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66th IFLA Council and General
Conference

Jerusalem, Israel, 13-18 August

 
 


Code Number: 093-123-G
Division Number: IV
Professional Group: Bibliography
Joint Meeting with:
Meeting Number: 123
Simultaneous Interpretation: No

Die Nationalbibliographie eines kleinen Landes im internationalen Zusammenhang

Bohdana Stoklasova
Mit einem Beitrag zur Sacherschließung von Marie Balikova
Nationalbibliothek der Tschechischen Republik
Prague, Czech Republic


Zusammenfassung

Tschechien zählt zu den sogenannten "post-kommunistischen" Ländern. Die kommunistische Regierung hatte kein Interesse daran die Effektivität des Bibliothekswesens oder dessen Automatisierung zu verbessern, da dies Kontakte zu westlichen Ländern eingeschlossen hätte. Als Folge hiervon waren internationale Standards in den meisten Bibliotheken unbekannt. Nach der Öffnung im Jahr 1989 leitete Tschechien viele dramatische Veränderungen ein, wovon auch die tschechische Nationalbibliographie profitierte.

Das Papier beschreibt die Veränderungen bei der Erstellung der Nationalbibliographie, vor allem die Einführung von UNIMARC, AACR2 und LCSH in Englisch und Tschechisch, zum Teil Verknüpft mit UDK-MRF Notationen. Durch ein Konversionsprojekt ist die Mehrzahl der gedruckten Monographien, die im 20.Jahrhundert in Tschechien veröffentlicht wurden, im Internet (WorldCat, CASLIN - tschechischer Verbundkatalog, Datenbank der Nationalbibliothek) oder auf CD-ROM (englische oder tschechische Version) nachgewiesen.

Die Herausforderungen, die durch die Einführung internationaler Regelwerke in einer relativ kurzen Zeitspanne entstanden und das Spannungsfeld "Verlust nationaler Identität" gegenüber "Mitglied der internationalen Gemeinschaft", wurden angesprochen. Ein Vorführung unseres online Katalogs, der auf dem israelischen System ALEPH500 basiert, und der CD-ROM Ausgabe der tschechischen Nationalbibliographie ist im Vortrag enthalten.


Paper

Einleitung

Die tschechische Nationalbibliographie ist der Nachweis der Publikationstätigkeit eines kleinen zentraleuropäischen Landes mit ca. 15.000 gedruckten Monographien und ca. 3.000 Zeitschriften pro Jahr. Nicht-Buch-Materialien, Karten und elektronische Ressourcen (sowohl mit lokalem wie im Fernzugriff), die in der tschechischen Nationalbibliographie angezeigt werden, machen nochmals ca. 5.000 Titel aus. Die meisten Dokumente werden in Tschechisch veröffentlicht, einer Sprache, die nur von einem sehr kleinen Prozentsatz der Weltbevölkerung gesprochen oder verstanden wird. Böhmische Kulturwissenschaft wird weltweit jedoch an etlichen Universitäten betrieben. Die Bibliotheken dieser Universitäten haben, ebenso wie Nationalbibliotheken mit umfassendem Sammelanspruch, große Bestände an sogenannten "Bohemika".

Als wir nach der Öffnung 1989 begannen, ausländische Datenbanken zu nutzen und ins Ausland zu reisen, beschäftigten wir uns intensiver mit den Aufnahmen tschechischer Publikationen, die von amerikanischen Bibliotheken im OCLC-Verbund angefertigt worden waren. Die Qualität dieser Aufnahmen ließ zu wünschen übrig. Die Aufnahmen waren überwiegend sehr kurz und enthielten nicht nur in der bibliographischen Beschreibung Schreibfehler, sondern auch in den Ansetzungen (sowohl bei Namen als auch bei Sachschlagworten). Als wir bei unserem Besuch in der Library of Congress auf dieses Problem hinwiesen, wurde uns mitgeteilt, dass die Katalogisierung tschechischer Literatur für amerikanische Bibliotheken keine Priorität habe und wir die Aufnahmen für tschechische Publikationen beisteuern könnten, um das Problem zu lösen. Dies war ein sehr gutes Beispiel für Anwendung des UBC-Grundsatzes, dass jedes Land für die Verzeichnung seiner Veröffentlichungen selbst verantwortlich sein sollte. Dieser Grundsatz war bis dahin in unserem Land nur in der Theorie, nicht jedoch in der Praxis bekannt gewesen. So war diese gute und logische Idee leicht formuliert worden, ihre Verwirklichung in der Praxis war jedoch ein schwieriger Weg, insbesondere, da internationale Standards eingehalten werden sollten. Wenn in einem bestimmten Land niemals internationale Standards angewandt worden sind, kann es lange dauern, um das zu erreichen, was für andere Länder ein einfaches und offensichtliches Ziel scheint. Kurz gesagt benötigten wir zehn Jahre, um den internationalen Anschluss zu erreichen.

