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66th IFLA Council and General
Conference

Jerusalem, Israel, 13-18 August

 
 


Code Number: 084-152-G
Division Number: III
Professional Group: Libraries for Children and Young Adults
Joint Meeting with: -
Meeting Number: 152
Simultaneous Interpretation:   No  

Lese- und Bibliotheksbenutzungsverhalten von Schülern mit türkischer Muttersprache in Wien1

Bülent Yilmaz
Hacettepe University Faculty of Letters Department of Library Science
Beytepe-Ankara,
Turkey
E-mail: byilmaz@hacettepe.edu.tr


Einführung

Viele entwickelte Länder haben wegen ihres multikulturellen Gefüges ernstehafte Probleme. Sie alle versuchen diese zu lösen. Besonders wichtig ist dabei das Problem der kulturellen Anpassung von ethnischen Minderheiten, damit diese miteinander leben können. Alle Bemühungen, die Problemstellung der kulturellen Anpassung zu lösen, sollten mehrgleisig und auf lange Sicht erfolgen. Lese- und Bibliotheksbenutzungsgewohnheiten können als Faktoren gewertet werden, die eine wichtige Rolle im multikulturellen Gefüge eines Landes spielen.

Auswirkungen dieser Gewohnheiten auf die kulturelle Anpassung von Kindern werden im Allgemeinen am schulischen Erfolg und an der Sprachentwicklung gemessen. Sowohl Bildung als auch Sprache werden als wichtige Aspekte einer Kultur betrachtet. Mit anderen Worten ist Kultur ein Produkt aus Bildung und Sprache.

Laut Stadler (1980:330-331) kann Lesen

  • den Grundwortschatz von Kindern sowohl in der Muttersprache als auch in der Sprache des Gastlandes verbessern,
  • eine solide Grundlage für die grammatikalischen Fähigkeiten der Kinder in beiden Sprachen schaffen,
  • zum problemorientierten Denken in beiden Sprachen beitragen,
  • die Fähigkeit zur Kommunikation in beiden Sprachen erhöhen,

1Dieser Aufsatz basiert auf einer Untersuchung, die von Dr. Bülent Yilmaz und Kemal Cindi (Mag.) in Zusammenarbeit mit dem International Institute of Children Literature and Reading Research (Wien/Österreich) 1999 durchgeführt und durch das Kultusministerium in Wien unterstützt wurde.

  • und den Kindern helfen, die Verhaltensregeln und die Lebensart des Gastlandes zu erlernen. Kurz gesagt, all diese Punkte können direkt oder indirekt zur kulturellen Anpassung eine Kindes beitragen. Regelmäßiges Benutzen von Bibliotheken kann folgende Funktionen für die kulturelle Anpassungsfähigkeit übernehmen:
  • Interkulturelles Verständnis und zwischenkulturelle Beziehungen werden entwickelt.
  • Das zwischenkulturelle Miteinander wird erleichtert.
  • Die kulturelle Vielfalt wird gefördert.
  • Soziale Integration wird vorangetrieben.
  • Die sprachliche Entwicklung wird erzieherisch unterstützt.
Lese- und Bibliotheksbenutzungsgewohnheiten der Kinder von ethnischen Minderheiten in multikulturellen Gesellschaften müssen auf Grund der oben genannten Zusammenhänge als Hauptanliegen der nationalen Bildungs- und Kulturpolitik betrachtet werden. Das Ergebnis unserer Untersuchung betont die Bedeutung von Lese- und Bibliotheksbenutzungsgewohnheiten in Bezug auf die kulturelle Anpassungsfähigkeit von Kindern.

