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Zwischen dem Entwicklungsstand eines Landes und dem Recht auf Information besteht ein enger Zusammenhang. Die Menschen in den Industriestaaten haben sehr viel mehr Möglich-keiten für die Ausübung des Rechts auf Information als jene in den Entwicklungsländern.
Vier Fünftel der Weltbevölkerung lebt bis heute in diesen Entwicklungsländern und es scheint so, dass jene Länder, welche die grundlegenden Probleme nicht lösen konnten, auch weit vom Recht auf Information entfernt sind.
In dieser Untersuchung wollen wir das Konzept des Rechts auf Information auf der Grund-lage des unterschiedlichen Entwicklungsstandes zwischen Industriestaaten und Entwick-lungsländern hinterfragen.
In diesem Referat wollen wir die Chancen für das Recht auf Information in den am wenig-sten entwickelten und den übrigen Entwicklungsländern untersuchen und hinsichtlich der Auswirkungen der Bemühungen der Bibliothekare bei diesen Fragen zu einem Ergebnis kommen.
Dieses Problem kann nicht vollständig gelöst werden, solange es keine voll ausgeprägte Demokratie in einem Land gibt.
Man kann nicht behaupten, dass in vielen Entwicklungsländern eine vollständige Demokra-tie herrscht, obwohl sie seit 1980 insgesamt etwas demokratischer geworden sind Der Demokratieindex der Weltbank (vgl. Abb. 1) [nur im Original] zeigt dies deutlich. In der Mehrzahl der Entwicklungsländer funktioniert die Demokratie nicht vollständig. Man sieht, dass nur die OECD-Länder (oder Industriestaaten) eine wirklich demokratische Staatsform haben. Wenn man akzeptiert, dass eine voll ausgeprägte Demokratie eine Voraussetzung für das Recht auf Information ist, so kann man feststellen, dass Entwicklungsländer nicht die Möglichkeit haben, von diesem Recht voll Gebrauch zu machen.
Tabelle 1 zeigt, dass es noch viele Länder gibt, die einige der wesentlichen Menschenrechts-konventionen noch nicht ratifiziert haben oder ihnen noch nicht beigetreten sind. Das bedeutet, dass diese Länder sich noch dem Problem der Menschenrechte und damit auch dem Recht auf Information stellen müssen.
Länder, die bereits Länder, die nicht ratifiziert haben oder ratifiziert haben oder Konvention beigetreten sind beigetreten sind Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, 1966 135 57 Bürgerliche und politische Rechte, 1966 136 56 Diskriminierungsverbot bei Frauen, 1979 153 39 Rechte des Kindes, 1989 190 2
Tabelle 1. Stand der Ratifizierung wichtiger Menschenrechtskonventionen zum 1. März 1997. Quelle: Vereinte Nationen. 1997
Man kann zwei Vorstellungen von der menschlichen Entwicklung unterscheiden. Die eine liegt auf der Ebene des Individuums, die andere auf nationaler Ebene (2). Tabelle 2 zeigt die regionale Summe der menschlichen Entwicklung mit einigen grundlegenden Indikatoren und zeichnet ein Profil dieser Entwicklung. Nur ausgebildete Menschen können vom Recht auf Information Gebrauch machen, Analphabeten dagegen nicht, selbst wenn sie es nötig hätten. Srikantaiah und Dong weisen darauf hin, dass es eine deutliche Korrelation zwi-schen dem Gebrauch von Information und der Alphabetisierungsrate gibt, und zwar ganz einfach deshalb, weil der Informationsnutzer lesen und schreiben können muss.
