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66th IFLA Council and General
Conference

Jerusalem, Israel, 13-18 August

 
 


Code Number: 034-130-E
Division Number: IV
Professional Group: Classification and Indexing
Joint Meeting with: -
Meeting Number: 130
Simultaneous Interpretation: No

Eine neue Klassifikation für das Fach Religion

Vanda Broughton
University College London,
London, UK


Abstract

Der Vortrag befasst sich mit allgemeinen Problemen der Klassifikation von Literatur über Religion wie der offensichtlichen, christlich geprägten Voreingenommenheit der bestehenden Verfahren, der raschen Vermehrung des Fachvokabulars und der unterschiedlichen Bedeutung mancher Begriffe in den verschiedenen Religionen und Kulturen. Die Möglichkeiten einer facettierten Klassifikation bei der Lösung einiger solcher Probleme werden untersucht und die neu überarbeitetet Klasse 2 der UDK wird mit Beispielen aus den Haupttafeln und praktischen Verbesserungen vorgeführt.


Paper

Die Klassifikation der Religion in den wichtigsten Allgemeinklassifikationen

In allen bedeutenden Allgemeinklassifikationen wird das Fachgebiet Religion detailliert erschlossen. Überall hat es den Status einer Hauptklasse, häufig ist es verbunden mit der Hauptklasse Philosophie und es schließt verwandte Themenbereiche wie Ethik, Okkultismus und Mystik mit ein oder steht nahe bei ihnen. In der Bliss Bibliographic Classification wird die Religion als Sozialwissenschaft behandelt, und das entspricht am ehesten dem Verständnis der Klasse, wie sie hier dargestellt wird.

Bei allen neueren Revisionen der Universalen Dezimalklassifikation (UDK) orientiert sich diese Klasse stark an der 2. Auflage der Bliss-Klassifikation, sowohl in der Struktur als auch im Vokabular. Dabei handelt es sich um eine Modifizierung des Vorschlags für eine Revision der Klasse 2, die im Jahrgang 1993 der Extensions and Modifications to the UDC publiziert wurde. Wenn letzterer auch einen nennens-werten Fortschritt gegenüber der bestehenden UDK darstellte, sowohl bei der Einführung einer Facettenstruktur als auch bei dem Versuch, die erhebliche römisch-katholische Orientierung zu relativieren, so fehlte doch die Konsequenz bei der Facettierung und auch eine starke Bindung an das Christentum blieb bestehen. Die jetzige Überarbeitung greift diese beiden kritischen Punkte auf und bietet eine deutlichere Berück-sichtigung der Facettierung und eine ausgewogenere Behandlung der Weltreligionen.

Das Problem der Voreingenommenheit bei der Klassifikation der Religion

Eine Hauptschwierigkeit bei der Konstruktion einer Klassifikation für religiöse Literatur ist es, vermeintliche oder wirkliche Voreingenommenheit gegenüber einer bestimmten Religion oder Konfession zu vermeiden. In einigen Fällen ist das unvermeidlich und nicht unbedingt unerwünscht; so zeigt z.B. die wichtigste Allgemein-Fachklassifikation für theologische Literatur, die publiziert wurde, die New York Union Theological Seminary Classification eine ausgeprägte römisch-katholische Orientierung - aber diese Klassifikation ist auch für römisch-katholische Bestände geschaffen worden und ihrem Inhalt angemessen. Ein System, das jedoch für eine universelle Verwendung gedacht ist, sollte so weit wie möglich von einer solchen Unausge-wogenheit entfernt sein und muss Vorkehrungen treffen, das zu vermeiden.
Voreingenommenheit zeigt sich oder ist zu erwarten in drei Hauptbereichen:
  • bei einer unlogischen Anordnung oder Unterteilung der Notationen, die ein System als dominierend erscheinen lässt,
  • beim Gebrauch eines Vokabulars, das sehr stark von einem System geprägt oder für es typisch ist,
  • bei einer unzureichenden Berücksichtigung von Teilaspekten in anderen Religionen, verglichen mit der Differenzierung in der favorisierten Religion.

Die Klassifikation von Religionen und Glaubensrichtungen

Grundlegend für die Klassifikation von religiöser Literatur ist die Klassifikation der Religionen und religiösen Systeme selbst. Es gibt eine große Zahl von Kriterien für die Zuordnung und Unterteilung der Systeme, von denen keine als ideal bezeichnet werden kann. Soziologische Klassifikationen können die Grundstruktur nach demographischen Kriterien anlegen, aber dies wird hier als Ordnungsprinzip verworfen, da statistische Daten wie die Zahl der Anhänger wenig aussagekräftig und dem Gegenstand nicht angemessen erscheinen.

