbeitern in der Bibliothek - die Wahrscheinlichkeit ist also groß, daß dort nicht mehr als 5 Mitarbeiter in der Forschung beschäftigt sind. Bei den etwas größeren Organisationen (6 - 10 Mitarbeiter in beiden Gruppen) begegnen wir 8 weiteren Forschungsinstitutionen. Das bedeutet, dass 37 der 50 Forschungseinheiten mit Sitz in der Bibliothek höchstens 10 Mitarbeiter haben. Einige wenige sehr große Einrichtungen verzerren den Durchschnitt, nämlich 4 Organisationen mit 31 - 40 Forschungsmitarbeitern (Chinesisch-Taiwan, Ägypten, Italien und das Unterhaus des Vereinigten Königreichs) und eine weitere Gruppe mit 50 - 100 Mitarbeitern (Australien, Kanada und Indien). Der Congressional Research Service der USA ist mit 444 Forschungsexperten der größte. Eine weiterführende Untersuchung, die der Autor gerade durchführt, wird eventuell noch mehr große Forschungsgruppen aufdecken.

Beruhend auf vorhergehender Forschung, die ich auf diesem Gebiet betrieben habe, vermute ich, daß die größeren Forschungsgruppen im groben die folgenden sind (wobei ich Raum für unvermeidliche Überraschungen lasse): Das CRS mit 444 Forschern (alle Zahlen sind für 1995/96); dann das Legislative Advisory Department der brasilianischen Abgeordnetenkammer mit 188; Rußland (mit über 150 Forschungsmitarbeitern, die für beide Kammern tätig sind); das japanische Research and Legislative Reference Bureau (152); das Reference and Research Services Directorate General des deutschen Bundestags (123.5 Forschungsmitarbeiter); Polen (mit 108 von den zwei Kammern geteilten Forschern); Indien (93); der Forschungsdienst der italienischen Abgeordnetenkammer (70); Kanada (80); Australien (43); die ägyptische Volksversammlung (36); Argentinien (36); und das britische Unterhaus (34). Die Zahlen könnten sich hier und da ändern, aber die Reihenfolge würde sehr wahrscheinlich ähnlich bleiben.

V. Einige erste Ergebnisse im Hinblick auf Forschungsdienste weltweit

Ein zusätzlicher Fragebogen, der sich mit ein paar der im Weltverzeichnis aufgedeckten Probleme befaßt, wurde an einige Generalsekretäre gesandt; und während wir zwar noch auf die Ergebnisse aus diesem Fragebogen warten müssen, um genauere Angaben zu haben, lassen sich dennoch schon einige interessante Tendenzen feststellen.

Parlamentarische Forschungsdienste treten in vielen verschiedenen Formen auf. Während sich Parlamentsbibliotheken mittlerweile in Bezug auf angebotene Dienste, organisatorische Strukturen und Betriebsmethoden an klare Muster halten, so sind jüngere Forschungsaktivitäten eklektischer. Ihre organisatorischen Rahmenbedingungen variieren stark, und sie bieten viele verschiedene Dienste an. Um der Diskussion etwas mehr Zusammenhalt zu geben, schlage ich eine Typisierung vor, die auf dem Grad der Integration der einzelnen Dienste aufgebaut ist. Am einen Ende des Spektrums befinden sich die integrierten Dienste - hier finden Forschung und Informationsbeschaffung in derselben Agentur (häufig der Bibliothek) statt, und die beiden Dienste sind gut aufeinander abgestimmt. Dann gibt es die verbundenen Dienste, wo die Bibliothek und die Forschungseinheit einer größeren Organisation angehören und Forschung und Informationsbeschaffung nur lose zusammenhängen. Die separaten Dienste bilden den nächsten Punkt im Spektrum - hier müssen zwei getrennte Organisationen Übereinstimmung erreichen, um Forschungstätigkeiten und Informationsbeschaffung zu vereinigen. Das Modell der verstreuten Dienste befindet sich beinahe am anderen Ende des Spektrums. Bei diesem Modell werden schon allein die Forschungsaktivitäten von mehreren Organisationen ausgeübt oder werden von unterschiedlichen Disziplinen angeboten. Der letzte Punkt im Spektrum ist die Abwesenheit von Forschungsdiensten. In diesem Fall ist jeder Abgeordnete selbst darauf angewiesen, sich die notwendigen Informationen zu beschaffen. Jedes Modell hat seine Vor-und Nachteile; und an dieser Stelle der Analyse soll kein Versuch gemacht werden, ein System besser als das andere zu beurteilen (zumindest nicht ausdrücklich).

