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66th IFLA Council and General
Conference

Jerusalem, Israel, 13-18 August

 


Code Number: 050-132-G
Division Number: II
Professional Group: Science and Technology Libraries
Joint Meeting with: -
Meeting Number: 132
Simultaneous Interpretation:   No  

Die Auswirkungen der elektronischen Bibliothek auf das Bibliotheksmanagement - Das Experiment der Universitätsbibliothek einer technischen Universität

Nurit Roitberg
Elyachar Central Library, Technion-Israel Institute of Technology
Haifa, Israel
E-mail : roitberg@tx.technion.ac.il


Zusammenfassung:

Zusammenfassung: Parallel zur traditionellen Bibliothek wächst die elektronische Bibliothek sehr schnell. Die Wachstumsgeschwindigkeit wird von außerbibliothekarischen Faktoren diktiert. Die Biblio-theksverwaltung gerät unter den Druck, die geplanten Ziele schneller zu erreichen, neue Technologien anzuwenden und mit anderen in den Wettbewerb in einem Schlüsselbereich der Informationswelt einzutreten und in ihm die Führung zu übernehmen. Dieser Prozess belastet die Mitarbeiter und den Haushalt der Bibliothek ganz enorm.

Die Bibliothek muss ihre strategische Planung dauernd prüfen und anpassen und die Prio-ritäten ändern. Daraus ergibt sich, dass der Geschäftsgang geändert werden muss und die Bibliothekare neue und zusätzliche Aufgaben übernehmen müssen. Dies ist ein dynamischer Prozess, der fortlaufende Überprüfung erfordert.

Die Handhabung von Online-Datenbanken und von elektronischen Zeitschriften, die Migra-tion in ein neues integriertes Bibliothekssystem, die Verknüpfung von gedruckten und elektro-nischen Sammlungsbeständen, neue Forderungen der Benutzer bezüglich Hilfe und Anleitung, die Vermehrung der Internet-Dokumente für die Lehre beeinflussen das Bibliotheks-Manage-ment heute. Die Bibliothek muss sich den aktuellen Gegebenheiten stellen und damit umgehen können.

Die alte Hierarchie und die Aufteilung der Bibliothek in Abteilungen ist nicht länger ange-messen. Spezialisierte Arbeitsgruppen und spezielle Aufgaben-Zuweisungen können eine Ant-wort sein. Auch sollten die Beschäftigten auf der Basis ihrer spezifischen Kenntnisse und je nach ihrer Begeisterungsfähigkeit Anteil an der neuen Mission der Bibliothek haben. Visio-nen, Führung und eine neue Organisationskultur - gegründet auf dem Stolz auf berufliche Leistungen - sind nötig, um jemanden zu motivieren, Teil dieser Mission zu werden und sich den zusätzlichen Zielen mehr und mehr zu verschreiben. Im Zeitalter der elektronischen Bibliothek können die neuen Aufgaben so weit gehen, dass da-raus ein neuer Beruf oder eine neue Abteilung in der Bibliothek entstehen. In Bibliotheks-systemen, die mehrere Bibliotheken umfassen, sind manchmal grundsätzliche Veränderungen in der Bibliotheksverwaltung notwendig. Jetzt und in den kommenden Jahren muss das Biblio-theks-Management mit Flexibilität seine Aufgaben wahrnehmen, für die Teamarbeit und Be-geisterung die Schlüsselwörter sind.


Paper

Die Reorganisation einer Bibliothek, um neue Technologien anwenden und elektronische Do-kumente einbeziehen zu können, nennt man auch Re-engineering. Dieser Begriff vermittelt den Eindruck einer revolutionären Epoche, der Änderung von Einstellungen und Verhaltensweisen, des Übergangs zu neuen Technologien und der Errichtung eines neuen Bibliothekssystems, gegründet auf virtuelle Sammlungsbestände. Jedoch, im Gegensatz zur ursprünglichen Defini-tion von Re-engineering, die bedeutet, dass ein neues System ein altes ersetzt, wird die tradi-tionelle Bibliothek weder aufgegeben noch vernachlässigt, sondern fährt fort, sich Seite an Seite mit der elektronischen Bibliothek zu entwickeln. Die Bibliothek kauft und katalogisiert weiterhin Bücher und berät Leser, die persönlich in die Bibliothek kommen. Das Nebenein-ander der traditionellen und der elektronischen Dienstleistungen wird heute die Hybrid-Biblio-thek genannt.

