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66th IFLA Council and General
Conference

Jerusalem, Israel, 13-18 August

 


Code Number: 123-132-G
Division Number: II
Professional Group: Science and Technology Libraries
Joint Meeting with: -
Meeting Number: 132
Simultaneous Interpretation:   No  

Gemeinsame Entwicklung der digitalen BibliothekErkennen von und Arbeiten mit potentiellen Partnern

Jean Poland
Cornell University Library
Ithaca, N.Y. USA
E-mail: jp126@cornell.edu


Zusammenfassung:

Im Rahmen einer Universität kann die Bibliothek aus dem Interesse anderer betroffener Einrichtun-gen an der digitalen Zukunft Nutzen ziehen. Informatik-Institute sind die natürlichen Partner bei der Entwicklung der digitalen Bibliothek. Wissenschaftliche Gesellschaften, kommerzielle Firmen und Stiftungen sind ebenfalls mögliche Unterstützer. Die Universitätsbibliothek der Cornell Univer-sität hat eng mit einer Vielzahl interessierter Einzelpersonen und Organisationen zusammen-gearbeitet, um den Zugriff auf digitale Materialien und deren Erhaltung zu ermöglichen. Dieser Vortrag beschreibt die Entwicklung einiger dieser Projekte und die daraus resultierenden Inno-vationen und technischen Verbesserungen.


Einleitung

Der Aufbau eines Bestandes von elektronischen Medien, von Vielen oft locker als digitale Biblio-thek etikettiert, ist eine finanzielle und technologische Herausforderung für Bibliothekare. Aber in einer zunehmend digitalen Umgebung wird es immer wichtiger, dass wir unsere Position in unserer übergeordneten Organisation und in der Gesellschaft sichern, indem wir mit der digitalen Revolu-tion Schritt halten oder uns an ihre Spitze stellen. Es gibt potenzielle Bundesgenossen und Quellen der Unterstützung innerhalb unserer Organisation und bei unseren Kollegen in Industrie, Forschung und Verwaltung. In vielen Hochschulen und Universitäten gibt es Fachwissen bei Beschäftigten und dem Lehrkörper, das Bibliothekare als Hebel benutzen können. Indem wir enge Tuchfühlung halten mit den Bedürfnissen unserer Benutzer in Forschung und Lehre, können wir manchmal Projekte entwickeln, die in beiderseitigem Interesse liegen. IT-nahe Unternehmen und Anbieter von Biblio-thekssystemen brauchen Partner, um ihre Produkte weiterzuentwickeln und zu testen. Sowohl privat als auch öffentlich finanzierte Einrichtungen haben ein Interesse daran, die Entwicklung der digi-talen Bibliothek voranzutreiben. Obgleich die Kontaktaufnahme mit diesen Personen und Einrich-tungen oft mühsam ist, zahlt sich Beharrungsvermögen meist aus. Erste Erfolge ziehen weitere Erfolge nach sich und die Kontakte werden mit der Zeit immer enger.

Innerhalb der universitären Strukturen hat die Universitätsbibliothek eine einrichtungsübergreifende Funktion. Die Bibliothek ist ein horizontaler Dienstleister, der das vertikale System der Fakultäten und Institute durchdringt. Fakultäten oder Abteilungen sind abgeschottete Gebilde und beschäftigen sich oft nur mit ihren eigenen Angelegenheiten. Indem die Bibliothekare mit Wissenschaftlern und Dozenten und auch untereinander kommunizieren, können sie Einzelpersonen in Kontakt bringen, von diesen Einzelnen lernen und die Interessen der unterschiedlichen Gruppen auf einen Nenner bringen.