Integrierte Modelle.
- Zur Zeit sind mehrere integrierte Systeme in Kraft. In den meisten Fällen konzentriert sich ihre gesamte Organisation darauf, der Gesetzgebung Informationen zur Verfügung zu stellen. Forschung und Informationsbeschaffung arbeiten eng zusammen, und der Rahmen ist meist der einer Parlamentsbibliothek. Beispiele für integrierte Modelle sind der Congressional Research Service der USA, die Bibliothek des Unterhauses im Vereinigten Königreich, der japanische Research and Legislative Reference Service (RLRS), das Information Analysis Department in Littauen, das neue Research and Analyses Department und die Bibliothek in Mazedonien (entstanden im Mai 1997), und die Parlamentsbibliotheken in Australien und Kanada. Das CRS ist sogar noch weiter als Informationsquelle integriert, weil ihre Mutterorganisation, die Kongreßbibliothek, in den USA ebenfalls als nationale Bibliothek dient. Alle erwähnten Organisationen dienen beiden Häusern in Zweikammerlegislativen (mit der Ausnahme der Unterhausbibliothek des Vereineinigten Königreichs) oder der gesamten Gesetzgebung im Fall der Einkammersysteme in Littauen und Mazedonien.

Verbundene Modelle.
- Bei verbundenen Modellen finden Forschung und Bibliotheksarbeit in derselben Organisation statt, die aber einem breiteren Zweck dient. In diesem Sinne hängen Forschungsarbeit und Informationsbeschaffung zwar zusammen oder treffen gemeinsame Vereinbarungen, aber sie arbeiten nicht so eng zusammen wie im ersten Beispiel. Der Unterschied liegt hier eher im Ausmaß der Zusammenarbeit als in ihrer Art und in der Tatsache, daß die Organisation noch andere Aufgaben hat, die es zu integrieren und bewältigen gilt. Beispiele für verbundene Modelle sind unter anderem: das Reference and Research Services Directorate des deutschen Bundestags (wo die Bibliothek und 11 separate Forschungsabteilungen - und 35 andere Abteilungen - in vier Direktoraten organisiert sind); das rumänische Department for Parliamentary Information für die Abgeordnetenkammer (das die Bibliothek, das Forschungs- und Untersuchungszentrum und die Archive einschließt); der Documentation and Information Service der spanischen Abgeordnetenkammer (mit fünf getrennten Abteilungen einschließlich der Bibliothek und der Division on Legislation and Parliamentary Information); das 1997 enstandene slovakische Parliamentary Institute (mit vier getrennten Abteilungen für analytische und pädagogische Angelegenheiten, Parlamentsbibliothek, Informations- und Kommunikationstechnologie und Parlamentsarchiven); das Directorate of Studies and Documentation des spanischen Senats (mit 8 Abteilungen einschließlich der Bibliothek und der Untersuchungsabteilung); das kürzlich neuorganisierte "knowledge management bloc" des schwedischen Parlaments (mit Bibliothek, Forschungsdienst und EU-Informationsdienst); und, ab Januar 1999, das neue norwegische Information and Documentation Department (mit der Storting Bibliothek und der neuen Forschungsabteilung).