Die von den meisten dokumentarischen Klassifikationen gewählte Form orientiert sich an der chronologischen Reihenfolge des Aufkommens in Verbindung mit ‚philosophischen' Gemeinsam-keiten, so dass z.B. die indischen Religionen oder die monotheistischen Glaubensrichtungen im Zusammenhang wiedergegeben werden. Ein Hauptproblem ist das Aufkommen ‚neuer' religiöser Bewegungen im 20. Jahrhundert, die jung an Jahren, aber alt in ihrem theologischen Gehalt sind. Deshalb sind diese Religionen, die aus älteren Glaubensrichtungen hervorgegangen sind, diesen zugeordnet; diejenigen, die eine substantielle Veränderung gegenüber allen bisherigen Systemen darstellen oder überwiegend eigenständig sind, werden als unabhängig betrachtet.

Es gibt kein Konzept für die Bewertung oder Priorität in der Anordnung der Religionen; alle werden als gleichwertig betrachtet, auch wenn sich dies nicht unbedingt in den Notationen spiegelt. Im Allgemeinen ist eine UDK-Notation durch ihre hierarchische Struktur aussagekräftig, der untergeordnete oder niedrige Status eines Themas zeigt sich an der Länge der Notation. Hier ist dies aber nicht der Fall. Durch die große Zahl von Religionen ist es nicht möglich, jeder eine kurze Notation zu geben. Die fünf Weltreligionen (Hinduismus, Buddhismus, Judentum, Christentum und Islam) haben zweistellige Notationen, andere haben längere bekommen.

Theoretische Probleme der Klassifikation von Religion: die Terminologie

Eine mögliche Voreingenommenheit gegenüber einer bestimmten Religion kann das Ergebnis des für ihre Beschreibung verwendeten Wortschatzes sein. Wenn ein Thema innerhalb einer Klasse behandelt wird, braucht man dazu bestimmte Ausdrücke aus der natürlichen Sprache, die unvermeidlich von kulturellen Assoziationen und damit von einem bestimmten Glauben geprägt sind. Im Fall der modernen europäischen Sprachen, in denen die meisten internationalen Informationen ausgetauscht werden, ist dieser Glaubenshintergrund das Christentum. Die Wörter, die für religiöse Vorstellungen im Englischen, Französischen, Deutschen oder Spanischen verwendet werden, basieren auf christlichen Ideen, und es ist fast unmöglich, neutrale Alternativen dazu zu finden.

Sich dieses Problems bewusst zu sein ist bereits ein Ansatz zu seiner Lösung, aber es ist sehr schwierig, eine solche Voreinstellung zu korrigieren, ohne sehr wortreiche längere Erklärungen eines Begriffs an die Stelle des Begriffs selbst zu setzen. Indem man in die Tafeln einer Klassifikation eine große zusätzliche Textmenge in Form von Beschreibungen des Begriffsum-fangs, Definitionen und Erklärungen einbringt oder die Einträge für das alphabetische Register vom Umfang her nicht mehr handhabbar macht, entstehen neue Probleme anstelle der alten, und man kommt nicht weiter.

Ein halbwegs befriedigender Kompromiss ist der Versuch, die Äquivalenz der Begriffe in verschiedenen Kulturen kenntlich zu machen. Auch wenn es keine absolute Entsprechung zwischen der buddhistischen Idee des Bodhisattva und der christlichen der Heiligkeit gibt, so nehmen sie doch in den jeweiligen Religionen denselben Platz ein; für die Zwecke einer Klassifikation können sie als Äquivalente betrachtet werden. Diesem Verständnis von der Variationsbreite bei gleichartigen Begriffen entspricht das Clustering ähnlicher (aber nicht unbedingt identischer) Ideen an einer Stelle. Auf diese Weise kann eine Klassifikation als Bindeglied zwischen kulturellen Konzepten verwendet werden, so wie sie als nicht-sprach-gebundenes Bindeglied oder als Standard zur Verbindung von sprachgebundenen Indexierungs-systemen fungiert.

Abbau von Einseitigkeit durch Verwendung von Facettenanalyse

Die Facettenanalyse ist ein wirkungsvolles Instrument zur Bestimmung der begrifflichen Struktur und zur Organisation des Vokabulars bei einem Thema. Sie ist auch bei der Koordinierung aller Aspekte der Facetten sehr wirkungsvoll und kann zur Schaffung gleichartiger Untergliederungen innerhalb einer Hauptklasse dienen (indem die zusammengesetzten Notationen systematisch konstruiert werden).

