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63rd IFLA General Conference - Conference Programme and Proceedings - August 31- September 5, 1997

Überblick über die nordamerikanischen Aktivitäten im Bereich ILL-Protokoll

Mary E. Jackson
Association of Research Libraries,
Washington, DC, USA
Copyright 1997, Mary E. Jackson


PAPER

Einführung

Das ISO ILL-Protokoll entwickelte sich aus den Anstrengungen der National Library of Canada, die auf nationaler Ebene die Fernleihe (ILL) unterstützen wollte. Jeder Überblick über Fernleihaktivitäten in bezug auf das ILL-Protokoll in Nordamerika muß demnach in Kanada beginnen. Dieser Beitrag liefert ebenfalls Hintergrundinformationen über aktuelle Fernleihaktivitäten in Kanada, ehemalige und aktuelle Fernleihunternehmungen in den Vereinigten Staaten (USA) und faßt aktuelle Anstrengungen des Projektes North American Interlibrary Loan and Document Delivery (NAILDD) zusammen, die sich auf das Protokoll beziehen.(1)

Die Entwicklung der automatischen Übermittlung von Fernleihen in Nordamerika

Um besser zu verstehen, warum das ILL-Protokoll in Kanada entwickelt wurde, ist es notwendig, das kanadische Fernleihsystem zu kennen. Zu Beginn der 80er Jahre ermittelte die National Library of Canada (NLC) die Entwicklung einer automatisierten Methode zur Übermittlung von Fernleihanfragen als entscheidende Komponente für eine nationalweite Unterstützung der Fernleihe. Die Einführung des elektronischen Mail-Service Envoy 100 durch Bell Canada zu Anfang der 80er Jahre erlaubte es, die Vision in die Realität umzusetzen. Die frühesten Anstrengungen der NLC resultierten in der Entwicklung von Email-"Skripts", um Fernleihanfragen zu erzeugen und diese an die National Library of Canada zu übermitteln. Diese frühe Entwicklungsarbeit resultierte schließlich im kanadischen nationalen Standard für Fernleihmitteilungen, der im folgenden auf die internationale Ebene ausgebaut und 1991 von der International Organization for Standardization (ISO) als ILL-Protocol angenommen wurde (ISO 10160 and 10161) (2)

Ebenfalls In der Mitte der 80er Jahre entwickelte das Canada Institute for Scientific and Technical Information (CISTI) ein ähnliches Skript, das zwar nicht auf dem kanadischen Nationalstandard beruhte, aber trotzdem in kanadischen Bibliotheken oft angewendet wurde. UTLAS, zur damaligen Zeit ein kanadisches Verbundsystem, bot auch ein eigenes System für die Fernleihübermittlung an. Es gab also, auch in einem Gebiet, das Standardisierung förderte, viele Systeme, die nicht miteinander verbunden waren.

1979 startete OCLC ihr Fernleihsystem für US-amerikanische Bibliotheken. Dieses Fernleihübertragungssystem ersetzte sehr schnell den Postweg als bevorzugte Methode zur Übermittlung von Fernleihanfragen. Anfang der 80er Jahre führten ebenfalls RLIN, WLN und DOCLINE automatisierte, umfassende Fernleihübertragungssysteme ein. Jedes war ein proprietäres System, so daß in einigen Bibliotheken verschiedene Fernleihübertragungssysteme eingesetzt wurden. Es war damals so, und dies ist auch noch heute der Fall, daß es nicht möglich war, eine unerfüllte Fernleihanfrage elektronisch von einem System in ein anderes zu übertragen. Die Fernleihsysteme in den Vereinigten Staaten waren ebenfalls vor der formalen Annahme des ISO ILL-Protokolls entwickelt worden, und es gab nur wenig Anreize für die Anbieter, ihre Fernleihsysteme so weiterzuentwickeln, daß sie konform zum Protokoll wurden.

Die aktuelle Lage auf dem Gebiet der Fernleihe in Nordamerika

In den Vereinigten Staaten ist OCLC weiterhin das am häufigsten benutzte Fernleihübermittlungssystem, jährlich werden annähernd 8 Millionen Fernleihanfragen übermittelt. RLIN, WLN, and DOCLINE werden weiterhin von Bibliotheken der Research Libraries Group, in der Region Pacific Northwest beziehungsweise medizinischen Bibliotheken angewendet.

