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Wenige Kilometer entfernt, hinter der Mauer im Westteil der Stadt strömen Massen in die Amerika-Gedenkbibliothek, Schlangen bilden sich vor dem Haus, ein Leser aus Ostberlin bringt am 9. November ein Buch zurück, das er im August 1961 ausgeliehen hat und wegen des Baus der Berliner Mauer nicht zurückbringen konnte.
Die Situation des ersten Tages verdeutlicht, was auch die Monate danach bestätigen: Romane westlicher Autoren, Illustrierte und politische Wochenzeitschriften, Autobücher, westdeutsches Recht und Verkaufsstrategien werden gefragt und sind nur im Buchhandel oder in den Bibliotheken im Westteil der Stadt erhältlich.
Und in den folgenden Wochen und Monaten keine große Veränderung dieser Situation, denn die Bibliotheken Ostdeutschlands haben nur Literatur, die plötzlich kaum noch Wert besitzt, aber kein Geld, neue Bücher zu kaufen.
Damit standen die Bibliotheken in Ostdeutschland vor grundlegenden Veränderungen:
Die Vereinigung kostet sehr viel - die ostdeutsche Wirtschaft, aus der die Steuereinnahmen kommen sollen, ist in einer Krise. Immer mehr Betriebe werden abgewickelt und die Mitarbeiter entlassen. Die Kommunen haben kaum noch Geld und reduzieren daher ihre Unterstützung dort, wo sie selbst entscheiden können, und das ist fast nur im kulturellen Bereich. Einige Bibliotheken können ihre Mitarbeiter nur noch jeweils für ein Jahr auf zeitlich befristeten Stellen beschäftigen. Es findet ein radikaler Personalabbau statt. Viele werden arbeitslos.
Für die Bibliotheken, die erhalten bleiben, werden die Organigramme der westdeutschen Partnerstädte übernommen, Arbeitsgebiete aller Mitarbeiter neu beschrieben und bewertet, aber aufgrund des Geldmangels wird dabei gespart. Leitungsstellen werden neu ausgeschrieben. Personelle Veränderungen in Hinblick auf neue Medien oder neue Technik werden kaum berücksichtigt. Es bleibt keine Zeit, wirklich neue Organisations- und Managementstrukturen zu entwickeln. Dadurch werden die Zuständigkeiten für Bibliotheken so vielfältig, wie sie sich über Jahrzehnte in Westdeutschland entwickelt haben und sie bleiben traditionell.
Nur wenige Bibliotheksmitarbeiter im Ostdeutschland haben gleich nach der Wende nach Leitungsverantwortung gestrebt. Dies sind vor allem diejenigen, die sich auch zuvor schon engagiert haben als Mitglieder der Staatspartei oder der Betriebsgewerkschaftsleitung, die Entscheidungen und Gestaltung gewohnt waren. Andere warteten ab, daß man sie fragt und bittet. Aber sie fordern keine Verantwortung oder Entscheidung. Im Gegenteil: manche ostdeutsche Kolleginnen übernehmen bewußt keine Verantwortung, weil sie die internen Strukturen zu gut kennen, besser als ein Neuer aus dem Westen. Vieles ist schwierig, weil alte Leiter und Parteimitglieder noch im Haus sind, weil alte Geschichten nicht vergessen sind und man sich bei Verantwortung um Geld und neue Technik und Rechtsvorschriften kümmern muß.
Viele ehemalige Leiter ostdeutscher Bibliotheken werden abgesetzt und ganz aus dem Dienst entfernt. Damit entfernt man ihre Kenntnisse über die Organisation. Die Stellen werden neu ausgeschrieben und die Leitungspositionen zunächst fast immer mit jungen und alten Direktoren aus Westdeutschland besetzt oder aus den ostdeutschen Bibliotheken selbst. Die Leiter, die bleiben, sehen sich Urteilen und Vorurteilen von anderen und aus der eigenen Bibliothek ausgesetzt.