Im Folgenden ist beschrieben was in den zehn Jahren unternommen wurde, um unsere Nationalbibliographie auf CD-ROM (und im Internet) zu veröffentlichen, wobei die Aufnahmen einem Qualitätsstandard genügen, der es ausländischen Bibliotheken ermöglicht, sie ohne große Nachbearbeitung zu benutzen. Ich werde dabei nicht nur die erfolgreichen Ergebnisse präsentieren, sondern auch die Irrwege, die zu Zeitverzögerungen führten. Dabei erwarte ich nicht unbedingt, dass unser Beispiel andere Länder davor bewahrt, die selben Fehler zu machen. Jedes Land muss seine eigenen Erfahrungen einschließlich seiner eigenen Fehler machen. Dies ist ein Teil des Lebens.

Noch vor einigen Jahren waren wir nicht in der Lage, von der Erfahrung unserer ausländischen Kollegen zu lernen und ihre Ratschläge anzunehmen. Erst jetzt, nachdem wir eigene Erfahrungen gesammelt (und unsere Fehler analysiert) haben, wissen wir, dass sie Recht hatten und dass wir bei der Umstellung einen kürzeren, bequemeren und billigeren Weg hätten gehen können. Sogar heute noch sind wir manchmal unfähig gewohnte Verfahren aufzugeben, was sich wahrscheinlich in einigen Jahren als Fehler erweisen wird. Aber nun zu den Tatsachen und Schluss mit den Reflexionen, wie es hätte sein können oder sollen.

 

Internationale Standards
Austauschformate, Bibliographische Beschreibung und Normierung

Ein erster deutlicher Schritt hin zu einer automatisierten Bearbeitung und der Verwendung internationaler Standards war das Projekt "Automatizovany system ceske narodni knizni bibliografie: ASNB-K" (1) [Automatisiertes System der nationalen tschechischen Buchverzeichnung: ASNB-K]. Seit 1983 wurden Daten mit Hilfe einer Textverarbeitung erfasst. Ziel der Erfassung war nicht eine durchsuchbare Datenbank zu erhalten, sondern nur eine Druckfassung der monatlich erscheinenden "Tschechischen Nationalbibliographie" zu erzeugen. Zuerst galt es, die so erzeugten Datensätze zu analysieren und mit internationalen Katalogisierungsstandards zu vergleichen. Glücklicherweise wurde die ISBD Zeichensetzung verwendet, so dass eine einheitliche Struktur vorlag, weshalb kürzlich all diese Daten in unsere neu entstandene Datenbank importiert werden konnten. Die Nutzung der ISBD wurde lange Zeit von tschechischen Bibliothekaren eher als Merkwürdigkeit als ein Mittel der Standardisierung betrachtet. "Ernsthafte" Bibliotheksautomatisierung, die in größerem Umfang internationale Standards und ihre Umsetzung in tschechischen Bibliotheken berücksichtigte, begann erst in den späten 80er Jahren. Es gab kaum Geld für Bibliotheksautomatisierung und da sich die meisten Bibliotheken (einschließlich der Nationalbibliothek) kein kommerzielles Bibliothekssystem leisten konnten, bestand die einzige Lösung darin, das allgemeine Datenbanksystem CDS/ISIS zu nutzen, das von der Unesco kostenlos angeboten wird. Hierfür musste eine tschechische Bibliotheksanwendung geschrieben werden. Die Nationalbibliothek entwickelte das "Modularni automatizovany knihovnicky system: MAKS" (2) [Automatisiertes modulares Bibliothekssystem]. 1989 stellte MAKS nicht nur die Basis der tschechischen Nationalbibliographie dar, sondern wurde auch in Hunderten von tschechischen Bibliotheken zur Automatisierung eingesetzt.