Die neuen Aufgaben lassen sich nicht gleichmäßig in das alte Schema einordnen und die zu-sätzliche Arbeitsbelastung bei der Entwicklung und Handhabung der elektronischen Bibliothek passt nicht immer in die alte Abteilungsstruktur. Einige Arbeiten sind denjenigen in den tradi-tionellen Bibliotheksabteilungen vergleichbar, andere sind ganz neu. Generell erzeugt die elek-tronische Bibliothek viele zusätzliche Pflichten für die vorhandene Belegschaft.

Lizenzverwaltung elektronischer Zeitschriften hat einen starken Bezug zur Zeitschriften-Abtei-lung, ist aber eine zeit- und arbeitsintensive Tätigkeit. Die elektronischen Zeitschriften über Links mit der eigenen Homepage zu verknüpfen ist eine neue Aufgabe, die bisher überhaupt niemand wahrgenommen hat. Benutzerberatung erfolgt heute nicht nur persönlich, sondern auch über elektronische Kanäle. Zusätzlich zur bibliographischen Hilfe schließt dies technische Fragen mit ein. Die neuen Datenbanken und elektronischen Zeitschriften müssen von Bibliothe-karen regelmäßig auf ihren Inhalt, Daten-Format und Zugriffsmethoden hin durchgesehen wer-den. Das ist eine ermüdende Arbeit, ihr folgen die Aufbereitung von schriftlichen Erklärungen und Benutzer-Hinweisen für die neuen Dienstleistungen und die Gruppen-Einweisungen zur Benutzung der elektronischen Bibliothek. Darüber hinaus erfordert die Entwicklung und Be-treuung der Bibliotheks-Homepage, welche mehr und mehr das Herzstück bibliographischer Arbeit wird, zahlreiche Anstrengungen bei der Planung, Text-Generierung und der technischen Gestaltung.

Die Arbeit in einer Welt des ständigen Wandels bedeutet, sich ständig mit neuen Aufgaben, neuen Techniken und neuen Partnern auseinanderzusetzen, und dem ständigen Druck des Wettbewerbs, in dem man vorne sein und nicht zurückgelassen werden möchte. Die sich verän-dernden Prioritäten in der Bibliothek und bei den strategischen Plänen sind die eine Seite, aber die Erfüllung aller neuen Pflichten mit dem bisherigen Team ist die andere Seite des Problems.

Bezogen auf den Geschäftsgang sind viele Bibliotheken immer noch nach dem alten System or-ganisiert, welches auf den Abteilungen Erwerbung, Katalogisierung, Zeitschriften usw. beruht. Die Beschäftigten fühlen sich in diesem administrativen Rahmenwerk sicher, zumal viele einen festen unbefristeten Anstellungsvertrag und andere Privilegien haben. Die Pflichten und Hierar-chien in diesem System sind üblicherweise gut definiert.

Es ist schwierig, die alten Hierarchien und Pflichten zu ändern und es ist nicht ratsam, es zu tun bevor es wirklich nötig ist. Es gibt eine starke Legitimierung für die traditionelle Bibliotheksor-ganisation; für die Aufgabenfelder, die dem starken Wandel unterliegen, wird jedoch eine flexi-ble und dynamische Lösung benötigt. Darüber hinaus kann das, was heute passend erscheint, morgen schon nicht mehr angebracht sein. Bibliotheken haben bisher noch nicht genügend Er-fahrung zur Definition und quantitativen Einschätzung aller neuen Jobs, die mit der elektroni-schen Bibliothek entstehen. Einige der neuen Aufgaben werden das Entstehen einer neuen Ab-teilung zur Folge haben, andere werden vielleicht wieder verschwinden, wenn die spezielle Aufgabe einmal erledigt wurde. Deshalb kann nur eine differenzierte Herangehensweise die Bi-bliothek in die Lage versetzen, die neuen Aufgaben zu erfüllen, ohne die gesamte Betriebsorga-nisation dramatisch zu verändern.