Neuerungen und Veränderungen müssen die Bibliothekare zusätzlich zum privaten Leben auch im Beruf akzeptieren. Dabei stehen zeitweise ihre eigenen Stellen zur Disposition -sie müssen sich an vielen Bibliotheken noch einmal auf ihre Stelle bewerben, eine Stelle, die sie vielleicht 10 oder 20 Jahre ausgefüllt haben. Sie werden - zum Teil mehrfach - überprüft - sowohl auf Mitgliedschaft bei der Staatssicherheit als auch für die Bewertung ihres Arbeitsgebietes.
Papiere über Abschlüsse spielen eine wichtigere Rolle als die Tätigkeit, die man jahrelang erfolgreich ausgeübt hat. Alles wird auf der Grundlage des westlichen Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst genau überprüft. Ungerecht erscheint, daß diejenigen, die immer schon im alten Staatssystem gefördert wurden, auch im neuen System die besten Chancen bekommen, wenn sie umschwenken - denn sie haben die beste Ausbildung erhalten.
Diejenigen, die auch von Ausbildungschancen ferngehalten worden sind, haben auch im neuen System keine Möglichkeiten sich zu verbessern - es sei denn, sie beginnen eine weitere Ausbildung - allerdings ohne den Vorzug dafür von der Arbeit freigestellt zu werden und ohne die Sicherheit, nach dem erfolgreichen Studium auch eine entsprechende Stelle zu bekommen.
Der zuständigen Verwaltungsebene für die neue Direktion der Bibliothek kommt häufig selbst aus Westdeutschland und muß sich erst einarbeiten. Die föderative Dezentralisierung im Kulturbereich fördert eine sehr unterschiedliche Entwicklung bei den Bibliotheken. Ob sie Erfolg haben, kann von wenigen Faktoren abhängen:
Anleitung und Vorschriften des DDR-Ministeriums gelten nicht mehr. In Westdeutschland gibt es fachliche Empfehlungen, deren Umsetzung freiwillig ist. So kann nur durch Eigeninitiative und Engagement der einzelnen Bibliothek etwas erreicht werden. Informationen über die westdeutschen Empfehlungen gibt es fast nur über das Deutsche Bibliotheksinstitut, das während dieser Zeit eine äußerst wichtige Beratungsfunktion erhält und diese auch mit ehemaligen Mitarbeitern der Ostdeutschen bibliothekarischen Beratungsinstitute verstärkt. Empfehlungen und Beratungen sind für die Bibliotheken ganz freiwillig.
Neue Verordnungen gibt es nur noch von der Länderregierung oder der Stadt und sie beziehen sich auf rechtliche Beziehungen, wie Benutzungsbedingungen, Gebührenverordnungen oder die Leihverkehrsverordnung.
Auch öffentliche Bibliotheken, die sich wie in Rostock oder in Dresden verstärkt als positiver Standortfaktor für Sozialprobleme oder für die Innenstadtbelebung präsentieren, gewinnen im politischen Umfeld. Aber es ist viel schwieriger geworden, da Bibliotheken weniger wegen Erziehung und Kultur sondern zunehmend als wirtschaftlicher Faktor (z.B. Frequenzbringer für Geschäfte und Läden eines Stadtteils) wirken müssen. Damit werden an das Image der ostdeutschen Bibliothekare ganz neue Anforderungen gestellt.
Im Westen ist die Titelbreite groß und der Buchpreis hoch. In den Bibliotheken sollen mindestens 40 % der Bestände ausgetauscht werden, da sie nicht mehr aktuell sind. Die Leser fahren in nahegelegene westdeutsche oder westberliner Bibliotheken. Mit der Währungsunion wird ab Juni 1990 bis 1993 finanzielle Mittel aus einem Sonderprogramm der Bundesregierung für den „Bestandsaufbau Ost" zur Verfügung gestellt. Dublettengeschenke aus westdeutschen Bibliotheken werden geliefert, da auch ältere westliche Literatur nachgefragt ist. Nur wenige Bibliotheken, wie die Ernst-Abbe-Bücherei in Jena liefert eigene Dubletten zum Austausch nach Westdeutschland. Fast ausschließlich bleibt man passiv und muß sich beschenken lassen und entscheiden, was nicht mehr zu gebrauchen ist. In den Stadtbibliotheken findet so eine radikale Bestandsreinigung statt - aber es dauert bis 1998 bis die Bestände erneuert sind. Dann allerdings oft besser als in den westdeutschen Bibliotheken, da hier Etatkürzungen Bestandserneuerungen in dem Ausmaß nicht zulassen und viele Bestände aus den 70er Jahren bleiben. Auch die Universitätsbibliotheken erhalten Geld, um vor allen Dingen neue Lehrbücher für die Studenten kaufen zu können.