1989 wurde das erste Austauschformat als Kernmodul von MAKS realisiert. Bei der Entwicklung wurde die Frage abgewogen, ob UNIMARC oder ein nationales Format verwendet werden sollte. Wir entschieden uns für ein nationales Format, das "Vymenny format pro bibliograficky (dokumentacni) a katalogizacni zaznam" (4) [Austauschformat für bibliographische und Katalogdaten]. Glücklicherweise war dieses Format genügend fein differenziert, so dass die Konvertierung nach UNIMARC (Mitte der 90er Jahre) kein Problem darstellte. Vorausschauenderweise wurden die Prinzipien der ISBD zugrunde gelegt und in dieser abgeschwächten Form wurde die ISBD von den meisten tschechischen Bibliothekaren akzeptiert.

Während MAKS getestet wurde, zeichnete sich deutlich ab, dass unsere Katalogisierungsregeln überholt waren, vor allem was die Katalogeinträge anging; ein Bereich, der durch die ISBD nicht abgedeckt wurde. Unsere bestehenden Regeln waren nicht länger nützlich, bestehende ausländische Vorbilder wurden mit Skepsis betrachtet und neue eigene Regeln konnten nicht schnell genug erstellt werden. Zudem verlangten die Katalogisierungsspezialisten Regeln für Sondermaterialen. Während der Diskussion um die Einführung neuer Katalogregeln wurde vorgeschlagen, die AACR2 einzuführen. Dieser Vorschlag wurde jedoch verworfen. Der Einfluss ausländischer Regelwerke (Preußische Instruktionen Sowjetische Katalogisierungsregeln) war traditionell groß und wir wollten nicht von einem weiteren solchen abhängig sein. Wir akzeptierten jedoch, das Tschechien keine Insel ist und so entstand der Kompromiss Tschechische Katalogregeln zu entwickeln, die auf den AACR2 basierten bzw. ausschließlich auf deren positiven Grundsätzen, die dann aus anderen Regelwerken ergänzt werden sollten. Eine 40-köpfige Arbeitsgruppe stellte einen 597 Seiten starken Entwurf vor, die "Pravidla jmenneho popisu" (5) [Regeln für die Formalkatalogisierung], die 1993 erscheinen sollten. Die neuen Regeln wurden jedoch nie veröffentlicht.

Die Verbindung der positiven Ansätze verschiedener Regelwerke versprach in der Theorie ein sehr gutes Ergebnis, die bestehenden Inkonsistenzen erschwerten jedoch die Anwendung in der täglichen Routine. Nach der Öffnung 1989 waren unsere Bibliothekare durch ihre Erfahrungen im Ausland davon überzeugt, dass kooperative Katalogisierung sowohl auf nationaler wie internationaler Ebene notwendig ist und dass Standardisierung eine Grundvoraussetzung ist, wobei auf nationaler Ebene entwickelte Regelwerke kaum mit internationalen Standards konkurrieren können. Es ist offensichtlich, dass ein kleines Land mit einer nicht zu üppigen Buchproduktion in einer gering verbreiteten Sprache nicht bereits existierende Katalogisierungsregeln ersetzen kann, nach denen bereits Millionen von Datensätzen erstellt worden sind. Wenn wir ein Teil der Welt werden wollten, mussten wir ihre Regeln akzeptieren. Schließlich hatten wir begriffen, dass nationalspezifische Katalogisierungsregeln, egal wie perfekt sie auch sein mochten, unausweichlich in die Isolation führten. Die 40-köpfige Arbeitsgruppe wurde aufgelöst, als die Diskussion sich auf die Möglichkeit verlagerte, die AACR2 zu übersetzen. Wir entschlossen uns die AACR2 und die ISBD zu übersetzen und sie auf ihre Einzelheiten und Auswirkungen hin zu analysieren. Wir wollten unvoreingenommen vor allem die Regeln untersuchen, die möglicherweise gegen tschechische Katalogisierungstraditionen verstießen und unsere Ansichten mit Beispielen belegen. Derselbe Ansatz wurde in Bezug auf UNIMARC gewählt.