Die Lösung muss kein Teil der alten Hierarchie sein, kann diese aber ergänzen. Die Bibliothek kann ein paralleles Organisationsschema entwerfen, in das die Beschäftigten neu eingeordnet werden unabhängig von ihrem Platz in der traditionellen Hierarchie. Spezielle oder auch stän-dige Aufgaben können Personen mit der entsprechenden Qualifikation und Fähigkeit zugewie-sen werden, wenn sie die Begeisterung aufbringen, mehr als unbedingt nötig zu tun und sich in die neuen und zukunftsweisenden Entwicklungen einbringen wollen. Es ist häufig so, dass die Übernahme der Verantwortung für eine neue Aufgabe ihren Lohn in sich selbst trägt, weil sie eine berufliche Weiterentwicklung bedeutet, Ansehen bei der Bibliotheksleitung und den Stolz auf das selbst Erreichte beschert.

Die Vorbedingung eines solchen Verfahrens ist die richtige Organisationskultur mit neuen Werten. Die Schaffung einer angemessenen Bibliothekskultur erfordert Investitionen in die Fortbildung der Mitarbeiter zur Erlernung der neuen Techniken und das dauernde Up-to-date-Halten derselben. Die meisten Bibliotheken haben nicht genug - wenn überhaupt - zusätzliche Stellen, um die neuen Aufgaben einer elektronischen Bibliothek wahrnehmen zu können. Wenn sie neue Stellen erhalten, werden diese für die technische Bewältigung der Aufgaben verwen-det, d.h. es werden Ingenieure, Informatiker usw. eingestellt. Aber die fachliche Arbeit, die er-forderlich ist, um aus einer traditionellen eine elektronische Bibliothek zu machen, muss von dem vorhandenen Mitarbeiterstab geleistet werden. Der Computer oder PC mit der entspre-chenden Software ist ein grundlegendes Werkzeug und die Bibliothekare müssen ihre Fähigkeit trainieren, ihn ständig zu benutzen. Die Zusammenarbeit von erfahrenen Bibliothekaren, die sich mit der modernen Technik gut auskennen, mit den Kollegen, die eine Einzelaufgabe aus-führen oder im Team arbeiten, ist der Schlüssel zu Erfolg und Fortschritt.

Das Technion - Israel Institute of Technology ist eine technische Universität und ein For-schungsinstitut, gelegen in Haifa. Es hat eine Zentralbibliothek und zwanzig Abteilungsbiblio-theken, die als bibliothekarische Einheit operieren. Die elektronische Bibliothek wurde in der Zentralbibliothek für den gesamten Campus entwickelt und wird dort gepflegt.

In der Zentralbibliothek haben ranghöhere Bibliothekare freiwillig persönliche Verantwortung übernommen, zu der sie nicht verpflichtet waren. Die Leiterin der Katalogabteilung erstellt die Links für die elektronischen Zeitschriften auf der Homepage der Bibliothek, die Leiterin der Erwerbungsabteilung kümmert sich um die Linzenzverwaltung der elektronischen Zeitschrif-ten. Die Leiter von Benutzungsabteilung, Katalogisierung und Erwerbung bilden das Bearbei-ter-Team für die Bibliotheks-Homepage. Der Auskunfts-Spezialist klassifiziert elektronische Zeitschriften, und der Bibliothekar der Benutzungsabteilung übernimmt verschiedene vorberei-tende Aufgaben bei der Entwicklung der elektronischen Bibliothek. Sogar das Sekretariat ist eingebunden, indem es Informationen zu elektronischen Medien aktualisiert.