am wenigsten Entwicklungs- Industrie- entwickelte Länder länder staaten Lebenserwartung (Jahre) 50,4 61,8 74,1 Alphabetisierungsrate bei Erwachsenen 48,1 69,7 98,5 Anteil der Einschreibungen in der ersten, zweiten und dritten Stufe 36 56 83 Zugang zum Gesundheitswesen (%) 49 80 --- Bruttosozialprodukt pro Kopf (US $) 210 1053 17221 Index der menschlichen Entwicklung 0,336 0,576 0,911
Tabelle 2. Regionale Summen von Indikatoren zur menschlichen Entwicklung. Quelle: Vereinte Nationen. 1997
Der Anteil der Einschreibung nach Ausbildungsstufen nach Regionen ist ein guter Para-meter für das Recht auf Information auf nationaler Ebene. Nach dem Anteil der Einschrei-bung in der ersten, zweiten und dritten Stufe in Tabelle 2 haben 64 % der Bevölkerung in den am wenigsten entwickelten Ländern und 44 % in den Entwicklungsländern keine Ausbildung, d. h. diese Länder können vom Recht auf Information keinen Gebrauch machen und haben auch keine solche Priorität. Artikel 29 beschreibt die Ziele der Ausbildung. Daraus muss man schließen, dass sich das Recht auf Information - oder besser gesagt: das Recht auf Zugang zur Information - auf ein Erziehungsziel bezieht und in die Perspektive der allgemeinen Bildung und menschlichen Entwicklung eingebettet ist (4).
Eine weitere unbefriedigende Situation ergibt sich aus dem prozentualen Verhältnis der Bildungsausgaben zum Bruttosozialprodukt. Wenn auch die am wenigsten entwickelten Länder 3,1 % ihres Bruttosozialprodukts für Bildung ausgeben, so beträgt dieser Anteil 3,8 % für Entwicklungsländer und 5,8 % für Industriestaaten (5).
Es wird schwer fallen, das Recht auf Information in den am wenigsten entwickelten und den Entwicklungsländern zu verwirklichen, wenn diese nicht ihre Bildungsausgaben soweit wie die Industriestaaten vielleicht sogar um einiges mehr erhöhen.
Bei der Alphabetisierungsrate gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen den am wenigsten entwickelten und den Entwicklungsländern sowie den Industriestaaten. Während der Anteil der Alphabetisierungsrate in den Industriestaaten 98,5 % beträgt, fällt er auf 69,7 % in den Entwicklungsländern und auf 50,4 % in den am wenigsten entwickelten Ländern. Dies bedeutet, dass schriftliche Information für die Hälfte der Bevölkerung in den am wenigsten entwickelten Ländern und ein Drittel in den Entwicklungsländern nicht zugänglich ist. Das heisst auch, dass man einer alphabetisierten Gesellschaft in diesen Ländern Priorität einräumen sollte.
Eines der grundlegenden Rechte für einen Menschen oder ein Volk ist das Recht auf Gesundheit. Ein kranker Mensch oder ein Land, das ernsthafte gesundheitliche Probleme auf nationaler Ebene hat, braucht das Recht auf Information als Priorität nicht. Vom Stand-punkt der Gesundheit gibt es deutliche Unterschiede zwischen Entwicklungs- und Industrie-ländern. Während der Bevölkerungsanteil ohne Zugang zum Gesundheitswesen in den am wenigsten entwickelten Ländern 51 % beträgt, beläuft er sich in den Entwicklungsländern auf 20 % und auf weniger als 5 % in den Industriestaaten (6). Diese Prozentsätze zeigen, dass sich die am wenigsten entwickelten und die Entwicklungsländer ernsthaften Gesund-heitsproblemen gegenübersehen. Es ist wohl nicht realistisch anzunehmen, dass ein Land mit ernsthaften Gesundheitsproblemen dem Recht auf Information Priorität einräumen wird.
Wenn man das Kommunikationswesen der Entwicklungsländern und der Industriestaaten betrachtet (Tabelle 3), so sieht man, dass die am wenigsten entwickelten und die Entwick-lungsländer in den kommenden zwei Jahren bis 2000 nicht die traditionellen Medien besitzen werden.