In den 90er Jahren begannen tschechische Bibliotheken mit der Einführung automatisierter Bibliothekssysteme. 1992 bot die Andrew Mellon Stiftung das CASLIN-Projekt (Czech and Slovak Library Information Network) an. In ihrer Grundsatzerklärung verpflichteten sich die Direktoren von vier großen tschechischen und slowakischen Bibliotheken (darunter die Nationalbibliotheken der beiden Staaten, die für die Herausgabe der Nationalbibliographien verantwortlich sind), die Grundlage für ein stabiles nationales Bibliotheksnetzwerk zu legen, das in- und ausländischen Nutzern einen schnellen, einfachen und unbeschränkten Zugang zu den Informationen bietet, die von Bibliotheken und Informationseinrichtungen angeboten oder vermittelt werden. Seit dem Beginn von CASLIN wurden im Zusammenhang mit seinem Verbundkatalog internationale Katalogisierungsstandards sehr ernsthaft untersucht. 1994 genehmigte und veröffentlichte der CASLIN-Vorstand folgende Anforderungen für die

Katalogisierung im CASLIN-Verbund:

  • Alle Datensätze müssen in UNIMARC erzeugt werden.
  • Zugrunde liegendes Regelwerk sind die AACR2.
  • Die Katalogsätze müssen der ISBD folgen.

Diese Erklärung war sehr wichtig - sie musste eingehalten werden und sie erlaubte es uns nicht auszuweichen, als wir mit Widerstand gegen die Einführung internationaler Standards konfrontiert wurden - so dass wir schließlich unser Ziel erreichten!

Trotz der formulierten Grundsätze war es nicht einfach die beschlossenen Standards umzusetzen, nicht zuletzt wegen der fehlenden Übersetzung der Regelwerke ins Tschechische. Es dauerte wesentlich länger als geplant, die benötigten Dokumente (7-9) zu übersetzen, vor allem deswegen, weil es für viele der neuen Konzepte keine entsprechende Terminologie im Tschechischen gab. Ohne praktische Anwendungsbeispiele war es sehr schwer, bestimmte Konzepte ganz zu verstehen und sie aussagekräftig zu übersetzen.

Bezüglich der AACR2 waren wir in eine Zwickmühle geraten: Ohne Interpretationen war es fast unmöglich mit den Regeln zu arbeiten, es war jedoch sehr schwer, sie zu interpretieren, ohne mit ihnen zu arbeiten. Bevor man sich auf eine Interpretation einigen konnte, war es entscheidend, die Regeln auszuprobieren, ihre Feinheiten zu verstehen und mit ihnen umzugehen, so dass es möglich wurde zu unterscheiden, ob man etwas ablehnte nur weil es neu ist oder weil es den eigenen Traditionen grundsätzlich widerspricht. Die erste Umsetzung der AACR2 war eine Herausforderung für unsere Katalogisierer. Als unsere Datenbanken noch geringen Umfang besaßen, achteten wir mehr auf die bibliographischen Datensätze, als auf Normdatensätze. Die Notwendigkeit der Normierung wurde mehrere Jahre lang unterschätzt. Erst als die Datenbanken größer wurden und wir Datensätze abzogen und einspielten schenkten wir dem Problem der Normierung die nötige Aufmerksamkeit. Eine Abteilung zur Koordination der Normierung wurde kürzlich eingerichtet. Sie ist nun dafür zuständig, die Datensätze zu normieren, die sich in den letzten Jahren angesammelt haben, und sie mit neu geschaffenen Normdateien für Personen- und Körperschaftsnamen zu verknüpfen.