Ziele und Anwendungsbereich der Untersuchung

Die Hauptanliegen dieser Untersuchung sind
  1. die Probleme der Schüler2 bezüglich Lese- und Bibliotheksbenutzungsgewohnheiten im Detail festzustellen.
  2. die Auswirkungen dieser Gewohnheiten auf ihre Sprachentwicklung, ihren schulischen Erfolg und folglich auch auf ihre kulturelle Anpassung herauszufiltern.
  3. Vorschläge zur Problemlösung zu entwickeln.
Auswertungsmaterial wurde in sieben Grundschulen durch eine Fragebogenaktion zusammengestellt. Die Fragebögen wurden von 108 Schülern (4. Klasse), 94 Eltern, 17 Klassenlehrern, 7 Lehrern mit türkischer Nationalität, 7 Schulleitern, 12 öffentlichen Bibliothekaren und einem Schulbibliothekar in Wien ausgefüllt.

Von den 8.072.182 Einwohnern Österreichs wohnen 1.600280 in Wien. 9,1% der Einwohner Österreichs und 16,9% der Einwohner Wiens sind nicht-österreichische Bürger. Der Prozentsatz von türkischen Einwohnern, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, beträgt 1,8% für Österreich und 2,9% für Wien. 18,9% der Nicht-Österreicher in Österreich sind Türken. 17% dieser türkischen Bevölkerung leben in Wien.

2Diese Untersuchung bezieht sich auf Grundschüler.

Die Muttersprache von 13,6% der österreichischen Bevölkerung und 30,3% der Einwohner Wiens ist nicht Deutsch. Unter diesen beläuft sich der Prozentsatz der Bevölkerung mit der Muttersprache Türkisch in Gesamtösterreich auf 3.6%, in Wien auf 8,5%. Unter den Einwohnern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, haben 26,8% in Österreich die Muttersprache Türkisch, in Wien 27,7% (ÖSTAT 1998)

Ergebnisse dieser Untersuchung

Lesegewohnheiten der Schüler

Die Lesehäufigkeit ist ein wichtiger Gesichtspunkt für Lesegewohnheiten.

Häufigkeit %
Nichtleser 42.6
Ein Buch oder weniger in zwei Monaten 35.2
Ein Buch im Monat 15.7
Zwei Bücher oder mehr im Monat 6.5

Tabelle 1. Lesehäufigkeit der Schüler

Wie aus Tabelle 1 ersichtlich hat beinahe die Hälfte aller Schüler keinerlei Lesegewohnheiten. Fasst man die Prozentsätze derer, die überhaupt nicht lesen, mit denen zusammen, die ein Buch oder weniger in zwei Monaten lesen, so erreicht der Prozentsatz annähernd 80%. Der kleinste Prozentsatz entfällt auf die Vielleser.

Die Frage, auf welcher Sprache am liebsten gelesen wird, ergibt folgende Antworten:

Sprache %
Deutsch 48.4
Deutsch und Türkisch 45.2
Türkisch 4.8
Andere 1.6

Tabelle 2. Bevorzugte Sprache des Lesematerials

Tabelle 2 zeigt, dass der größte Teil der Schüler, die überhaupt lesen, deutschsprachige Bücher bevorzugen. Nur relativ wenige Schüler greifen ausschließlich auf türkischsprachiges Lesematerial zurück. Beinahe die Hälfte aller Schüler lesen gerne beide Sprachen. Lesen in zwei Sprachen wirkt sich positiv auf ihre kulturelle Anpassungsfähigkeit aus. Die wichtigste Ursache für den geringen Prozentsatz, den türkischsprachige Bücher hier erhalten, liegt wohl in der Schwierigkeit, diese überhaupt zu finden. Denn im Gegensatz dazu gibt es keine Schwierigkeiten, diese Bücher auf Deutsch zu erhalten.

In Tabelle 3 werden die Wege genannt, die von den Schülern genutzt werden, um ihre Bücher zu finden. Hier wird den öffentlichen Bibliotheken ihre Rolle für das Leseverhalten der Schüler zugewiesen.

Wo? %
Öffentliche Bibliothek 41.9
Handel 27.9
Freunde 12.9
Andere Wege 17.3

Tabelle 3. Wo finden Schüler die Bücher, die sie lesen wollen?