In den 90er Jahren produzierten viele Bibliothekssysteme von öffentlichen und/oder spartenübergreifenden Bibliotheken Verbundkataloge auf CD-ROM mit einer Reihe von Fernleihmöglichkeiten. Die einfachsten Systeme erlaubten den Bibliotheken in den Verbundkatalogen nach Standorten zu recherchieren, und dann mußte mit dem manuellen Prozeß des Schreibens und Versendens des Fernleihformulars fortgefahren werden. Ausgefeiltere Systeme gestatteten den Druck von Fernleihformularen, die dann per Post oder Fax geschickt werden konnten. Die am weitesten entwickelten Systeme erlaubten die Übertragung der Anfragen per Email, ohne allerdings die Möglichkeit, den Fortgang der Bestellung online zu verfolgen.

Innovative Interfaces, Inc. und AutoGraphics waren unter den ersten Anbietern von Online-Publikumskatalogen (OPACs), die Bibliotheken, die mit diesen Systemen arbeiteten, Online-Möglichkeiten - wenn auch nur proprietäre - im Bereich Fernleihe anboten.

Benutzerinitiierte Fernleihsysteme wie z.B. OhioLINK or Illinet Online erlauben den Endnutzern, in Katalogen zu recherchieren und Anfragen abzusetzen für Werke, die in anderen Bibliotheken vorhanden sind. Die Werke werden dann an die lokale Bibliothek des Nutzers geschickt. Manche betrachten diese Möglichkeit eher als eine Form der Ausleihe als der Fernleihe, aber es ist auf jeden Fall ein innovatives Beispiel für zukünftige Möglichkeiten und die Entwicklung der Fernleihe.

Kommerzielle Dokumentenlieferdienste einschließlich UnCover und UMI fördern Bestellungen entweder durch ein spezielles Bestellsystem (UnCover) oder als Teil eines Verbundsystems (die Zugänglichkeit von UMI über OCLCs FirstSearch). Diese Systeme erlauben Endnutzern oder Bibliotheken, Kopien von Aufsätzen direkt bei kommerziellen Dokumentenlieferdiensten zu bestellen.
Obwohl in Kanada manche Bibliotheken OCLC, RLIN oder DOCLINE anwenden, senden die meisten ihre Fernleihanfragen weiterhin per Email direkt an die besitzende Bibliothek. Jährlich werden durch kanadische Bibliotheken über zwei Millionen Anfragen erzeugt. Von der National Library of Canada und ISM werden Datenbanken unterhalten, die Besitznachweise liefern. Das System AMICUS der National Library of Canada enthält auch die Möglichkeit einer protokollkonformen Online-Bestellung von Fernleihen, allerdings erlaubt es nur, die Anfragen entweder an die Nationalbibliothek oder CISTI zu senden, andere Bibliotheken sind nicht erreichbar. Wenn eine mögliche Lieferbibliothek ermittelt wurde, benutzt das Personal in der Fernleihe protokollkonforme Software wie z.B. AVISO oder InterLend, um Anfragen an die besitzende Bibliothek zu schicken, setzt AVISO, InterLend oder AMICUS ein, um Anfragen an die NLC zu übermitteln oder benutzt AMICUS oder die CISTI-Emulation des ILL-Protokolls, um Anfragen an CISTI zu versenden.

Das Canada Institute of Scientific and Technical Information (CISTI) akzeptiert Fernleihanfragen über das Internet oder Envoy, indem ein vorgefertigtes EDIFACT-codiertes Formular benutzt wird. Diese Formulare emulieren zur Zeit das Anfrageformat des ILL-Protokolls, allerdings arbeitet CISTI an einer vollen Implementierung des Protokolls.

Das gewachsene Interesse an einer Fernleihe innerhalb der Region und der Provinz führte zur Entwicklung einer Reihe verschiedener Online-Verbundkataloge und neuer Möglichkeiten der Fernleihübertragung. Der Council of Prairie and Pacific University Libraries und INFO: The Information Network for Ontario sind zwei Beispiele für regional orientierte Fernleihsysteme, die auf einer protokollkonformen Software beruhen.

Ein umfassender Überblick über aktuelle Fernleihaktivitäten findet sich auf der Homepage der National Library of Canada: .