 

Sachkatalogisierung und Sacherschließung

Um sowohl lokalen wie entfernten Benutzern umfassende Zugriffsmöglichkeiten zu bieten, reicht die Anwendung internationaler Standards für die formale Beschreibung nicht aus. Es bedarf ebenso einer qualitativ hochwertigen (standardisierten) Form der inhaltlichen Erschließung. Die Notwendigkeit eines Wechsels (vor allem im Bereich der Sachschlagwörter) wurde bereits zu Beginn der 90er Jahre offensichtlich, wir waren jedoch erst Ende der 90er Jahre bereit, ihn tatsächlich zu vollziehen. Im Bereich der klassifikatorischen Erschließung war die Lage weniger schwierig, da wir bereits lange Zeit die UDK anwandten - wir mussten 1999 nur zur UDK-MRF migrieren.

Da wir Sachschlagwörter wollten, die nicht nur national, sondern auch international nutzbar waren, wurde es notwendig, unsere spezifischen tschechischen Normschlagwörter aufzugeben, die auf einem alten nationalen Standard basierten, der stark von jedem international gebräuchlichen abwich. Es war notwendig ein internationales System zu wählen (was wir mit den LCSH taten) und seine Grundlagen auf unsere Normschlagwörter anzuwenden. Es ist wesentlich einfacher, ähnliche tschechische Begriffe auf Englisch zu den LCSH in den Datensätzen von OCLC hinzuzufügen oder LCSH Äquivalente den tschechischen Schlagwörtern in den Datensätzen der tschechischen Nationalbibliographie hinzuzufügen, als Schlagwörter in beiden Sprachen anzusetzen, die dazu noch auf unterschiedlichen Grundsätzen basieren. Da Schlagwörter in Nationalsprachen vorliegen ist es schwierig internationale Maßstäbe zu finden. Nach langer Diskussion entschied man sich für die LCSH. Da sie jedoch auch lokale Anforderungen befriedigen sollte, wurden einige Änderungen der LCSH formuliert:

  • Bevorzugung der direkten Form geographischer Unterteilungen bei den Schlagwörtern der Nationalbibliothek (NLSH), d.h. geographische Begriffe folgen direkt dem Hauptschlagwort bzw. der Hauptkombination.

  • Formale Begriffe wurden in ein spezifisches Feld ausgelagert (Kategorie 608 des UNIMARC-Formats).

  • Oberbegriffe, die Personengruppen oder Gruppen von Körperschaften bezeichnen werden häufiger verwendet, um

  • Mehr Einstiegspunkte zu den bibliographischen Daten zu erhalten,

  • Verknüpfungen über Personennamen oder Körperschaften zwischen den Schlagwörtern und den UDK zu ermöglichen.

  • Ausgliederung von zusätzlichen inhaltlichen, geographischen oder zeitlichen Informationen aus Namensschlagwörtern in ein spezifisches Feld, um eine einfachere automatisierte Schlagwortnormkontrolle zu ermöglichen und die Pflege von Individualnamen zu erleichtern.

  • Hinzufügen von spezifischen Schlagwörtern, die dazu gedacht sind, die "weiten" Schlagwörter näher zu bestimmen. Dies erleichtert die Verknüpfung zwischen Schlagwörtern und Deskriptoren (eines Thesaurus oder kontrollierten Vokabulars).

Diese Änderungen (als Folge der Unterschiede der LCSH und der NLSH) bedeuten den Übergang unseres Systems zur Postkoordination der Schlagwörter, die unserer Meinung nach in einer online-Umgebung effektiver ist.

Bei der Anwendung der UDK wurde entschieden:

  • Mehrdimensionale Suchen durch die Verknüpfung von Sachschlagwörtern, Hauptkombinationen und Formschlagwörtern mit den entsprechenden Notationen der UDK über die Schlagwortnormdatei zu unterstützen.

  • Die IFLA-Empfehlungen zu berücksichtigen, die "möglichen Verknüfungen zwischen Schlagwortnormsätzen und Klassifikationen zu beachten" (Guidelines for Subject Authority and Reference Entries, S.1).