Das war zunächst gar nicht so geplant, aber es ergab sich als Resultat eines fortlaufenden Prozesses, der mit der Problemstellung begann, sich fortsetzte in Diskussionen mit leitenden Bibliothekaren und mit dem Versuch, praktische Lösungen mit dem vorhandenen Personal zu finden. Die Diskussionen behandelten Punkte wie: Probleme der Verbesserung der Homepage und der elektronischen Dienstleistungen für die Abteilungsbibliotheken, Katalogisierung elek-tronischer Zeitschriften, die Verknüpfung des Bibliothekskatalogs mit der Bibliotheks-Home-page, technische Probleme, die das integrierte Bibliothekssystem betrafen, die lokalen Daten-banken und anderes. Viele Probleme konnten in kreativer und effizienter Weise gelöst werden, andere konnten noch gar nicht gelöst werden. Zu diesem Prozess gehörte auch das Fehler-machen und die Korrektur derselben. Das wichtigste Ergebnis war ein Gefühl für Partnerschaft und gemeinsame Verantwortung im Leitungsteam und die Freude über den gemeinsamen Er-folg und der berufliche Stolz darauf.

Bibliothekare aller Laufbahnen wurden ermutigt, Kurse zu belegen, die ihre Computer-Kennt-nisse und Qualifikationen verbesserten. Solche Kurse wurden in Zusammenarbeit mit der Tech-nion Personalabteilung für Bibliothekare - manchmal auch zusammen mit anderen Technion-Beschäftigten - organisiert. In-house-Kurse zu speziellen technischen Fragen wurden von tech-nischen Mitarbeitern der Zentralbibliothek ab und zu für Bibliothekare veranstaltet. Alle Biblio-thekare der Zentralbibliothek benutzen PCs auf dem neuesten technischen Standard.

Vision und Führung

Die Bibliotheksverwaltung hat begriffen, dass sie sich an eine Situation des fortdauernden Wandels anpassen muss. Die Geschwindigkeit der Entwicklung wird stark von außerbibliothe-karischen Faktoren bestimmt: viele neue Datenbanken und neue elektronische Zeitschriften werden laufend auf dem Markt angeboten, manchmal mit mehreren Benutzeroberflächen und es ist viel Mühe erforderlich, bevor eine Entscheidung über die neuen Produkte gefällt werden kann. Die Phasen der Vorbereitung für die Implementierung einer neuen Version des integrier-ten Bibliothekssystems werden immer länger und danach dauert es, bis alles in Routine läuft. Die Hardware der Bibliothek muss in Folge des technischen Fortschritts upgedated werden, neue netzbasierte Unterrichtsmaterialien der Universität müssen zugriffsfähig sein und in der virtuellen Bibliothek bereit stehen; Benutzerschulung wird in größerem Maßstab und verschie-denen Formen erforderlich.

Bibliotheksdirektoren stehen unter Druck, die Ziele viel schneller zu erreichen, um im Wettbe-werb mit den anderen auf dem Feld der Informationswelt zu bestehen. Das Management der elektronischen Information ist ein Prestige-Faktor und um auf diesem Gebiet eine Führungs-rolle zu spielen, muss die Bibliothek die Initiative ergreifen und neue Projekte in Zusammen-hang mit ihren Dienstleistungen starten. Die Bibliothek wird der Spezialist für Netzwerk-Infor-mationen, besonders für das Angebot verschiedener Dienste mit einheitlicher Oberfläche für die Benutzer des Campus-Netzwerks.

Jedoch gibt es heutzutage in den Bibliotheken viel mehr Kenntnisse und professionelle Fähig-keiten, um die schnellen Entwicklungsschritte zu kontrollieren und sie in die benötigte Rich-tung zu lenken. Viele Bibliotheken haben schon ihre Kompetenz im Umgang mit neuen Tech-nologien und der virtuellen oder elektronischen Bibliothek unter Beweis gestellt. Bibliotheken können jetzt von einem kraftvollen Standpunkt aus agieren und werden nicht mehr von anderen herumgeschubst. Der Status der Universitätsbibliothek innerhalb der Universität und in den Augen der Informationsfirmen ist jetzt höher. Deshalb kann die Bibliothek viel mehr Einfluss auf die Entwicklungsschritte und -richtungen nehmen. Natürlich wird ein solcher Status nur erlangt, wenn man viel andauernde Arbeit, Ideen und Pläne investiert und indem man Fehler macht und sie korrigiert.