Das NAILDD-Projekt

Das 1993 durch die Association of Research Libraries (ARL) ins Leben gerufene NAILDD-Projekt versucht, die Entwicklung und den Einsatz von Standards, Software und Möglichkeiten des Systemdesigns zu erleichtern, um Fernleihe und Dokumentenlieferung für den Nutzer zu verbessern und um diese Dienste für Bibliotheken aller Arten und Größenordnungen kostengünstiger zu gestalten. Die Philosophie des Projekts ist darauf ausgerichtet, nach praktischen und innovativen technischen Lösungen zu suchen und damit anzufangen, unmittelbare Dienste in einer vernetzten Welt einzuführen. Die Strategie zielt darauf, Aktivitäten bei kommerziellen Entwicklern anzustoßen, die auf die kurzfristigen, vordringlichen Bedürfnisse reagieren, die durch das Projekt ermittelt wurden.

Die Developers/Implementors Group (DIG) [Entwickler/Anwendergruppe] wurde im Juni 1993 gegründet, um die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen zu erleichtern, die sich auf die drei technischen Kernbereiche des NAILLD-Projektes konzentrieren: Verwaltungssoftware, Abrechnungs- und Finanzierungsmodalitäten und Standards. Die DIG ist das Gremium, durch das das Projekt die notwendigen technischen Entwicklungen an die Produzenten und Systemanbieter im Bereich Fernleihe/Dokumentenlieferung weitergibt. Fast 60 Organisationen sind zur Zeit in der DIG vertreten.

Für jeden Kernbereich sind Arbeitsgruppen eingesetzt worden. Die Arbeitsgruppe im Bereich Standard hat die Aufgabe, die Anbieter zu ermutigen, in dem Sinne zusammenzuarbeiten, daß nicht proprietäre Methoden der Übertragung von Anfragen, des Verfolgens des Fortganges der Bearbeitung und der Übermittlung von Dokumenten eingesetzt werden. Interkonnektivität zwischen allen Systemen im Fernleih-/Dokumentenlieferprozeß ist eine entscheidende Komponente des NAILLD-Projektes. Trotzdem war die Implementierung des ISO ILL-Protokolls bei den Anbietern, speziell in den USA, langsamer als zunächst erwartet. Das Dokumentenlieferprojekt des Triangle Research Libraries Network (TRLN) war bis Mitte 1995 die einzige Anwendung des ISO ILL-Protokolls in den Vereinigten Staaten.

Die ILL Protocol Implementors Group

Aufgrund der Diskussionen auf dem DIG-Treffen im Juni 1995 wurde die ILL Protocol Implementors Group (IPIG) Ende 1995 gegründet, um Wege aufzuzeigen, wie das ISO ILL-Protokoll in einem größeren Umfang in den Vereinigten Staaten implementiert werden könnte. Zwölf Organisationen und Bibliotheken wurden zu einem informellen Treffen im November 1995 eingeladen, um die Möglichkeiten der Implementierung des Protokolls in den USA zu diskutieren. Das Bestreben OCLCs, das Protokoll zu implementieren, das auf dem Treffen offenbar wurde, war entscheidend, diese Idee vorwärts zu bringen, da OCLC das größte Fernleihübertragungssystem verwaltet. Im Dezember 1995 wurde eine formale Aufforderung zur Beteiligung herausgegeben und über 15 Anbieter und Organisationen reagierten.

Zu Beginn des Jahres 1996 und mit der Unterstützung und technischer Hilfestellung durch die National Library of Canada (NLC) ermittelte die IPIG spezifische Wege, auf denen Anbieter und Organisationen in den Vereinigten Staaten ihre Dienste verbessern können, indem sie das ILL-Protokoll anwenden. Auf dem ersten offiziellen IPIG-Treffen im Februar 1996 wurde eine Zweiphasenstrategie zur Implementierung erarbeitet. Die erste Phase konzentriert sich auf die Implementierung eines Teils des Protokolls, das es erlaubt, eine BER-codierte Fernleihanfrage von einem System zu einem anderen weiterzugeben, indem entweder eine verbindungsorientierte oder eine store-and-forward Kommunikation benutzt wird. Phase Zwei, als längerfristiges Ziel, strebt nach der Implementierung der vollen Funktionalität des Protokolls.

Im Frühjahr 1996 richtete OCLC als erstes Mitglied der IPIG eine Probeinstallation ein, um die Übertragung von Mitteilungen zu testen. Ebenfalls im Frühjahr begann The Library Corporation (TLC) mit der Entwicklung eines neuen Fernleihsystems, das alle Funktionen des Protokolls enthält.