Die Cornell Universität wurde oft als ein loser Zusammenschluss von Colleges beschrieben. Die Bi-bliothek reflektiert diese Fusion indem sie die Einbahnstraßen dieser Ansammlung verbindet. In der Cornell Universität gibt es 19 Bibliotheken, die bezüglich Größe und Sammlungsumfang sehr ver-schieden sind. Einzelne Colleges finanzieren ihre eigene Bibliothek, während andere Bibliotheken von der Zentrale unterhalten werden, aber dennoch spezifischen Bestand haben. So werden zum Beispiel in den Naturwissenschaften und der Technik die ingenieurwissenschaftliche, die mathema-tische und die Physik-Bibliothek zentral finanziert, während die Mann-Bibliothek (Landwirtschaft und Biowissenschaften), sowie die veterinärmedizinische und die medizinische Bibliothek und eini-ge andere von ihren eigenen Colleges oder Fakultäten unterstützt werden. Alle Bibliotheken arbei-ten zusammen, um die Digitale Bibliothek der Cornell Universität Wirklichkeit werden zu lassen und kooperieren über die Grenzen der Disziplinen hinweg, teilen Kosten und Sachverstand mitein-ander und bauen ihre Projekte jeweils auf den Projekten der anderen auf.

In der gleichen Weise, in der Bibliotheken ihre Ressourcen gemeinsam genutzt haben, um papierge-bundene Sammlungen aufzubauen, können sie jetzt zusammenarbeiten, um digitale Bibliotheken ins Leben zu rufen. Eine wachsende Zahl der Nachfragen von Stiftungen und öffentlichen Einrichtun-gen nach Vorschlägen lässt erkennen, dass gemeinsame Vorschläge bevorzugt werden. Der Geist großzügiger Zusammenarbeit der Bibliotheken kann auch auf die digitale Welt übertragen werden.

Bibliothekare sind gut geeignet, beim Übergang zu elektronischem Material eine Führungsrolle zu übernehmen. Wir haben eine lange Tradition von Dienstleistung und Bewahrung, wir haben einzig-artige Fähigkeiten, die sonst nirgendwo in der digitalen Welt gefunden werden können und wir sind die Verwalter der Bestände, die die Benutzer interessieren. Ideen für Projekte einer digitalen Biblio-thek und für entsprechende Partnerschaften ergeben sich, wenn drei Bereiche in Betracht gezogen werden: die Bibliothek als Sammlung von Medien, die Bibliothek als Laboratorium und die Biblio-thek als ein Ort an dem Expertenwissen verfügbar ist, das wie kein anderes geeignet ist, die Pro-bleme von Informationsspeicherung und Retrieval zu lösen.

Die Bibliothek als Sammlung

Seit Jahrhunderten haben Bibliothekare Sammlungen von Information und Wissen aufgebaut, archi-viert und zugänglich gemacht. Sammlungen bestehen sowohl aus retrospektiver als auch aus lau-fender Information. Weil die aktuellen Medien normalerweise durch das Copyright geschützt sind, ist es einfacher, das ältere Material, das der Öffentlichkeit zugänglich ist, zu digitalisieren. Es gibt allerdings immer die Möglichkeit, sich mit dem Inhaber des Copyright, dem Verleger oder dem Autor in Verbindung zu setzen, um ein digitales Produkt herzustellen. Die Universitätsbibliothek der Cornell Universität hat die Arbeit an Material beider Kategorien aufgenommen.

Weil die Universitätsbibliothek der Cornell Universität einen außergewöhnlichen Bestand in den Fächern Naturwissenschaften, Technik und Landwirtschaft hat, sind wir in einige Digitalisierungs-projekte, die sich auf diese Sammlungen konzentrieren, einbezogen. Die Ergebnisse einiger dieser Projekte wurden auf folgender Webseite zusammengetragen (http://cdl.library.cornell.edu). Eines dieser Projekte "Die Sammlung mathematischer Bücher (The Mathematics Book Collection)" be-gann Anfang der 90-er Jahre. Der Bibliothekar der Mathematik-Bibliothek identifizierte fast 600 historische mathematische Monographien, die als Teil einer gemeinsamen Studie mit der Xerox Corporation gescannt wurden, die daran interessiert war, Wege zu finden, um bröcklige Bücher zu konservieren.