Viele Bibliotheken haben eine Führungsposition erreicht. Führung bedeutet mehr Chancen, um diejenigen künftigen Ziele zu erreichen, die die Bibliothek selbst setzt. Die Bibliothek sollte alle Anstrengungen unternehmen, diese Position zu halten, indem sie Visionen zu einem Werkzeug ihrer Verwaltung macht. Das bedeutet, dass alle neuen Initiativen und Ideen, die von den Mit-arbeitern selbst kommen, ermutigt werden und dass versucht wird, selbst die Zukunft zu ge-stalten, bevor andere darüber bestimmen.

Als Resultat der Entwicklung der elektronischen Bibliothek und auf der Basis der Leistung der universitären Bibliotheken ist die Gelegenheit dazu jetzt vorhanden. Nicht nur hat sich der Bibliothekarsberuf zu einer modernen Profession, führend in Technologie, gewandelt, die Bi-bliotheken haben auch ihre traditionelle Zusammenarbeit benutzt, um mächtige Konsortien zu gründen. Die Universitätsverwaltungen können nicht den Einfluss des Wandels, der durch die Bibliotheken in der akademischen Gemeinschaft erzeugt wurde, ignorieren. Bibliotheken sind jetzt Experten in netzbasierter Information und deshalb können sie auch andere verwandte Gebiete beeinflussen.

Am Technion wurde beschlossen, den technischen Zugriff auf die verfilmten Grundkurse zu ändern. Es gibt sie bis jetzt auf Video-Kassette und sie können auf einem nicht vernetzten Fernsehgerät in der Phonothek der Bibliothek betrachtet werden. Es wurde beschlossen, auf die DVD-Technik umzusteigen und die Information über das Campus-Netzwerk anzubieten und dafür einen speziellen Server einzurichten. Die Zentralbibliothek wurde von der Universi-tätsverwaltung gebeten, die Verantwortung für die audio-visuelle Sammlung in dieser neuen Form zu übernehmen. Die verfilmten Vorlesungen sind jetzt im Campus-Netzwerk über die Homepage der Bibliothek verfügbar.

Die Zentralbibliothek benutzt ihren Einfluss auch, um die zuständigen Verantwortlichen der Universität zu überzeugen, dass ein einheitlicher Kanon von Regeln für das Einbringen von Unterrichtsmaterialien ins Netz aufgestellt werden muss. Die praktischen Erfahrungen, die bei der Beobachtung des Benutzerverhaltens am PC-Pool der Bibliothek gesammelt wurden, dienen als Werkzeug bei der Identifizierung von zusätzlichem Bedarf der Studenten, der über die traditionellen bibliographischen Notwendigkeiten hinausgeht. Die elektronische Bibliothek kann nicht losgelöst von dem großen Spektrum anderer Aspekte, die Lehre betreffend, gesehen werden.

Die Bibliothek sollte immer die künftigen Entwicklungen verfolgen und Teil von ihnen werden. Versäumt sie das, kann sie "das nächste Ding" an die Wettbewerber innerhalb der Institution verlieren.

Zentralisierung versus Dezentralisierung

Die alte Debatte über Zentralisierung und Dezentralisierung hat sich erledigt, da sich die Ge-wichte eindeutig auf die Seite der Zentralisierung geneigt haben. Im Zeitalter der virtuellen Information hat der physische Standort der Information keine Bedeutung, es hat aber große finanzielle und bibliographische Vorteile, zu vereinheitlichen und anzupassen. Bibliotheken brauchen mehr Macht, um bei Verhandlungen mit den Verkäufern der elektronischen Infor-mation erfolgreich zu sein. Manchmal bevorzugen die Verkäufer selbst den Verkauf der elek-tronischen Information an größere Einrichtungen. Die Wiedergeburt der Konsortien in ihrer modernen Form ist ein direktes Resultat dieses Prozesses.