Von 1.000 Personen haben 822 kein Fernsehen. Pro 100.000 Personen werden in den Entwicklungsländern 7 Buchtitel, in den Industriestaaten 52 veröffentlicht. Die Zahl der Telefonanschlüsse beträgt 0,3 % für die am wenigsten entwickelten, 3,3 % für die Entwick-lungsländer aber 40,1 % für die Industriestaaten (7). Im Jahre 1994 erschienen in den 37 am wenigsten entwickelten und Entwicklungsländern keine Tageszeitungen (8). Das Recht auf Kommunikation ist eine Grundlage für das Recht auf Information. In diesem Fall kann man sagen, dass das Recht auf Information in den am wenigsten entwickelten und Entwicklungs-ländern noch in weiter Ferne liegt.
am wenigsten Entwicklungs- Industrie- entwickelte Länder länder staaten Radiogeräte (pro 100) 96 178 1.018 Fernsehgeräte (pro 100) 2 14 50 Buchtitel (pro 100.000) - 7 52 Telefonanschlüsse (pro 100) 0,3 3,3 40,1 Internationale Telefongespräche (Minuten pro Person) 0,5 2,5 35,1 Faxgeräte (pro 100) - 0,1 2,8 Internetnutzer (pro 10.000) - 1,5 223,2 Personalcomputer (pro 100) - - 14,2
Tabelle 3. Kommunikationsprofil. Quelle: Vereinte Nationen (1997).
Diese Prozentsätze zeigen, dass nur ein Fünftel der Weltbevölkerung unter den positiven Bedingungen für das Recht auf Information lebt und vier Fünftel erhebliche Probleme bei der Wahrnehmung dieses Rechts haben. Beispielsweise liegt die Zahl der Todesfälle für 1 - 4jährige bei 3.128 pro 100.000 in Südafrika und bei 30 in Finnland (10). Das funda-mentale Recht in den am wenigsten entwickelten und den Entwicklungsländern scheint des-halb das Recht auf Leben zu sein.
Außerdem bringt die Überbevölkerung in einem Land viele Probleme mit sich. Der größte Teil der Weltbevölkerung lebt immer noch in den Entwicklungsländern mit ihren vielen Problemen.
Nach Tabelle 5 beträgt die Benutzung Öffentlicher Bibliotheken in Uganda 0,2 %, in Großbritannien jedoch 57,6 %. Während in Uganda 1.145.611 Menschen nur eine Öffentli-che Bibliothek benutzen, ist es in Finnland eine für 2.851 Personen. Hinsichtlich der Bestände öffentlicher Bibliotheken gibt es in Großbritannien 2,29 Bücher pro Person, aber nur ein Buch für 3.000 Menschen in Uganda (11). Daraus ist deutlich zu erkennen, dass ein enges Verhältnis zwischen dem Grad der Entwicklung und der Benützung Öffentlicher Bibliotheken besteht. Für die Benützung Öffentlicher Bibliotheken in einem Land muss es deshalb genügend von diesen und weiteren Bildungseinrichtungen geben. Entwicklung bildet die Grundlage für die Benützung öffentlicher Bibliotheken und dementsprechend für das Recht auf Information.
Das Bibliothekswesen und natürlich das Recht auf Information kann man sich als Teil der nationalen Informationspolitik vorstellen. Doch die meisten der am wenigsten entwickelten und Entwicklungsländer besitzen keine solche Politik (12) und ihr Fehlen beeinflusst das Bibliothekswesen und das Recht auf Information in diesen Ländern negativ.
Bevölkerungszahl Benützer von ÖB/ Bestände Land pro ÖB Gesamtbevölkerung (%) (Zahl der Bde. in Tsd.) Uganda 1.145.611 0,2 82 Kanada 6.581 16,0 60.955 Finnland 2.851 47,3 36.300 Großbritannien 10.854 57,6 133.134
Tabelle 4: Anteil der Öffentlichen Bibliotheken und Benützer. Quelle: Statistisches Jahrbuch der UNESCO 1996.
Doch Staaten und Individuen sind sich dessen nicht bewusst und argumentieren: zuerst kommt das Recht auf Essen, Wohnung, soziale Sicherung, kurz das Recht auf Leben und dann erst das Recht auf Information.
Wir können das Recht auf Information nicht verwirklichen, wenn wir nicht die oben ge-nannten Rechte realisieren. Wenn wir als Bibliothekare auch viel hinsichtlich der Un-gleichheit zwischen Entwicklungsländern und Industriestaaten verändern können, wäre es nicht realistisch anzunehmen, dass wir das Problem des Rechts auf Information allein lösen könnten.
Abschließend kann man sagen, dass auch im 21. Jahrhundert die am wenigsten entwickelten und die Entwicklungsländer ihr Recht auf Information nicht erreichen werden.