Das Projekt ist beendet, aber die gescannten Bilder sind für jeden über das Web ver-fügbar. Gegen ein Entgelt stellt die Bibliothek auch Einzelpersonen oder Organisationen gebundene Exemplare von Ausdrucken der Bilddateien zur Verfügung (http://www.math.cornell.edu/~library). Die Mann-Bibliothek der Cornell Universität entwickelt gemeinsam mit der Rockefeller Foundation TEEAL The Essential Electronic Agricultural Library. Diese "Bibliothek in der Schachtel" enthält den kompletten Volltext der 130 wichtigsten wissenschaftlichen Zeitschriften (ausgewählt von 600 Wissenschaftlern) der landwirtschaftlichen Disziplinen von 1993-1996. Die Informationen werden auf CD-ROM angeboten und es gibt jährliche Updates. Die TEEAL-Mitarbeiter arbeiteten mit den Verlegern zusammen, um Copyright-Probleme zu lösen, was in diesem Fall etwas einfacher war, weil TEEAL nur Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt wird. Obwohl der Grundpreis von 10.000.- US$ hoch erscheint, beträgt er nur 3% der tatsächlichen Subskriptionskosten für diese Zeitschriften für vier Jahre. TEEAL hat auch potentielle Sponsoren ausfindig gemacht, die ggf. beim Erwerb des Gesamtpakets helfen.

Im April 2000 erhielt die Mann-Bibliothek eine Zuwendung vom U.S. National Endowment for the Humanities, um zusammen mit Bibliotheken in acht Bundesstaaten Bücher, Memoiren von Farmer-Familien, Grundbesitz-Urkunden und anderes veröffentlichtes Material, das die Geschichte des ländlichen Lebens in den USA beschreibt, zu konservieren. Viele dieser Dokumente wurden auf säurehaltigem Papier gedruckt und zerbröseln jetzt.

Während dieses Projekt sich mit Material befasst, das für die Bundesstaaten wichtig ist, wird das Core Historical Literature of Agriculture Projekt Dokumente von nationalem Interesse sammeln und digital verfügbar machen. Das Projekt resultiert aus der Unternehmung The Making of America, die auch daran beteiligt ist, mathematische Bücher zu scannen. Das gesamte Material wird bald im Internet abrufbar sein.

Bibliotheksbestand ist nicht immer Papier. Vor einigen Jahren erreichte der leitende Bibliothekar der ingenieurwissenschaftlichen Bibliothek, dass das Council on Library Resources die Zusammen-stellung und Veröffentlichung eines breit angelegten Katalogs von Internet-basierten Quellen in den Ingenieurwissenschaften finanzierte: Internet Connections for Engineering (ICE). (http://www.englib.cornell.edu/ice/). Diese Liste wird weiterhin gepflegt durch die Bibliothekare der ingenieurwissenschaftlichen Bibliothek. Als die Katalogisierer der Universitätsbibliothek der Cornell Universität Material identifizieren sollten, das in OCLC's Cooperative Online Resource Catalog (CORC) aufgenommen werden sollte, waren die Webseiten der ICE-Sammlung natürlich eine erstklassige Quelle. Die Seiten sind jetzt katalogisiert und mit unserem OPAC vernetzt.

Die Bibliothek als Laboratorium

Die Physik-Bibliothek ist ein Ort, an dem sich Leute zusammenfinden, die Informationen brauchen und schätzen. Forscher, kommerzielle Firmen und berufliche Organisationen möchten gern mehr über ihr Verhalten wissen, und stellen manchmal Ausstattung, Software, Datenbanken oder andere Materialien zur Verfügung, damit diese in der Bibliothek und von den Bibliotheksbenutzern getestet werden können.