Die Bibliothekare müssen in einer Zeit der eigenen unsicheren Zukunft sich in völlig anderen Verlags- und Buchhändlerstrukturen orientieren, sowie aus einer Flut von Angeboten auswählen. Westdeutsche Verlage und Buchhändler machen dabei gute Geschäfte. So ist das Sonderprogramm auch als Wirtschaftshilfe für den Buchhandel zu verstehen.
Die Übergangszeit wird für Geschäfte auf Kosten der Bibliotheken ausgenutzt. So treten in den Verwaltungsbüchereien Schwierigkeiten bei der Versorgung mit der notwendigen Literatur auf, obwohl der Haushalt der Kommune Geld für Fachliteratur nachweist. In den Verwaltungsbüchereien arbeiten häufig Mitarbeiterinnen ohne fachliche bibliothekarische Ausbildung. Einige Verlage nutzen dies aus. Sie verkaufen den neuen Amtsleitern Auto-, Hunde- und Sportzeitschriften für ihre Privatinteressen, schließen Abonnements über Fernsehzeitschriften ab oder vermitteln teure Loseblattsammlungen zu eilig und schlecht zusammengestellten Rechtsproblemen. Ein bis zwei Jahre lang kann in Ostdeutschland alles verkauft werden. Kaum jemand weiß, daß der Etat für die fachliche Arbeit , für Rechtsliteratur und Amtsblätter bestimmt ist. Der Deutsche Städtetag und das Deutsche Bibliotheksinstitut beginnen mit intensiven Schulungen für die Verwaltungsbibliothekare. Sie sollen wieder den Zugriff auf „ihren" Etat im Amt erhalten, die Organisation und Kontrolle der Abonnements managen und sich die Kenntnis über den seriösen Buch- und Zeitschriftenmarkt aneignen.
Fortschrittliche EDV ostdeutscher Produktion ist plötzlich völlig veraltet, ehemalige Programmierkenntnisse nicht mehr gefragt. Kleine, schnelle Rechner, andere Programme, Datenbanken, Drucker sind auf dem Markt - was soll man kaufen, was nicht, wo gibt es dafür Fortbildung? Alle Probleme stellen sich gleichzeitig und intensiv und das Geld steht wie nie zuvor überall im Mittelpunkt, auch bei der Fortbildung.
Im Konsumbereich ändert es sich so schnell, daß Gegenbewegungen, wie Messen und spezielle Märkte für Ostprodukte eingerichtet werden. Im Umfeld der Bibliotheken verändern sich die Partner. Buchhandlungen werden verkauft, privatisiert und ändern ihr Personal. Verlage schließen, andere neue entstehen. Große westdeutsche Verlage überschwemmen den ostdeutschen Markt mit Werbung und Produkten. Die Kundschaft in den Bibliotheken fordert verstärkt das, worauf sie durch die Werbung aufmerksam gemacht wird. Aber eine Gegenbewegung fordern auch ein Zurückbesinnen auf alte DDR-Werte, als die Bibliotheken in ihren Ansprüchen und in ihrer Wichtigkeit für die Kultur Bedeutung hatten. Aber auch die westdeutschen Bibliotheken sehen stärker ihre Nachteile aus der Vereinigung - die Sparmaßnahmen für die Einheit, so daß sie keine neuen Bestände kaufen können und Personal einsparen müssen. Aus Ost und West wünschen sich manche die Berliner Mauer zurück.
Eine schwierige Situation entsteht, in der Nostalgie und Fortschritt stark aufeinanderprallen. Es ist eine Zeit der wirklichen Veränderungen, bei der das Bedauern, wieviele alte Strukturen und Zusammenhänge in beiden Teilen des Landes verändert werden, hochkommt. Und es wird Hoffnung verbreitet, vieles in die neue Zeit hinüberretten zu können.