Die IPIG konzentrierte sich ursprünglich auf Anbieter in den Vereinigten Staaten, weil es entscheidend war, Druck auf die Gruppe der privaten Anbieter auszuüben, die Fernleihsysteme in den Vereinigten Staaten, aber auch international, auf den Markt bringen. Allerdings äußerten in diesem Frühjahr verschiedene Organisationen in Australien und Europa ihr ausgesprochenes Interesse an einer Teilnahme am NAILLD-Projekt, und insbesondere an der IPIG, zum größten Teil begründet mit den internationalen Dimensionen von Fernleihe und Dokumentenlieferung. Das NAILLD-Projekt wurde ermutigt, die IPIG auszudehnen und alle Anbieter und Projekte einzuschließen, die das ILL-Protokoll implementieren, unabhängig von ihrem Standort. Das NAILLD-Projekt reagierte auf diese Anfragen, indem die Einladung zur Mitarbeit in der IPIG ausgedehnt wurde auf alle, die aktiv an der Implementierung des Protokolls arbeiten. Mitte 1997 besteht die IPIG aus über 30 kommerziellen und nicht-kommerziellen Organisationen und Projekten in den Vereinigten Staaten, Kanada, Australien, Großbritannien, Singapur, Italien, Indien und Schweden.

Die IPIG veranstaltete 1996 zwei Treffen und hat für 1997 vierteljährliche Treffen angesetzt. Die IPIG unterstützt die Arbeit zwischen den Treffen durch die aktive Diskussion auf einer Diskussionsliste, die durch TRLN unterhalten wird. Die IPIG hat damit begonnen, Wege zu erkunden, um die Mitarbeit von IPIG-Mitgliedern außerhalb Nordamerikas zu erleichtern, indem die Durchführbarkeit von Treffen außerhalb Nordamerikas überprüft wird.

IPIGs augenblicklicher Zustand und Themen

Dieser Beitrag konzentriert sich allein auf die nordamerikanischen Implementierungen des ISO ILL-Protokolls. Augenblickliche Anwender des Protokolls sind z.B. National Library of Canada, University of Quebec, TKM (InterLend) und ISM (AVISO). Mitte Mai 1997 testen die folgenden IPIG-Mitglieder aktiv das Protokoll: OCLC, The Library Corporation, Innovative Interfaces, Inc., DRA, Triangle Research Libraries Network, Canada Institute for Scientific and Technical Information und Ameritech.

The Library Corporation ist das führende IPIG-Mitglied in bezug auf eine komplette Implementierung. TLC hat alle Protokollteile in BER, EDIFACT und MIME in beiden Möglichkeiten codiert, sowohl verbindungsorientiert als auch store-and-forward. TLC hat ebenfalls das Protokoll state machine implementiert und beschäftigt sich nun, Mitte Mai, mit der Entwicklung der Anwendung. TLC und CISTI haben sich zusammengefunden, um einen Übersetzer zu entwickeln, der es erlaubt, BER- und EDIFACT-codierte Mitteilungen auszutauschen und damit eine der Hindernisse bei der nordamerikanischen Fernleihe auszuschalten. OCLC akzeptiert zwei Protokollbestandteile (ILL-Request und Status-or-Error) und implementiert in zwei Projekten die noch ausstehenden Teile. Mitte Mai gelang Ameritech als im Augenblick letztem IPIG-Mitglied der erfolgreiche Test von Sende- und Empfangsmitteilungen.

Ebenfalls mit Stand Mai berichten u.a. folgende nordamerikanische Hersteller, daß sie sich vorbereiten, das Protokoll zu implementieren, viele davon bis Ende 1997: AutoGraphics, CARL Corp., CPS Systems, EBSCO/Document Services, EOSInternational, Gaylord, GEAC, Network Support, Inc., National Library of Medicine, Research Libraries Group (RLG), SIRSI, Silver Platter, VTLS und WLN. Dabei können sich die Implementierungen unterscheiden: RLG wird das Protokoll vorerst benutzen für Ariel, die Software zur Dokumentenlieferung, mit dem längerfristigen Ziel, das Protokoll im RLIN Fernleihsystem zu implementieren.