Das Projekt Nomad (http://www.nomad.cornell.edu) ist ein gemeinsames Forschungsprojekt, in das Cornell's Informatik-Institut und die Abteilung für Kommunikation, mit Unterstützung der Intel Corporation, einbezogen sind. Im Projektteam sind außer Angehörigen dieser beiden Einrichtungen auch Mitarbeiter der ingenieurwissenschaftlichen Bibliothek und der Mann-Bibliothek vertreten. Die Studenten zweier Test-Seminare wurden mit je einem Laptop und einem drahtlosen Modem ausgestattet. Ein Netzwerk von Transceivern wurde auf dem Campus-Gebiet der Ingenieurwissen-schaften eingerichtet, das auch die Bibliothek umfasste. Die Studenten können jetzt ihre Laptops in vielen Gebäuden benutzen und auch auf den Freiflächen zwischen den Gebäuden. Die Laptop-Be-nutzung wird aufgezeichnet, um festzustellen, wie der all-gegenwärtige Zugang zu drahtlosen Netz-werken ihre Computerbenutzung beeinflusst. Ein Ergebnis ist sicher - die Studenten wollen ihre Laptops nicht am Ende des Semesters zurückgeben. Deswegen wird gerade ein Vorschlag ausge-arbeitet, der es den Studenten ermöglichen soll, ihre Computer zu leihen und sie eventuell später ganz zu erwerben. Indem die ingenieurwissenschaftliche Bibliothek an dem Projekt teilnimmt, kann sie jedem Leser, der ein solches drahtloses Modem hat, auch Zugang zu den Bibliotheks-Ressour-cen des Campus vermitteln.

In der frühen 90-er Jahren fragte Elsevier Science, ein führender Verleger naturwisenschaftlicher Zeitschriften, bei der Universitätsbibliothek der Cornell Universität an, ob sie sich an dem Projekt TULIP beteiligen möchte. Bibliotheken von neun Institutionen waren Teilnehmer dieses gemein-samen Forschungsprojekts, das die Verbreitung und Benutzung netzbasierter elektronischer Zeit-schriften testen sollte. Die Ermittlung der technischen Machbarkeit des Vertriebs über das Netz zu und zwischen einer Vielzahl von Institutionen, das Erkennen und Entwickeln neuer ökonomischer Modelle und das Studium des Leserverhaltens in Bezug auf elektronische Zeitschriften waren die Ziele des Projekts. Als Projektpartner konnten die ingenieurwissenschaftliche Bibliothek und die Physik-Bibliothek der Cornell Univeristät ihren Benutzern freien Zugriff auf die einschlägigen Zeit-schriften des Elsevier-Verlages gewähren und so zugleich zum Input in das Projekt beitragen. Obwohl das TULIP Projekt später zugunsten eines Vertriebs über das WWW ausgesetzt wurde, waren die Projekt-Ergebnisse für den Verleger wertvoll.

Das Expertenwissen der Bibliothek

Die einzigartige Ausbildung und die Fähigkeiten der Bibliothekare sind für diejenigen, die an der Entwicklung digitaler Produkte interessiert sind, wertvoller als die eigentlichen Sammlun-gen. Wir haben bewährte Traditionen, Informationen zu klassifizieren und zugleich die Ver-pflichtung, diese Information wieder auffindbar zu machen. Wir beachten sehr genau die Rechte am geistigen Eigentum und die relevanten gesetzlichen Aspekte des fairen Gebrauchs. Unser Bemühen um die Zufriedenheit unserer Benutzer und unsere Kenntnisse der Probleme der Pflege und Konservierung machen uns zu wichtigen Partnern in der digitalen Revolution.

Der Transfer genau dieser Fertigkeiten in eine digitale Umgebung ist der Schwerpunkt eines Förderprogramms der U.S. National Science Foundation an der Cornell Universität. Die Ver-antwortung für dieses Programm, das Security and Reliability in Component-based Digital Libraries heißt, teilen sich die Mitarbeiter des Informatik-Instituts und die Universitätsbi-bliothek. Das Programm untersucht, wie das spezielle Fachwissen der Biblothekare in eine di-gitale Umgebung übertragen werden kann, nämlich: die Verlässlichkeit mit der sichergestellt ist, dass die Informationen zur Verfügung steht, wo und wann die Leute sie brauchen, die Zu-verlässigkeit mit der die Privatsphäre des Benutzers gewahrt bleibt, die Beachtung der Rechte am geistigen Eigentum der Autoren, die Fähigkeit, die Langlebigkeit des intellektuellen In-halts der Bestände für künftige Generationen zu garantieren. Diese Probleme sind zum großen Teil für die papiergebundene Information gelöst und zu einem weniger großen Teil auch für die hybride Information. Aber wir wissen nicht, welches das beste Verfahren für die rein elektronische Information ist.