Zu der westlichen Orientierung in den Inhalten kommt hinzu, daß in den großen ostdeutschen Bibliotheken häufig Leitungen aus dem Westen eingestellt werden. Bei kleineren Bibliotheken gibt es das auch, aber lange nicht so dominant. Die Kandidaten aus dem Westen kennen die neue EDV, sie haben damit gearbeitet, sie kennen neue Bibliotheksmaterialien der Zulieferer und vor allem die westliche Buchhandels- und Verlagspolitik. Am wichtigsten aber ist, daß sie die Rechtsvorschriften und das vorgeschriebene Haushaltshandeln kennen - auch wenn sich das alles eigentlich nicht so sehr von dem ostdeutschen unterschied.
Wenig Unterschied gibt es in den internen Organisationsstrukturen der Bibliotheken, die immer noch nach Erwerbung, Katalogisierung und Benutzung organisiert sind.
Bis 1998 wird noch versucht, einen ostdeutschen Bonus zu verteilen, der sich aber wenig auf die wichtigen Leitungspositionen auswirkt. Nur in bibliothekarischen Gremien wird auf Vertretung aus ostdeutschen Bibliotheken Wert gelegt, ein Minderheitenschutz eingeführt, andere Beiträge erhoben - bis ostdeutsche Bibliothekare selbst heute zunehmend diese Sonderbehandlung ablehnen und die echte Gleichberechtigung mit westdeutschen Kollegen einfordern.
Die Veränderung kommt von außen und wird wenig selbst gestaltet. Auch die Bibliothek ändert sich durch die äußeren Einflüsse. Woher soll da eine neue Identifikation kommen? Es ist schwieriger, als wenn man selbst die Veränderungen bestimmt. Auch bibliothekarische Leitung aus dem Westen kann bedeuten: Fremdveränderung und damit Probleme der Identifikation mit dem Neuen verursachen. Nur Veränderungen, die man selbst mitentscheiden und gestalten kann, können zu neuer Identifikation führen.
Viele neue Situationen ergeben eine Netz auch neuer Entscheidungsbefugnis, die Regeln unterworfen sind, die man kennen muß. Es besteht Angst vor Entscheidungen, die aus Unkenntnis fehlerhaft getroffen werden und schnell von den zuständigen Behörden entdeckt und kritisiert werden. Dies spielt auf der kommunalen Ebene bei den öffentlichen Bibliotheken eine stärkere Rolle, weil sie von ihren Verwaltungen direkter reguliert werden als die Hochschulbibliotheken und ihnen Entscheidungsbefugnisse, die sie in der Übergangszeit nach der Wende hatten, als vieles noch nicht neu geregelt war, wieder genommen werden. Ebenso wie die Entscheidungsverantwortung der Bibliotheksleitung nach außen sich erst in einen neuen Rahmen einfügen muß, so sind auch die internen Entscheidungsprozesse neu zu gestalten. Alte und neue Leitungsstrukturen existieren nebeneinander mit unterschiedlicher Entscheidungsfreude. Einige Strukturen in den Bibliotheken ermöglichen keine Entscheidungsverantwortung, anderseits wollen manche Mitarbeiterinnen keine Entscheidungen verantwortlich treffen.
Die Haltung, alle früheren eigenen Leistungen abzulehnen und alles westliche - im Buchbestand, im Kostenbewußtsein, beim Mobiliar und in der Technik blind zu akzeptieren - ist überwunden. Es wird neu beurteilt und man erkennt die eigenen Fähigkeiten stärker, gute Organisationsformen zu schaffen und selbst sinnvolle Veränderungen zu bewirken. Es wird deutlich, daß nicht mehr die Ost-West-Veränderungen bestimmend sind, sondern daß die allgemeine technische Entwicklung neue Anforderungen stellt, die erfüllt werden müssen. Aber es gibt auch eine Gruppe, die heute noch betont, daß nichts grundlegend verändert werden muß. Man kann feststellen, daß sich bis rund 20 % der ostdeutschen Mitarbeiterinnen aktiv für Veränderungen einsetzen und 20 % stark bewahrend sind. Die anderen 60 % machen mit, wenn es sich verändert hat.