Man kann also sagen, dass eine Mehrheit der Schüler, die lesen, ihre Bücher in öffentlichen Bibliotheken ausleihen. Aber die öffentlichen Bibliotheken sollten versuchen, diesen Prozentsatz noch zu erhöhen. Es ist interessant, dass Schulbibliotheken nicht unter den Möglichkeiten genannt werden, da es in den meisten Schulen keine Bibliotheken gibt.

Die Bibliotheksbenutzungsgewohnheiten der Schüler

Es ist eines der Hauptanliegen unserer Untersuchung, die Art und Weise der Bibliotheksbenutzung der Grundschüler im Detail zu erfassen.

Benutzungshäufigkeit %
Nicht-Nutzer 63.9
Einmal im Monat 18.5
Einmal oder weniger in zwei Monaten 13.0
Zweimal oder häufiger im Monat 4.6

Tabelle 4. Häufigkeit der Bibliotheksbenutzung

Etwa zwei Drittel der Studenten besuchen nie öffentliche Bibliotheken. Die Zahl der Nicht-Nutzer zusammengerechnet mit denen, die nur einmal oder weniger in zwei Monaten eine Bibliothek besuchen, erreicht 77%. Die kleinste Gruppe ist die der Schüler, die die Bibliothek mehr als zweimal im Monat benutzen. Verglichen mit Tabelle 1 bedeutet dies, dass die Zahl der Nichtleser von den Nichtnutzern übertroffen wird und somit das Problem der Bibliotheksbenutzung schwerer wiegt. Warum die Schüler Bibliotheken aufsuchen, lässt auf die heutige Bedeutung von öffentlichen Bibliotheken schließen.

Ziel des Besuches %
Um Bücher auszuleihen 66.6
Um Zeitungen und Zeitschriften zu lesen 12.8
Um zu lernen, die Hausaufgaben zu machen 12.8
Um Nicht-Buch-Materialien auszuleihen (z.B. CD) 7.7

Tabelle 5. Ziel der Bibliotheksbesuche der Schüler

Gewöhnlich benutzen die Schüler die öffentlichen Bibliotheken, um dort Bücher auszuleihen. CDs und Kassetten auszuleihen ist nicht so üblich wie das Ausleihen von Büchern. Da viele Schüler zuhause kein eigenes Zimmer haben, wird die Bibliothek häufig zum Lernen benutzt.

Auf einen angemessenen Bestand an türkischsprachigem Lesematerial in den Bibliotheken sollte ein Augenmerk gerichtet sein.

Wie viel türkischsprachiges Lesematerial können die
Schüler in den öffentlichen Bibliotheken finden
%
Sehr wenig 54.6
Nichts 23.1
Das meiste 15.4
Alles 5.1

Tabelle 6. Vorhandensein von türksichsprachigem Lesematerial in Bibliotheken

Laut Tabelle 6 findet mehr als die Hälfte aller Schüler nur sehr wenige türkischsprachiges Lesematerial in öffentlichen Bibliotheken. Ein Viertel der Schüler kann überhaupt kein türkischsprachiges Buch auffinden. Der Prozentsatz der Schüler, die kaum oder keine Schwierigkeiten haben, ihr türkisches Buch auszuleihen, beträgt nur 20,5%. Ein anderer Punkt in unserer Untersuchung ergibt, dass die öffentlichen Bibliotheken nach IFLA-Maßstäben genügend türkischsprachige Bücher besitzen. Doch liegt das Problem in der Art des Lesematerials. Die Schüler geben an, dass gerade die Bücher nicht ermittelt werden können, die sie interessieren.

Lesehäufigkeit der Studenten im Zusammenhang mit dem geographischen Hintergrund ihrer Familien

Beeinflusst wird das kulturelle Gefüge der Schüler auch dadurch, ob ihre Familie aus einem städtischem oder ländlichem Umfeld stammt. Geographische Herkunft entspricht also auch dem kulturellen Hintergrund.