Das Problem der Dezentralisierung ist meist ein institutionelles Problem. Während Bibliotheken gern auf nationalem oder regionalem Niveau kooperieren, fällt es ihnen schwer, dies auch in-nerhalb einer Institution zu tun. Im elektronischen Zeitalter bedeutet Kooperation viel mehr als Leihverkehr und Erwerbungsabsprachen. Sie bedeutet den Verlust von Unabhängigkeit. Fort-schritt basiert viel mehr auf Zentralisierung als auf Kooperation. Kooperation ist jedoch ein wertvolles Werkzeug, um Zentralisierung zu erreichen. In einem verteilten universitären Biblio-thekssystem sollten elektronische Datenbanken und elektronische Zeitschriften nur einmal ge-kauft werden und über das Universitäts-Netz für alle Leser im Zugriff sein. In Wirklichkeit ist Effizienz nicht das einzige Motiv, Prestige zählt ebenfalls und die Bibliothekare der Abtei-lungsbibliotheken geben das nicht gern her. Ein Hauptknackpunkt ist die Frage, wer die Home-page der Bibliothek und andere zentralisierte automatisierte bibliographische Systeme in einem dezentralisierten Universitäts-Bibliothekssystem kontrolliert. Freiwillige Zusammenarbeit zwi-schen den Bibliotheken des Campus kann nur einen Teil des Konflikts lösen. Eine amtliche zentralisierte Verwaltung der elektronischen Bibliothek kann sicherstellen, dass die finanziellen Investitionen, die in die Entwicklung der elektronischen Bibliothek geflossen sind, effektiv zum Vorteil aller Universitäts-Angehörigen genutzt werden.

Am Technion, zum Beispiel, gibt es zwanzig Abteilungsbibliotheken. Es existiert eine lange Tradition der Zusammenarbeit zwischen den Bibliotheken und die technischen Dienste (Erwer-bung, Haushaltsüberwachung, Katalogisierung, Klassifikation und Fernleihe) sind zentralisiert. Die Zusammenarbeit funktionierte für eine lange Zeit gut. Die Zentralbibliothek übernahm die Führung bei der Automatisierung der traditionellen Dienste in allen Technion-Bibliotheken. Die Abteilungs-Bibliothekare begriffen die Vorteile der automatisierten Systeme, fügten ihre örtli-chen Daten hinzu und als Ergebnis haben alle Technion-Bibliotheken nun einen Computer-Ka-talog und eine Leser-Datei. Als die Benutzungs-Dienstleistungen im wesentlichen auf der ge-druckten Information beruhten, genossen die Abteilungs-Bibliothekare das Prestige, ihren Le-sern eine wichtige Dienstleistung zur Verfügung stellen zu können.

Anfang der 90-er Jahre wurden in einigen Bibliotheken Stand-alone-CD-ROM-Datenbanken eingeführt. Der nächste Schritt war das Netzwerk. Die Zentralbibliothek übernahm die Ini-tiative und Führung und legte die wichtigsten Datenbanken auf das Campus-Netzwerk. Aber die netzfähigen CDs auf dem Campus-Netzwerk waren nicht die ideale Lösung. Sie konnten nur mittels eines PCs über das Novell Campus Netzwerk benutzt werden. Es gab Probleme mit anderen Computer-Typen. Mitte der 90-er Jahre, als die Internet-Technologie verfügbar war, beschloss die Zentralbibliothek, dieses als Rückgrat ihrer bibliographischen Dienste zu be-nutzen. Es wurde die Homepage der Bibliothek geschaffen und die Datenbanken wurden auf sie verlinkt, indem ihre IP-Nummer zur Identifikation benutzt wurde, man brauchte nun keine Benutzerkennung und kein Passwort mehr für den Zugriff. Alle Technion-Computer konnten diesen Dienst über das Campus-Netzwerk benutzen.

Als die elektronischen Zeitschriften zu erscheinen begannen, erlaubte die Zentralbibliothek keine privaten Absprachen zwischen den Abteilungsbibliotheken und den Verkäufern. Die Zen-tralbibliothek besorgte die Lizenzen für das gesamte Technion und verknüpfte die Zeitschriften mit ihrer Homepage. Zwischen der Homepage und dem Zentralkatalog wurden ebenfalls Links erstellt. Es gab Versuche der Abteilungsbibliotheken, unabhängige Homepages zu erstellen. Die Zentralbibliothek ermutigte dies für lokale Zwecke, aber nicht als paralleles System. Die Homepages der Abteilungsbibliotheken sind mit der Homepage der Zentralbibliothek verlinkt, die ihrerseits einen Link zur Homepage des Technion hat und die vollständige elektronische Bibliothek repräsentiert.