Separate Forschungs-und Bibliotheksorganisationen (nicht durch eine Überorganisation verbunden)
- Diese Art der Struktur ist noch mehr von Unabhängigkeit geprägt und stellt daher eine noch größere Herausforderung für die Koordination dar. Einige der größten Forschungsorganisationen sind völlig unabhängig von Parlamentsbibliotheken. Beispiele hierfür sind Polen (wo es eine große, von beiden Kammern benutzte Bibliothek mit 72 Mitarbeitern gibt, wo aber zusätzlich fast 70 Forschungsmitarbeiter ganztags fur die Sejm und 40 Mitarbeiter ganztags fur den Senat eingestellt sind); Rußland (mit einer geteilten, 54 Mitarbeiter starken Bibliothek und einem Forschungspersonal von 100 Mitarbeitern für den Bundesrat und über 50 Mitarbeitern fur die Duma); Italien (wo es getrennte Bibliotheken und Forschungsdienste für die beiden Kammern gibt); und die kürzlich entstandene Forschungsabteilung in Slovenien (eröffnet am 1 April 1998), die unabhängig von der Bibliothek ist (die wiederum selbst Teil einer unabhängigen Dokumentationsabteilung ist).

Verstreute Modelle.
- Verstreute Modelle treten in verschiedenen Formen auf. Sie stellen Analyse durch verschiedene mehrspartige Forschungsorganisationen (unabhängig von der Bibliothek) zur Verfügung und/oder bieten Hilfe bei der Forschung durch separate Organisationen an, die sich auf eine bestimmte Sparte spezialisiert haben (wie z.B. Recht oder Wirtschaft). In der französischen Nationalversammlung gibt es zum Beispiel keine einzelne Quelle für Forschung und Analyse für die Gesetzgebung, sondern es sind mehrere Dienste an der Forschungsarbeit beteiligt. Diese sind unter anderem der Standing Committee Service, die Secretariats of the Delegation for the European Union und andere parlamentarische Delegationen und Büros, die sich spezialisiert haben; die Bibliothek; der Studies and Documentation Service; und der Records Service. Auf ähnliche Weise bieten die zweite Kammer der Niederlande, der belgische Senat und der deutsche Bundestag Forschungsdienste nicht unmittelbar an. In den Niederlanden wird Forschung im Zusammenhang mit der Arbeit der 12 ständigen Ausschüsse betrieben - bei Bedarf unterstützt von zusätzlichen, externen Spezialisten. Im belgischen Senat haben parlamentarische Gruppen ihre eigenen Forschungseinrichtungen, unterstützt von einer kleinen Forschungseinheit für parlamentarisches Recht und den Mitarbeitern der Kommissionsabteilung - letztere betreiben ebenfalls manchmal Forschung für die Kommissionen. Im deutschen Bundestag sind alle Abgeordneten Mitglieder einer Landesregierung. In dieser Eigenschaft erhalten sie die Unterstützung, die ihnen ihre jeweiligen Ministerien zur Verfügung stellen. Dazu gehören Forschung und der Zugang zu anderen Informationen. Einige Beispiele für funktionelle Spezialisierung sind besonders interessant. In der Ukraine hat die Supreme Rada eine unabhängige Bibliotheksabteilung, zwei verschiedene Rechtsgruppen und eine Forschungsabteilung, die sich auf Wirtschaftsanalyse spezialisiert. In Estland gibt es eine unabhängige Rechtsabteilung mit 7 Anwälten und eine Informationsabteilung für Wirtschaft und Soziales mit 8 Angestellten (2 Ph.D Soziologen, 2 Wirtschaftswissenschaftler und andere Experten).

Typisierungen sollen umfangreiche Daten zusammenfassen und vereinfachen. In diesem Fall könnte der Versuch zu unterscheiden die Tatsache verschleiern, daß einige allgemeine Aspekte die Organisationsarten für die Gesetzgebung bestimmen. Fast jede Gesetzgebung ist stärker aufgespalten als es Begriffe wie "integriert" und "verbunden" vermuten lassen. Dieses ist auch angemessen, weil wir wollen, daß unsere Gesetzgebung porös und leicht zugänglich ist. Werte wie Effizienz sind weit weniger wichtig für eine Gesetzgebung als darstellerische Werte.


Translated by Mareike Czybulka, London