  • Die mittlere Ebene der UDK-Notationen zu benutzen, da die ausgewählten Punkte der obersten Ebene, die zur Zeit in unseren Bibliotheken benutzt werden, Sachverhalte nicht vollständig identifizieren.

  • Nur die UDK-Notationen zu verwenden, die einen Sachverhalt und einen formalen Inhalt identifizieren und andere Informationen (z.B. geographische oder zeitliche) durch Schlüssel oder verbale Ausdrücke anzugeben.

Während wir englische Entsprechungen zu den Schlagwörtern in unserer Nationalbibliographie hinzufügen, versuchen wir die wichtigsten Empfehlungen der LC-Sachkatalogisierungsrichtlinien einzuhalten, aber dies ist für uns eine echte Herausforderung. Wir hoffen, dass sich die Lage nach der Einführung des neuen ALEPH-Systems verbessert, vor allem wenn wir dann Z39.50 nutzen können.

Dies soll verdeutlichen, dass wir internationalen Standards nicht ausgewichen sind, auch wenn wir sie nur langsam übernommen haben. Glücklicherweise hat die Übernahme in keiner Weise unserer nationale Identität geschadet. Ganz im Gegenteil: Als wir die ersten Aufnahmen tschechischer Publikationen durch amerikanische Bibliotheken sahen, gefielen uns einige der Datensätze überhaupt nicht. Nun steuern wir unsere eigenen Aufnahmen tschechischer Veröffentlichungen zum WorldCat bei. Diese Zusammenarbeit bringt Offensichtlicherweise beiden Seiten Vorteile. Unser Beitrag ist ein Aktivposten und andererseits sind wir in der Lage, Aufnahmen ausländischer Titel zu importieren, was wirtschaftlich gesehen ein großer Vorteil ist. Wir müssen ausländische Dokumente nicht länger selbst katalogisieren und können uns stattdessen auf tschechische Publikationen konzentrieren. Auf diese Weise werden internationale Standards wesentlich besser angewandt, was wiederum unsere Kenntnis der Standards verbessert. Wir betrachten dies nicht als Verlust nationaler Identität, sondern als ein Argument, um nationale Klischees aufzugeben. Oder sind dies gar nicht nationale, sondern vielleicht sogar internationale Klischees, in dem Sinn, dass Katalogisierer auf der ganzen Welt keine Veränderung mögen? Während der gesamten Diskussion um die Einführung internationaler Standards herrschte das unterschwellige Gefühl, so viel wie möglich vom Altbewährten erhalten zu müssen.

Ein wesentlich ernsteres Problem, das die Bejahung internationaler Standards erschwert, ist die Tatsache, dass es keine wirklich internationalen Standards gibt. In diesem kritischen Augenblick wäre es für alle einfacher internationale Standards so anzunehmen wie sie sind, wenn sie tatsächlich international wären (und nicht nur für den anglo-amerikanischen Teil der Welt). Dies würde gewährleisten, dass weder Konvertierungen noch Abgleiche zwischen verschiedenen sogenannten "internationalen" Standards nötig wären.

Im 21. Jahrhundert sollte dies Realität werden, wenn Katalogisierer unter dem gleichen wirtschaftlichen Druck wie andere Bereiche auch, dazu gezwungen sind wirklich internationale Standards zu entwickeln und einzuhalten. Niemand wird dann die Motivation besitzen lokale Regeln zu entwickeln und zu pflegen und niemand wird dann in einem "internationalen" Format (MARC21) nach Lösungen suchen, um sie dann in ein anderes "internationales" Format (UNIMARC) zu integrieren. Zur Zeit ist genau dies jedoch oft der Fall wenn elektronische Daten ausgetauscht werden. In der Regel erfordert der Austausch auch eine Konvertierung mit mehr oder weniger Aufwendiger Nachbearbeitung. Wie lange es dauert, bis diese Version Wirklichkeit wird, hängt von der wirtschaftlichen Lage, der internationalen Zusammenarbeit und den Wünschen der Nutzer an ihre Bibliotheken ab.