Um eine Dezentralisierung der elektronischen Sammlungen zu verhindern und um sicherzustel-len, dass die elektronische Bibliothek allen Campus-Angehörigen dient, wurde die Zentralbi-bliothek offiziell mit dem Management der elektronischen Bibliothek betraut. Die meisten elek-tronischen Zeitschriften und bibliographischen Datenbanken werden aus dem Haushalt der Zentralbibliothek erworben. Die Zentralbibliothek repräsentiert das Technion im Konsortium der israelischen Universitätsbibliotheken.

Technische Unterstützung in der Bibliothek

Der Umfang und der Grad der Automatisierung in modernen Universitätsbibliotheken zusam-men mit der Verantwortung der Bibliothek für Dienste des Campus-Netzwerks erzwingen eine größere Unabhängigkeit auf dem Gebiet der technischen Unterstützung. Es kann nur eine Teil-lösung sein, wenn sich die Bibliothek auf externe Hilfe oder auf die Dienste des Universitäts-Rechenzentrums verläßt. Obwohl die Lage in den verschiedenen Einrichtungen ganz unter-schiedlich ist, geht der Trend hin zu einer größeren Unabhängigkeit der Bibliotheken bei der Betreuung ihrer netzbasierten Informationsdienste. Tatsächlich sind Universitäts-Bibliotheken auch die technischen Kommandozentralen der elektronischen Bibliothek.

Universitätsbibliotheken haben heute eine große Anzahl von Endgeräten (Workstations). Die Technion-Bibliotheken haben etwa 300 und die Anzahl wächst. Die meisten oder sogar alle Mitarbeiter arbeiten an PC's und die Benutzungsdienste beruhen auf ihrem Einsatz. Fortschritt-liche Bibliotheken haben PC-Pools für ihre Benutzer eingerichtet. Die Betreuung und das Up-to-date-Halten einer so umfänglichen PC-Ausstattung erfordert ständige Arbeit. Zusätzlich gibt es Server und andere Kommunikations-Geräte in den Bibliotheken. Die Server, die in der Bi-bliothek stehen, bedienen bibliothekarische Informationssysteme, manchmal auch das integrier-te Bibliothekssystem. In der Technion Zentralbibliothek gibt es fünf Server für verschiedene Zwecke, z.B. für lokale Datenbanken, die Bibliotheks-Homepage und für den Backup. Der Bi-bliothekscomputer auf dem das integrierte Bibliothekssystem "Aleph" läuft, befindet sich aus historischen Gründen im Universitäts-Rechenzentrum. Um das Operating für all diese Systeme effizient durchführen zu können, sollte die Bibliothek eigenes technisches Personal haben: einen Ingenieur oder Informatiker. Die Bibliotheksmitarbeiter brauchen einen unmittelbar ver-fügbaren Ansprechpartner, wenn sie technische Probleme haben. Probleme der Bibliothek sind zunächst Sache des bibliothekseigenen technischen Mitarbeiters.

Kommunikation ist sehr wichtig. Bibliotheksdienstleistungen laufen über das Campus-Netz-werk, welches vom Universitäts-Rechenzentrum entwickelt und betreut wird. Die Verbindung zwischen der Universitätsbibliothek und dem Universitäts-Rechenzentrum ergibt sich aus all den Netzwerk-Definitionen und Netzwerk-Aktivitäten. Im Technion steht der Bibliotheks-Proxy-Server, der als Gateway zu externen Datenbanken und elektronischen Zeitschriften dient, im Universitäts-Rechenzentrum. Daher ist ständige Zusammenarbeit erforderlich, für die von Seiten der Bibliothek technisches Fachpersonal eingesetzt werden sollte.