Geographischer Hintergrund der Familien
Lesehäufigkeit Land Stadt
Nichtleser 51.0 36.8
Zwei Bücher oder mehr im Monat 2.0 10.5

Tabelle 7. Lesehäufigkeit der Schüler nach geographischer Herkunft ihrer Familien

82,4% der Schülerfamilien stammen aus ländlichen Gegenden oder Kleinstädten. Die Tatsache der städtischen oder ländlichen Herkunft wirkt sich auf die Lesegewohnheiten der Schüler aus. Mehr als die Hälfte der Schüler, die überhaupt nicht lesen, stammt aus ländlichen Gegenden. Nur 2% dieser Schüler lesen sehr viel. Tabelle 7 legt dar, dass Schüler, deren Familien aus einem städtischen Umfeld kommen, mehr als die vorhergenannten lesen.

Wer bestärkt Schüler darin, zu lesen und Bibliotheken zu benutzen?

In Tabelle 8 werden die Personen aufgeführt, die die Schüler darin bestärken, zu lesen und Bibliotheken zu benutzen.

  Eltern Lehrer Niemand
Lesegewohnheit 18.5 21.3 39.8
Bibliotheksbenutzung 10.2 15.7 57.4

Tabelle 8. Wer bestärkt Schüler darin, zu lesen und Bibliotheken zu benutzen?

Weder Eltern noch Lehrer ermutigen die Schüler ausreichend, zu lesen oder Bibliotheken zu nutzen. Der Prozentsatz der Schüler, die keinerlei Unterstützung von Seiten der Eltern oder Lehrer erfahren, ist relativ hoch. Die Schüler werden von Eltern und Lehrern in ihren Bibliotheksbenutzungsgewohnheiten noch weniger ermutigt als in ihren Lesegewohnheiten. Die spiegelt sich auch in anderen Ergebnissen unserer Untersuchung wieder. Der Prozentsatz für Bibliotheksbenutzungsgewohnheiten ist niedriger als der Prozentsatz für Bücherlesen.

Lesegewohnheiten der Familien und ihre Auswirkungen auf die Schüler

Aus unseren erhobenen Daten geht hervor, dass 71,3% der Eltern keine Bücher lesen und 83% keine Bibliotheken benutzen. Die Auswirkungen sind aus Tabelle 9 ersichtlich:

Eltern
Schüler lesen nicht lesen
lesen nicht 60.0 -
lesen zwei oder mehr Bücher im Monat 1.8 33.3

Tabelle 9. Auswirkung der Lesegewohnheiten der Eltern auf die Lesehäufigkeit der Schüler

60% der Schüler, deren Eltern nicht lesen, lesen selbst auch nicht. Mit anderen Worten lesen die Schüler, deren Eltern lesen und diejenigen Schüler lesen nicht, deren Eltern nicht lesen. Keiner der Schüler, der nicht liest, hat Eltern, die lesen. Ein ähnlich gravierender Unterschied ist in der Lesehäufigkeit zu sehen. Die Lesegewohnheiten der Familien wirken sich also auch auf die Lesehäufigkeit der Schüler aus.

Lesen und schulischer Erfolg

Lesegewohnheiten sind nicht der einzige Faktor, der den schulischen Erfolg der Schüler beeinflusst. Aber unsere Daten zeigen, dass es einen bedeutungsvollen Zusammenhang zwischen beiden gibt.

Lesehäufigkeit Nichtbestehen der dritten Klasse in Prozent
Nichtleser 72.7
Zwei Bücher und mehr pro Monat -

Tabelle 10. Lesehäufigkeit und schulischer Erfolg

Während 72,2% der Schüler, die das Klassenziel der dritten Klasse nicht erreicht haben, nicht lesen, haben alle Schüler, die viel lesen, das Klassenziel erreicht.

Lesen und Sprachentwicklung

Lesen und Sprachentwicklung stehen zueinander in wechselseitiger Beziehung.