Die laufende tschechische Nationalbibliographie seit 1994 ist auf CD-ROM und über das Internet durch die Datenbanken der tschechischen Nationalbibliothek oder CASLIN, dem tschechischen Verbundkatalog, zugänglich. Die Datensätze sind zudem Teil von WorldCat. Alle maschinenlesbaren Datensätze seit 1983 wurden nach UNIMARC konvertiert und sind auf die gleiche Weise verfügbar. Und wie steht es mit den älteren Datensätzen?

 

Retrospektive Konversion

Ende 2000 wird das wichtige Projekt "Weltweite Zugänglichkeit zur tschechischen Buchproduktion des 20. Jahrhunderts" voraussichtlich abgeschlossen sein. Seine Ergebnisse sind jetzt schon über das Internet und auf CD-ROM zugänglich. Die meisten der ca. eine halbe Million Datensätze, die tschechische Drucke ab 1922 nachweisen wurden aus dem gedruckten Bibliographischen Verzeichnis importiert. Es gibt jedoch Einträge in einigen anderen Bibliographien aus den ersten Jahrzehnten des Jahrhunderts, die ebenfalls einbezogen werden. Die meisten Einträge des Bibliographischen Verzeichnisses sind detaillierte Beschreibungen, die zusätzliche Verweisungen, Schlagwörter, UDK-Notationen und oft sogar Anmerkungen enthalten. Von einem internationalen Standpunkt gesehen bedeutet dies einen wichtigen Beitrag zu den UBCIM und UAP-Programmen, wobei die Datensätze auch über die WorldCat-Datenbank von OCLC verfügbar sind. Auf der nationalen Ebene bedeutet die online-Verfügbarkeit dieser Datensätze, dass in vielen tschechischen Bibliotheken eine wesentlich schnellere und billigere elektronische Erfassung des Altbestands durchgeführt werden kann. Neun große Bibliotheken Tschechiens nehmen an dem Verbundprojekt Teil, wobei jede einen Teil des gedruckten Bibliographischen Verzeichnisses umsetzt. Die Ergebnisse verringern dann für jede Bibliothek die Zahl der Katalogkarten, die noch umgesetzt werden müssen. Durch dieses Projekt wird am Ende des 20. Jahrhunderts die Mehrheit der tschechischen Publikationen (d.h. die als Pflichtexemplare an die Nationalbibliothek abgeliefert wurden) dieses Jahrhunderts als UNIMARC-Datensatz nachgewiesen sein (ebenso im WorldCat in MARC21). Dieses Gemeinschaftsunternehmen war nur durch die anfängliche finanzielle Hilfe der Andrew W. Mellon Stiftung möglich, die später durch unser eigenes Kulturministerium übernommen wurde.

Technisch wurde ein spezielles Verfahren für dieses Projekt entwickelt, das aus drei Schritten besteht:

  • Schritt 1 - Scannen: Die Seiten der gedruckten Bibliographie werden mit modernster Technik gescannt, da hochauflösende Bilder die Voraussetzung für die Nachbearbeitung darstellen.

  • Schritt 2 - OCR: Durch OCR werden die gescannten Bilder in unstrukturierten ASCII-Text umgewandelt

  • Schritt 3 - Strukturierung (Tagging): Abschließend wird der unstrukturierte ASCII-Text nach UNIMARC konvertiert. Abhängig von der Lesbarkeit des Originals, kann die Strukturierung automatisch mit Hilfe eines speziellen Algorithmus durchgeführt werden. Alle Datensätze, die nicht so behandelt werden können werden manuell bearbeitet. Dies wird durch spezielle Software unterstützt.