Außer der Betreuung der IT-Endgeräte und den gerade erwähnten Kommunikations-Erforder-nissen ist die Bibliothek für ein ausgedehntes Web-Angebot zuständig und für die technische Hilfe für die Abteilungs-Bibliotheken, die Betreuung der Netzwerk-Benutzer und für die Ent-wicklung von Software-Lösungen, die das integrierte Bibliothekssystem nicht bietet. In großen dezentralisierten Bibliothekssystemen wie dem Technion muss ein dauernder Dialog zwischen den Mitarbeitern der Zentralbibliothek und den Ingenieuren des Lehrkörpers über Probleme bezüglich der technischen Ausstattung der Abteilungs-Bibliotheken stattfinden.

In der Vergangenheit hat sich die Bibliothek viel mehr auf die Dienstleistungen des Univer-sitäts-Rechenzentrums verlassen, wobei ein oder zwei erfahrene Bibliothekare als Koordina-toren dienten. Als später der Grad der Automatisierung in den Bibliotheken zunahm, wurde der Mangel an technischem Wissen zum Hindernis für die weitere Entwicklung. Das Internet er-öffnete neue Möglichkeiten, Belegschaftsmitglieder erwarben Wissen und Fähigkeiten. Um die netzbasierten Bibliotheksdienstleistungen auszuweiten und in sie investieren zu können, muss ein gewisses Niveau der technischen Betreuung gewährleistet sein.

Der Bedarf für eine technische Abteilung in der Bibliothek ist das Ergebnis der Entwicklung der elektronischen Bibliothek. Dieser Bedarf ist unabdingbarer als andere neue Aufgaben, die aus der elektronischen Bibliothek resultieren. Wenn die Bibliothek erst einmal einen eigenen Informatiker eingestellt hat, eröffnen sich ihr weitreichende Möglichkeiten für die Verbesse-rung der elektronischen Dienste. Die Bibliothekare können sich auf ein höheres Niveau tech-nischer Lösungen stützen. Wenn die Entwicklung der automatisierten Bibliotheksdienstleis-tungen fortschreitet, müssen auch mehr technische Probleme gelöst werden. In größeren Bi-bliothekssystemen ist eine Person nicht ausreichend und nach und nach werden mehr Leute in der technischen Abteilung beschäftigt.

Mögliche Veränderungen in der Zukunft

Die Veränderungen im Bibliotheks-Management und in der Struktur des Personals werden von der Entwicklung der elektronischen Bibliothek bestimmt. Es ist schwierig, den Charakter und die Geschwindigkeit bei der Entwicklung der elektronischen Bibliothek vorauszusagen, aber diese Faktoren werden die Zukunft der Bibliotheksorganisation entscheiden. Als Ergebnis des gegenwärtigen Standes der elektronischen Bibliothek werden bereits jetzt weniger Leute für die Fernleihe und den Dokument-Lieferdienst benötigt und über das Netzwerk steht dem Benutzer mehr Material zur Verfügung. Andererseits muss die Zeitschriften-Abteilung zwei parallele Systeme fahren, für gedruckte und elektronische Zeitschriften. Wenn die elektroni-schen Versionen die Papier-Ausgaben vollständig ersetzt haben werden, wird sich die Arbeits-belastung in der Zeitschriften-Abteilung erheblich vermindern. Bis jetzt ist aber noch der Zu-griff zu den älteren Jahrgängen elektronischer Zeitschriften ein ungelöstes Hauptproblem.

Die Vision einer Bibliothek mit nur noch wenigen Bibliothekaren erscheint nicht realistisch. Die Bibliothek wird ihr Fachpersonal weiterhin brauchen, aber dieses sollte sich darauf einrich-ten, von einem Arbeitsgebiet in ein anderes zu wechseln oder ständig neue zusätzliche Aufga-ben zu übernehmen. Höhere Qualifikation und dauernde Fortbildung sind entscheidend für effiziente Arbeit in der künftigen Bibliothek.

Die elektronische Information ist nicht billiger als die gedruckte. In Gegenteil sind größere Investitionen erforderlich. Die Bibliotheken erkennen die Vorteile von Kooperation und die Anzahl der Konsortien wächst. Die elektronische Bibliothek wird mehr und mehr ein Teil des virtuellen Campus und wird in die virtuelle Lehre integriert.

Übersetzt von Helga Schwarz, Berlin

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Latest Revision: May 7, 2000 Copyright © 1995-2000
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