Deutschnote (dritte Klasse)Sehr gut Befriedigend
Nichtleser - 63.3
Zwei Bücher und mehr im Monat 37.5 2.0

Tabelle 11. Deutschnoten von Nichtlesern und Lesern.

Laut Tabelle 11 beeinflussen gute Lesegewohnheiten die Deutschnoten der Schüler positiv. Unter den Nichtlesern hat keiner, aber 37,5% der Schüler, die zwei Bücher und mehr im Monat lesen, die Note "sehr gut". Eine ähnliche Beziehung besteht zwischen Bibliotheksgebrauch und Deutschnote.

Deutschnote (dritte Klasse)Sehr gut Befriedigend
Nichtnutzer 4.3 49.3
Zweimal und mehr im Monat 60.0 20.0

Tabelle 12. Deutschnoten von Bibliotheksbenutzern und Nichtnutzern

Nur 4,3% der Nichtnutzer haben sehr gute Deutschnoten. Dieser Prozentsatz erhöht sich für die häufigen Benutzer auf 60%. Ähnlich lässt sich über die Note "befriedigend" aussagen. Tabelle 12 weist die bestehende Beziehung zwischen Bibliotheksbenutzung und Sprachentwicklung deutlich nach.

Der Einfluss des Fernsehens auf die Lesegewohnheiten der Schüler

Schon oft wurde in der Literatur der Einfluss des Fernsehens auf das Lesen Stoff von Diskussionen. Die in dieser Untersuchung ermittelten Daten werden in folgender Tabelle aufgeschlüsselt.

Lesehäufigkeit
Fernsehdauer am Tag Nichtleser Zwei Bücher und mehrim Monat
1-2 Stunden 13.6 57.1
3-4 Stunden 47.8 28.6
5 Stunden und mehr 32.6 -
Kein Fernseher 6.5 14.3

Tabelle 13. Die gegenseitige Beeinflussung von Fernsehen und Lesen.

In Tabelle 13 lesen 13,6% der Schüler, die ein bis zwei Stunden am Tag fernsehen, nicht. Dieser Prozentsatz erhöht sich auf 47,8%, wenn drei bis vier Stunden geschaut wird und auf 32,6% bei fünf und mehr Stunden. Während mehr als die Hälfte der Schüler, die nur ein bis zwei Stunden am Tag fernsehen, sehr viel lesen, gibt es niemanden, der sehr viel liest und mehr als fünf Stunden am Tag fernsieht. Basierend auf diesen Daten können wir sagen, dass Fernsehen das Leseverhalten der Schüler negativ beeinflusst.

Kulturelle Anpassung der Schüler

Um die kulturelle Anpassungsfähigkeit der Studenten zu erfahren, wurden sie gefragt, wo sie am liebsten wohnen würden. In beiden Ländern leben zu wollen wird als die beste Antwort in Hinsicht auf kulturelle Anpassungsfähigkeit gesehen.

Länder %
In Österreich und der Türkei 39.8
In der Türkei 27.8
In Österreich 18.5
In anderen Ländern 13.9

Tabelle 14. Wo möchten die Schüler gerne leben?.

Der höchste Prozentsatz der Schüler möchte in beiden Ländern leben. Dies ist ein sehr positiver Ausgangspunkt für den Grad der kulturellen Anpassung. Jedoch kann dieser Prozentsatz keinesfalls als sehr hoch gewertet werden. Denn addiert man die Zahlen der Schüler, die nur in Österreich oder nur in der Türkei leben wollen, zusammen, so ist diese Zahl höher als die der Schüler, die in beiden Ländern leben wollen.

Interessant ist, dass mehr Schüler in der Türkei leben wollen als in Österreich. Wir konnten durch unsere Fragebogen keine direkte bedeutsame Verbindung zwischen Lesegewohnheiten und kultureller Anpassung ermitteln. Doch dies war vorauszusehen, denn das Phänomen der kulturellen Anpassung ist sehr komplex und Lesegewohnheit ist nicht der einzige relevante Faktor. Aber die Ergebnisse, die die Beziehungen zwischen Lesegewohnheiten und schulischem Erfolg oder der Sprachentwicklung der Schüler betreffen, können als indirekte Verknüpfungen zwischen Lesegewohnheiten und kultureller Anpassung betrachtet werden, da Bildung und Sprache, wie schon oben erwähnt, wichtige Pfeiler einer Kultur sind.