Die ingenieurwissenschaftliche Bibliothek der Cornell Univeristät ist auch in der Synthesis Coalition (http://www.synthesis.org) vertreten. Diese Gruppe von acht verschiedenen Einrich-tungen wurde von der U.S. National Science Foundation unterstützt, um neue Ansätze des Grundstudiums in den Ingenieurwissenschaften zu entwickeln, einzuführen und zu bewerten, die besonderen Wert legen auf interdisziplinäres Studium, Teamwork und Kommunikation, praktische Geschicklichkeit und Labor-Erfahrung, ergebnisoffene Problemformulierung und Problemlösung sowie Beispielanwendungen von üblichen Verfahren in der Industrie.

NEEDS - The National Engineering Education Delivery System (http://www.needs.org) ist eine verteilte Architektur, von Synthesis entwickelt, um neuen pädagogischen Modellen - ba-sierend auf einer internetgestützten Lernumgebung - zum Durchbruch zu verhelfen. NEEDS katalogisiert Seminar-Unterlagen und andere im In- und Ausland entwickelte Lernsoftware, um Informationsquellen zur Verfügung zu stellen, damit sowohl Lehrende als auch Lernende Unterrichtsmaterial über das World Wide Web suchen, aufrufen und herunterladen können. Darüber hinaus unterstützt NEEDS auch ein mehrfach gestuftes Evaluierungssystem für Un-terrichtsmaterial. Auf die NEEDS-Software konnte zuerst über den Bibliothekskatalog zuge-griffen werden und auch jetzt noch wird der Index von Bibliothekaren gepflegt.

Die Verpflichtung der Bibliothekare zum Erhalt der Materialien wird von den Verlegern sehr geschätzt. Wir haben auf diesem Gebiet die gleichen Interessen, besonders was die Archivie-rung elektronischer Zeitschriften betrifft. Die Bewahrung wissenschaftlicher Information ge-hört auch zum Aufgabengebiet wissenschaftlicher Gesellschaften. In der papiergebundenen Ära konnten sich die Gesellschaften darauf verlassen, dass die Bibliotheken ihre Zeitschriften archivieren würden. Jetzt, wo wir beginnen, uns mehr oder weniger auf die elektronischen Zeitschriften zu stützen, wird die Archivierung der Ausgaben zur Herausforderung. Gegen-wärtig ist man überzeugt, dass die redundante Speicherung an mehreren Orten eine notwen-dige Komponente digitaler Archive sein sollte. Die Universitätsbibliothek der Cornell Univer-sität spiegelt zur Zeit die Zentralblatt MATH Datenbank (http://euclid.library.cornell.edu). Die Diskussion mit der American Physical Society wegen der Spiegelung ihrer Zeitschriften tritt gerade in ihre Endphase. Daneben versuchen wir auch in Partnerschaft mit anderen Verla-gen digitale Archive aufzubauen.

Die Universitätsbibliothek der Cornell Universität hat jüngst Fördermittel der Andrew Mellon Foundation erhalten, um das Projekt Euclid (http://euclid.library.cornell.edu/project) zu unter-stützen. Dieses Pilotprojekt wurde entwickelt, um unabhängigen mathematischen und statisti-schen Zeitschriften den Aufbau einer Infrastruktur zu ermöglichen, der sie befähigt im Web zu veröffentlichen und durch diese kombinierte online/offline-Präsenz ihre Wahrnehmung auf dem Markt zu verbessern. Das Projekt Euclid wird die ganze Spanne des wissenschaftlichen Publizierens, von den Preprints bis zum Vertrieb der gedruckten Ausgabe, unterstützen. Es wird die Zeitschriften-Verleger auch mit Werkzeugen ausstatten, die sie in die Lage verset-zen, den Prozess der Veröffentlichung und Begutachtung zu straffen und die Hefte rechtzeitig und kostengünstig zu veröffentlichen.