Themen und Herausforderungen

In den Diskussionen und den frühen Tests tauchten eine Reihe von Themen auf, die durch die IPIG aufgegriffen wurden. Das erste Problem ist die Übertragungssyntax oder die Codierungsschemata. Das obligatorische Codierungsschema des Protokolls sind die Basic Encoding Rules (BER). Vorhandene kanadische Implementierungen haben EDIFACT angewendet, das in einem Anhang dem Protokoll hinzugefügt ist. Die IPIG-Mitglieder haben beschlossen, das obligatorische Codierungsschema (BER) zu benutzen. Der von CISTI und The Library Corporation entwickelte Übersetzer wird es kanadischen und US-amerikanischen Implementierungen erlauben, sowohl BER- als auch EDIFACT-codierte Fernleihmitteilungen auszutauschen.

Ein zweites Thema, das sich aus frühen Diskussionen ergab, ist die Version. Bereits existierende kanadische Implementierungen benutzen Version 1, während die IPIG die aktuelle Version 2 anwendet. Es gibt zwar nur minimale Differenzen zwischen den beiden Versionen, aber für eine erfolgreiche Interoperabilität müssen beide Versionen berücksichtigt werden.

Die IPIG kümmert sich auch um die Komplexität und Schwierigkeit der Implementierung, insbesondere für Anbieter, die im eigenen Haus keine oder nur geringe Erfahrungen bei der Implementierung von ISO-Standards haben. Ein letztes Thema hängt mit der Frage zusammen, in welchem Maße das ILL-Protokoll benutzerinitiiertes Anfragen unterstützt, eine Möglichkeit, die im Augenblick viele US-amerikanische Hersteller von Lokalsystemen entwickeln.

Die IPIG entwickelt ein Profil, das die Wahlmöglichkeiten dokumentiert, die durch die IPIG-Mitglieder gemacht und akzeptiert worden sind. Die Wünschbarkeit des Arbeitens an einem Verzeichnisdienst, um das Protokoll zu unterstützen und um Informationen über die Leihpolitik von Bibliotheken zu liefern, ist ein weiterer Schwerpunkt der IPIG. Schließlich erkundet die IPIG Möglichkeiten zum Testen der Interoperabilität und Konformität.

Zukünftige Möglichkeiten, die durch das Protokoll unterstützt werden

Die aktuelle Akzeptanz und gewachsene Beachtung und Begeisterung über das ISO ILL-Protokoll durch viele nordamerikanische Anbieter bestätigt ihr Bemühen, bestehende Hindernisse bei der nordamerikanischen, und damit auch internationalen, Fernleihe und Dokumentenlieferung zu beseitigen. Bibliotheken in den Vereinigten Staaten und Kanada bemühen sich in wachsendem Maße, Bibliotheken auf der ganzen Welt zur Erfüllung der Fernleihanfragen zu finden. Der Gebrauch des Internet, um in spezifischen Bibliothekskatalogen, regionalen oder nationalen Verbundkatalogen zu recherchieren, hat die Kenntnis über Bibliotheken verbessert, die in der Lage sind, Fernleihanfragen zu erfüllen. Dieser zunehmende Zugang zu Bestandsnachweisen wird nicht im gleichen Maße unterstützt durch standard-basierte Möglichkeiten der elektronischen Übermittlung von Fernleihanfragen. Obwohl bis zu einem gewissen Grade Email eingesetzt wird, versenden weiterhin viele nordamerikanische Bibliotheken Fernleihanfragen auf Papierformularen an internationale Lieferanten. Verzögerungen beim Postverkehr tragen zum Widerwillen einiger nordamerikanischer Bibliotheken bei, Material außerhalb Nordamerikas anzufragen oder auch zu liefern. Eine weitverbreitete Implementierung des ISO ILL-Protokolls kann und wird diese Verzögerungen minimieren oder eliminieren und damit die Befürchtungen derer, die sich einer Teilnahme am internationalen Fernleihverkehr widersetzen.