Schlussfolgerung

Die wichtigsten Ergebnisse3 dieser Untersuchung sind folgende:
  1. Lese- und Bibliotheksbenutzungsverhalten der Schüler sind nicht ausreichend. Dies kann als ernstes Problem aufgefasst werden.
  2. Die Schüler greifen im Allgemeinen auf deutsche Bücher zurück. Sie haben zum Teil Schwierigkeiten, türkischsprachige Bücher in den Bibliotheken zu finden. Außerdem gibt es zu wenige türkischsprachige Bücher in Schulbibliotheken.
  3. Die Schüler leihen sich die Bücher aus Bibliotheken oder kaufen sie
  4. Die Schüler lesen am liebsten Geschichten oder Comics.
  5. Bibliotheken werden von den Schülern hauptsächlich aufgesucht, um Bücher auszuleihen.
  6. Die Bücher, die die Schüler gerne lesen wollen, sind sehr oft nicht auf Türkisch in den Bibliotheken zu finden. Doch bestehen keine Probleme, deutschsprachige auszuleihen.
  7. Der geographische Hintergrund der Schülerfamilien beeinflusst das Leseverhalten.
  8. Der Bildungsgrad der Familien ist niedrig. Dies ist ein anderer negativer Faktor, der die Bibliotheksnutzung der Schüler beeinflusst.
  9. Ein Großteil der Eltern liest keine Bücher und besucht auch keine öffentlichen Bibliotheken. Sie können somit nicht als Vorbild für ihre Kinder wirken, um dieses Verhalten zu fördern.
  10. Sowohl Eltern als auch Lehrer unterstützen die Schüler zu wenig im Lese- und Bibliotheksnutzungsverhalten.
  11. Fernsehen beeinflusst die Lesegewohnheiten der Schüler negativ.
  12. Es existiert eine bedeutsame Verbindung zwischen Leseverhalten und der Sprachentwicklung der Schüler.
  13. Lesen und Bibliotheksbesuche haben eine positive Wirkung auf den schulischen Erfolg der Schüler.
  14. Lese- und Bibliotheksnutzungsgewohnheiten beeinflussen indirekt die kulturelle Anpassung der Schüler.

3 Neben diesen wurden im Text andere wichtige Ergebnisse bereits ausgeführt. Für weitere Informationen sollte der eigentliche Forschungstext eingesehen werden.

Um richtige Lösungswege für diese Probleme zu finden,

  • sollten wir unsere gemeinsamen Anstrengungen mit Eltern und Lehrern verstärken,
  • sollten Schul- und Klassenbibliotheken, die zu wenig türkischsprachiges Lesematerial besitzen, mit ebendiesem ausgestattet werden,
  • sollten Türkischstunden in Grundschulen vermehrt angeboten werden. Die Lehrplänen sollten überarbeitet werden.
  • sollte die Ergebnisse dieser Untersuchung durch weitere Untersuchungen, die in anderen Ländern durchgeführt werden, gestützt und erweitert werden. Alle Ergebnisse sollten miteinander verglichen werden.

Literatur:

  • Mylopoulos, Chryss (1985) "Trends in multicultural programming", Canadian Library Journal 42(1): 23-25.
  • Österreichisches Statistisches Zentralamt (ÖSTAT) (1998) Bevölkerung JD 1997, Wien : ÖSTAT.
  • Stadler, Alois (1980) "Children of guest workers in Europe. Social and cultural needs in relation to library services", Library Trends 29(2): 325-334.

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Latest Revision: July 5, 2000 Copyright © 1995-2000
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