Das Projekt Euclid resultiert aus den Erfahrungen des Mathematics Books Collection Projekts, sowie auch aus den Erfahrungen mit der Spiegelung der Zentralblatt MATH Datenbank. Die Mellon Foundation stellte nur relativ bescheidene Fördermittel für die Planung zur Verfü-gung, die es der Bibliothek ermöglichten, Schwerpunktgruppen einzusetzen und den Kontakt mit den Zeitschriften-Verlegern zu halten, um herauszufinden, was die speziellen Bedürfnisse beim Publizieren mathematischer Zeitschriften sind. Als Ergebnis dieser Diskussionen nimmt die Duke University Press jetzt an diesem Projekt teil und einige andere Verleger von mathe-matischen und statistischen Zeitschriften haben ihr Interesse an einer Teilnahme ausgedrückt.

Kontakte und Kreativität

Die oben beschriebenen Aktivitäten unterscheiden sich von den traditionellen Aufgaben, die Bibliothekare in der Vergangenheit übernommen haben und weiterhin ausführen. Es ist un-wahrscheinlich, dass die Bibliotheken zusätzliche Planstellen erhalten werden, so sehen sie sich der Notwendigkeit gegenüber, Prioritäten zu setzen. Einige alte Arbeitsgänge müssen einer strengen Prüfung unterzogen oder sogar abgeschafft werden, damit die neuen Projekte angepackt werden können. In einigen Fällen gibt es zusätzliche Zuwendungen, damit können zeitlich befristete Stellen für neue Mitarbeiter eingerichtet werden, entweder für die neuen Projekte oder zur Entlastung bei den traditionellen Aufgaben.

Es gibt mehrere Anreize für Bibliothekare, sich bei der Entwicklung der digitalen Zukunft zu engagieren. Der erste und vielleicht wichtigste ist, dass die beteiligten Bibliothekare Einfluss auf die künftige Richtung der Entwicklung nehmen können. Die Bibliothekare müssen als gleichberechtigte Teilnehmer mit an den Tisch, damit unsere Werte und Fähigkeiten zur Gel-tung kommen. Ein weiterer Anreiz ist der Faktor der Relevanz der Entwicklung für die Bi-bliotheken. Wenn es den Bibliotheken nicht gelingt, digitales Material in ihren Bestand zu in-tegrieren, werden sie bald nur noch verstaubte Speicher alter Bücher aber nicht mehr Quellen der Information sein. Das gilt speziell für die naturwissenschaftlich-technischen Bibliotheken, wo Aktualität so wichtig ist.

Das Herausfinden geeigneter Projekte und Partner ist mühsam und erfordert Hartnäckigkeit und Ausdauer. Verbindungen, Kontakte und Fantasie sind die Basis, auf der eventuell eine Partnerschaft entsteht. Beziehungen zum Lehrkörper sind wichtig und ein ständiges Gespür dafür, wie die Bibliothek bei der Verwirklichung der Projekte der Wissenschaftler nützlich sein könnte. Immer öfter erkennen Software-Hersteller und -Verkäufer, die in der Vergangen-heit nur mit den Forschern gesprochen haben, dass Kontakte mit den Bibliothekaren wertvoll sein könnten. Insbesondere werden die Vorschläge der Bibliothekare heute von Vertretern der Bibliothekssystemfirmen sehr positiv eingestuft.