Die Association of Research Libraries hat das Global Resources Program gegründet, um das Problem eines Rückgangs der gemeinsamen Fähigkeit der nordamerikanischen Forschungsbibliotheken anzugehen, in Zeiten knapper werdender Etats einen weiten Bereich ausländischen Materials zu erwerben und den Zugriff sicher zu stellen. Als Teil des Latin Americanist Project hat OCLC zugesichert, eine standard-basierte Verbindung zu schaffen von der Datenbank mit Inhaltsverzeichnissen, die aufliegt bei der University of Texas in Austin, Latin Americanist Network Information Center (UT-LANIC). Dies ist das erste Beispiel wie die Einbindung des ILL-Protokolls den Bestellvorgang für Benutzer von US-amerikanischen und kanadischen Bibliotheken erleichtern kann, die lateinamerikanisches Material suchen, das in nordamerikanischen Forschungsbibliotheken vorhanden ist. (3)

Das letzte Beispiel, wie das Protokoll die Lieferphase des Fernleihprozesses verbessern wird, ist der Einsatz des ILL-Protokolls durch die Research Libraries Group bei Ariel, der Software zur Dokumentenlieferung. RLG arbeitet mit Partnern in Australien und Großbritannien zusammen, um das Protokoll in die neueste Version der Ariel Software zu integrieren. In RLGs längerfristiger Strategie soll die Ariel Software die Möglichkeit erhalten, Protokollmitteilungen (request, shipped, received, usw.) an weitere Fernleihsysteme zu senden, einschließlich RLIN oder OCLC. Diese Fähigkeit würde die Notwendigkeit für Mitarbeiter in den Fernleihstellen aufheben, online Fernleihanfragen in allen den Übertragungssystemen zu aktualisieren, die das komplette Protokoll unterstützen.

Schlußfolgerung

Die Implementierung des ISO ILL-Protokolls in Nordamerika, besonders bei Anbietern in den Vereinigten Staaten, schreitet rasch voran. Innerhalb der letzten 18 Monate konnte ein wirklicher Fortschritt verzeichnet werden, wenn auch noch viel Entwicklungsarbeit geleistet werden muß. Obwohl das Protokoll in Kanada seit nahezu einem Jahrzehnt zum Einsatz kommt, beginnen die US-amerikanischen Anbieter gerade erst, die Vorteile des Einsatzes des internationalen Standards, im Gegensatz zu proprietären Systemen, für die Fernleihkommunikation zu erkennen.

Im Augenblick benutzen US-amerikanische Bibliotheken mehrere Methoden, allesamt proprietäre Systeme, um Fernleihanfragen zu verschicken und den Fortgang zu verfolgen. Kanadische Bibliotheken haben innerhalb der nordamerikanischen Anstrengungen im Einsatz standard-basierter Fernleihkommunikation eine führende Rolle gespielt, obwohl selbst kanadische Bibliotheken immer noch nicht-standardisierte Kommunikationsmethoden zur Übermittlung von Fernleihanfragen an manche Bibliotheken einsetzen müssen. Obwohl es vernünftig ist vorauszusagen, daß US-amerikanische Bibliotheken sich weiterhin auf nationale Fernleihübertragungssysteme verlassen und kanadische Bibliotheken weiterhin Email bevorzugen werden, werden die nordamerikanischen Implementierungen des ISO ILL-Protokolls erlauben, daß diese verschiedenen Herangehensweisen in bezug auf Fernleihmitteilungen zusammenarbeiten.

Von bedeutenden und aktuellen Entwicklungen durch Mitglieder der ILL Protocol Implementors Group werden schließlich Bibliotheken weltweit profitieren, weil eine Anzahl von Fernleihsystemen, die von diesen Anbietern entwickelt wurden, von Bibliotheken in anderen Ländern eingesetzt wird. Die weitverbreitete Unterstützung des ISO ILL-Protokolls durch die nordamerikanischen Bibliotheken wird also den Einsatz globaler, standard-basierter Fernleihkommunikation fördern.

Anmerkungen

  1. Zusätzliche Informationen über das NAILLDD-Projekt, einschließlich einer aktuellen Liste der Implementierungen des ILL-Protokolls durch nordamerikanische Anbieter, können auf der Homepage von ARL gefunden werden: .

  2. "Information and Documentation - Open Systems Interconnection - Inter-Library Loan Application Service Definition" (ISO 10160) und "Information and Documentation - Open Systems Interconnection - Inter-Library Loan Protocol Specification" (ISO 10161). 1993. Der inoffizielle Text der Version 2, 1997, ist zugänglich über:
    .

  3. Weitere Informationen über das UT-LANIC Project findet sich an der Adresse: .

(Übersetzung: Uwe Schwersky, Staatsbibliothek zu Berlin)