Innerhalb der Geisteswissenschaften eignet sich die Religion besonders gut für die Facetten-analyse. Das Vokabular bietet sich für eine Kategorisierung geradezu an, und die Facetten-struktur ist offensichtlich, wobei auch die Reihenfolge der Elemente eindeutig ist. Die Haupt-Facetten sind, in invertierter Form, die folgenden:

    Religion
      (Theory and philosophy)
        Religious concepts. Theological ideas.
          Religious belief
      (Evidences of religion). Sacred books. Scriptures
      (Agents) Persons in the subject
      (Operations)
        Social customs and practice. Social theology
          Ritual practice and observance
      (Processes)
        (Internal processes)
          Development
          Decline
        (External processes)
          Inter-faith relations
      (Parts)
        (Structure of religions)
          Religious hierarchy and governance
            Religious law
          Religious organizations. Associations
          Orders
          Sects and movements
      (Kinds)
        (Religions by various characteristics)
          Orthodox
          Liberal
      (Systems). Specific religions and faiths

Die neue Klasse Religion in der UDK

Die letzte Revision der Klasse 2 zeigt die oben dargestellte logische Struktur. Die Haupttafel besteht aus einer Aufzählung der System-Facetten, d.h. einer Auflistung der Weltreligionen. Die anderen Facetten sind in einer einzigen speziellen Hilfstafel enthalten, die durch die gesamte Klasse hindurch verwendet werden kann.

Die Notationsstruktur, die im Entwurf von 1993 verwendet wurde, erwies sich im Hinblick auf die Konsistenz in der Kataloganordnung als nicht günstig und war auch in der Handhabung schwierig. Ein einziger Facettenindikator (der Bindestrich), der allen Notationen aus den Hilfstafeln vorangestellt wird, ersetzt die bisherige Form.

Obwohl es dafür nicht viele Beispiele gibt, erlaubt die UDK die Aneinanderreihung von zwei oder mehr Begriffen aus einer speziellen Hilfstafel als Anhang an die Hauptnotation. Wenn, wie hier, wo die spezielle Hilfstafel das gesamte Vokabular eines Themas repräsentiert (unabhängig von der Haupt-Facette), kann sie als facettiertes, invertiertes und rückläufiges Klassifikationsschema für dieses Fach dienen.

Wenn mehr als ein Begriff mit einer bestimmten Religion verbunden wird, werden die Notationen dafür in absteigender Ziffernfolge angehängt, um die implizite Reihenfolge innerhalb der generellen Notationsstruktur einzuhalten.

Beispiele für die Synthese (unter Verwendung der vorläufigen Notationen):

  • Judentum 27 + Beschneidung -531 + Thorainterpretation -26 = 27-531-26
  • Hinduismus 23 + Mönchsorden -77 + Zölibat -452 = 23-77-452
  • Sikhismus 235 + Feste und Feiertage -56 + Essensriten und -rituale -422 = 235-56-422
  • Assyrische Religionen 252.3 + Neujahr -563 + Rituelles Theater -527 + Texte -2 = 252.3-563-527-2
  • Anglikanische Kirche 283 + Synode -73 + Einstellung zur Ehe -46 = 283-73-46
Es wird offensichtlich, dass eine Verwendung der Notationen in dieser Form einen hohen Grad an Spezifizität in Verbindung mit relativ kurzen Notationen ermöglicht.

Für Werke, die Themen aus der Hilfstafel in allgemeiner oder vergleichender Form behandeln (also im Vergleich zwischen mehreren Religionen oder ohne Bezug auf eine bestimmte Religion), können die durch den Bindestrich eingeleiteten Untergliederungen direkt an die Basis-Notation 2 angehängt werden (z.B. Mystik 2-58, Religiöse Ethik 2-41).

Um die Verwendung dieser innovativen Notationsstruktur zu erleichtern und um den Umgang mit dem sehr umfangreichen fachspezifischen Vokabulars zu ermöglichen, werden in der Veröffentlichung des Entwurfs für die Klasse 2 sehr viel mehr Beispiele für zusammengesetzte Notationen enthalten sein, als dies sonst in der UDK üblich ist. Man hofft, dass die religiöse und kulturelle Voreingenommenheit in dieser neu überarbeiteten Klasse auch dadurch verschwindet, dass die synthetischen Möglichkeiten des Systems und sein großes Potential bei der Darstellung komplexer Sachverhalte deutlich gemacht werden.

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Major religions of the world ranked by number of adherents
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Latest Revision: May 12, 2000 Copyright © 1995-2000
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