Und damit ist eine Situation entstanden, die sich nicht mehr von den westdeutschen Bibliotheken, die sich ebenfalls den neuen Veränderungen durch technische Innovationen ausgesetzt sehen, unterscheidet. Auch dort findet man beide Gruppen, die Veränderer und die Bewahrer von alten Strukturen.
In ostdeutschen Bibliotheken eine neue Identität zu schaffen, ist nur möglich, wenn trotz des großen Umbruchs auch weiter Veränderungen und Neuerungen eingeführt werden. Dies bedeutet, daß man eingeübte Vorgänge auf neuer Basis lernen und akzeptieren muß, daß man Veränderungen und Neuerungen positiv für den Benutzer der Bibliothek einsetzt und ihm auch dabei hilft, sich den Veränderungen und Neuerungen der Bibliothek anzupassen. Wieder spielt die Weiterbildung eine entscheidende Rolle. Denn dies kann man nur realisieren, wenn man die fachliche und technische Kompetenz erlernt, die für die Veränderungen notwendig ist. Leider gab nur in den ersten Jahren nach der Wende Schulungsgelder für eine „Westanpassung", jetzt würden sie benötigt für die Beherrschung der technische Innovationen.
Modernisierung mit Personal und Technik bedeutet, im Veränderungsprozeß weiterzugehen, obwohl man gerade erst Jahre der Veränderung hinter sich hat. Gleichzeitig gibt es Einflüsse aus einem Umfeld mit hoher Arbeitslosigkeit und zunehmender Armut, durch finanzielle Schwierigkeiten der Bibliotheken, die den Schritt manchmal hoffnungslos erscheinen lassen.
Dennoch, aufbauend auf der Veränderungsbereitschaft in ostdeutschen Bibliotheken benötigt man Weiterbildung, um die neuen Medien und die neuen Prozesse beherrschen zu lernen. Die Schulung muß intensiv sein, damit man nicht so leicht in die schon bekannten Vorgänge zurückfällt. Veränderungen im organisatorischen Ablauf werden vielfach noch als reine „Elektrifizierung des alten Ablaufs" angesehen und Schulungen müssen die grundsätzliche Umstrukturierung - auch gepaart mit neuer Verantwortung vermitteln.
Als Gegentrend erscheint in Ostdeutschland immer mal wieder die Rückbesinnung auf die angeblich schöneren „alten Zeiten", in der noch für die Bibliothek gesorgt wurde. Eindeutig ist, daß mit der Wende die Dichte des Bibliotheksnetzes rapide reduziert wurde. Sehr viele kleine Lesestuben und kleine Bibliotheken auf dem Land aber auch Fahrbibliotheken und größere Zweigstellen des Leselands DDR wurden zugemacht. Es wird diskutiert, ob dadurch der Service besser oder schlechter wird, wenn er ökonomischer ist. Was bleibt, ist der Service für die Kunden, was sich verändert, ist, wie die neuen Dienstleistungen aussehen sollen.
Der neue Trend für Erfolg und Anerkennung fragt nach der Relation aus Kosten und Nutzen jeder Bibliothek. Hier muß man Stellung beziehen, um überleben zu können. Hier kann man nur überleben, wenn man Neuerungen erhält - neue Bücher, neue Medien, neue Technik, neue Möbel, denn die Ansprüche der Kunden sind gestiegen. Anerkennung erhält man, wenn man verbesserte Leistungen erbringt - gerade auch mit weniger Personal. Nur wer diesen Trend begreift und ihn mitlebt, kann überleben. Insoweit ist die Situation für alle ostdeutschen Bibliotheken viel härter, aber auch spannender als zuvor. Und deutlich sind vor allem mittlere Stadtbibliotheken in der Lage, wie Rostock, Berlin-Mitte oder Jena durch erweiterte Öffnungszeiten, Internet-Angebote und neue Medien diese Anerkennung in eine neue Identität umzusetzen.
Der Weg in die Zukunft ostdeutscher Bibliotheken ist ein Sprung, keine gemächliche Entwicklung.