Course of Retroconversion

ProTag

 

Abschließende Bemerkung

In diesem Papier, das sich mit der tschechischen Nationalbibliographie im internationalen Zusammenhang beschäftigt, wurde hauptsächlich über die Einführung internationaler Standards im Bereich der Formal- und der Sacherschließung berichtet. Bezüglich internationaler Standards begannen wir vor zehn Jahren fast bei Null und heute ist die tschechische Nationalbibliographie für das 20. Jahrhundert über das Internet durch die Datenbanken der Nationalbibliothek (auch über Z39.50 nach der Einführung von ALEPH500), im Verbundkatalog CASLIN und im WorldCat verfügbar. Die Daten liegen in UNIMARC und MARC21 vor. Seit 1995 wird die Formalkatalogisierung in Anlehnung an die AACR2 durchgeführt und seit 1999 werden die Datensätze nach UDK-MRF klassifiziert und durch LCSH-Schlagwörter in Englisch und Tschechisch erschlossen. Bibliographische Nachweise für gedruckte Zeitschriften und Serien sind ebenso enthalten wie nicht-Buch-Materialen, Karten und elektronische Ressourcen (mit lokalem oder Netzzugriff). Darüber hinaus wurde begonnen die bibliographischen Datensätze mit Normdaten im UNIMARC-Format zu verknüpfen.

Die Daten der tschechischen Nationalbibliographie werden zunehmend stärker durch in- und ausländische Bibliotheken genutzt. Es gibt zwar keine nationalen Standards mehr, aber dies beeinträchtigt nicht unsere nationale Identität. Wir sind im Gegenteil jetzt für die bibliographische Kontrolle tschechischer Veröffentlichungen in allen Formaten verantwortlich - nicht nur theoretisch, sondern in der Praxis, da die Daten der tschechischen Nationalbibliothek heute in vielen ausländischen Bibliotheken anstelle von eigenen Katalogisaten verwendet werden.

 

Literaturhinweise:

  1. ASNB-K : provadeci projekt automatizovaneho systemu ceske knizni narodni bibliografie. - Praha, Statni knihovna CSR, 1983

  2. Modularni automatizovany knihovnicky system. - Praha : Statni knihovna CSR, 1989. - 7 modules

  3. ISBD(G) : Vseobecny mezinarodni bibliograficky popis. - Praha : Narodni knihovna, 1993

  4. Vymenny format pro bibliograficky (dokumentacni) a katalogizacni zaznam. - Praha : Statni knihovna CSR, 1989

  5. Pravidla jmenneho popisu : verze 0.2 / Hana Vodickova ... [et al.]. - Praha : Narodni knihovna v Praze, 1992

  6. Zaznam pro souborny katalog. - Praha : Narodni knihovna v Praze, 1994

  7. Anglo-americka katalogizacni pravidla / American Library Association.- Praha : Narodni knihovna Ceske republiky, 1996

  8. UNIMARC manual : bibliograficky format / IFLA. - Praha : Narodni knihovna Ceske republiky, 1996

  9. UNIMARC/autority : univerzalni format pro autority / IFLA. - Praha : Narodni knihovna Ceske republiky, 1996.

  10. AACR2R/UNIMARC : schvalene ceske interpretace. Verze 2 (leden 1999) [http://www.nkp.cz/standard/def_int.htm]

  11. UNIMARC in Czech libraries / Edita Lichtenbergová, Bohdana Stoklasova [paper for the 64th IFLA General Conference, 1998] [http://ifla.inistr.fr/IV/ifla64/079-161e.htm]

  12. Guidelines for subject authority and reference entries / IFLA. - München : Saur, 1993

  13. Subject cataloging manual: subject headings / Library of Congress. - 4th ed. - Washigton, D.C. : Library of Congress, 1991

  14. Library of Congress subject headings : principles and application / Lois Mai Chan. - Englewood : Libraries Unlimited, 1995

  15. Retrospective conversion in Czech libraries / Bohdana Stoklasova, Miroslav Bares. -- Praha : Narodni knihovna, 1995

  16. Retrospective conversion in Czech libraries / Bohdana Stoklasova, Miroslav Bareš // International conference on library automation in Central and Eastern Europe. - Luxembourg : European Commission, 1997. -- s. 195-206

  17. Retrospective conversion at the National Library of the Czech Republic / Bohdana Stoklasova // 26. ABDOS-Tagung : Referate und Beiträge. -- Band 22 (1997), s. 134-141

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Latest Revision: July 14, 2000 Copyright © 1995-2000
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