Viele Organisationen sind heute sehr daran interessiert zu erfahren, was Bibliotheken machen, insbesondere in einer Web-basierten Welt, die oft auch als informationsbasierte Welt gesehen wird. Auf beruflichen Treffen oder manchmal in Zeitungen und Zeitschriften lassen Verleger und andere Organisationen erkennen, dass sie nach Entwicklungspartnern Ausschau halten. Man muss sensibel auf schriftliche oder mündliche Äußerungen wie "... suchen Partner zur Entwicklung..." oder "... Start eines Pilotprojekts ..." reagieren. Zu allererst muss man die verantwortlichen Projektplaner in einer Gruppe oder Organisation ermitteln und sich und die eigene Bibliothek ihnen bekannt machen. Eine simple Frage wie "Wie könnten wir zusammen arbeiten?" kann der Beginn eines langen und informativen Gesprächs sein. Eine Gruppe von Bibliotheken ist vielleicht erfolgreicher als eine einzelne Bibliothek. Die Bildung eines Kon-sortiums oder der Beitritt zu einem bestehenden kann ein effektiver Weg sein, um Ressourcen zu bündeln.

Zusätzlich zur Kreativität bei der Anbahnung von Kontakten ist es wichtig, dass die Biblio-thek selbst als kreative Organisation wahrgenommen wird. Zeit, Leistung und Flexibilität sind die Faktoren, um dieses Image zu erzeugen. Indem man risikofreudiges Verhalten bei den Mitarbeitern unterstützt, ermutigt man den stetigen Fluss neuer Ideen. Ein anderer Aspekt ist, den Mitarbeitern auch Fehlschläge zu gestatten und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Ge-sicht zu wahren, wenn die Ergebnisse eines risikoreichen Plans nicht positiv sind.

Es ist wichtig, sich immer wieder klar zu machen, dass Erfolg auf vorhergehenden Erfolgen aufbaut; aber was ein Erfolg ist, ist eine subjektive Wertung. Als Erfolg kann schon das Er-greifen einer Chance und die Entwicklung einer kreativen Idee betrachtet werden. Selbst wenn Projekte dann doch nicht finanziert oder nicht weitergeführt werden, kann man sie als Lernprozess und Erfahrungszugewinn ansehen und sie können später als Grundlage weiterer Entwicklungen dienen. Ein unproduktiver Versuch kann mit anderen Partnern gelingen oder der Zünder für neue Ideen sein. So war zum Beispiel Dissertations Available on Internet Systems (DAISy) ein Projekt mehrerer Bibliotheken, um den Zugriff und die Verfügbarkeit von Dissertationen innerhalb der Hochschulen zu verbessern. Die teilnehmenden Gruppen, inklusive der ingenieurwissenschaftlichen Bibliothek der Cornell Universität planten, Bild-dateien der ingenieurwissenschaftlichen Dissertationen über das Web auszutauschen. Das Pilotprojekt wurde 1993 entwickelt. Nach einem guten Start wurde das Projekt wegen der Komplexität der digitalen Verarbeitung zu jener Zeit nicht weitergeführt, aber es wurde die Grundlage der jetzt angestellten Überlegungen der Universitätsbibliothek der Cornell Univer-sität zu digitalen Dissertationen. Die Zeit, die für DAISy aufgewendet wurde, war nicht ver-schwendet, obwohl das Projekt seine Pilotphase nicht überlebt hat.

Einer der vielen positiven Aspekte einer digitalen Umgebung ist die Internationalisierung des Bereichs. Anfragen zu gemeinsamen Vorschlägen von Bibliotheken in verschiedenen Ländern werden zahlreicher. Personen, die nicht reisen können, können die Partnerbibliothek elektro-nisch besuchen und mit ihr zusammen arbeiten, um pozentielle Projekte und Partner zu iden-tifizieren.

Die Universitätsbibliothek der Cornell Universität war sehr erfolgreich darin, Partner und Finanz-Quellen für viele Projekte, besonders in den Naturwissenschaften, der Technik und der Landwirtschaft zu ermitteln. Viel von dem Erfolg beruht auch darauf, dass Verbindungen zu Einzelpersonen und Organisationen sorgfältig gepflegt werden und dass innerhalb der Bibliothek risikofreudiges Verhalten unterstützt wird. Dies ist eine einfache Formel, die Zeit braucht, um sich entfalten zu können, die aber schließlich zu großer beruflicher und organisa-torischer Zufriedenheit führt.

Übersetzt von Helga Schwarz

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Latest Revision: August 2, 2000 Copyright © 1995-2000
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