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   64th IFLA General Conference
   August 16 - August 21, 1998

 


Code Number: 007-126-G
Division Number: IV.
Professional Group: Cataloguing
Joint Meeting with: -
Meeting Number: 126.
Simultaneous Interpretation:   No

Katalogisierung / Metadaten: Alter Wein in neuen Schläuchen?

Stefan Gradmann
Pica, Leiden, Netherlands


Abstract:

Aus dem Metadaten-Ansatz ergibt sich die Notwendigkeit, über die Beziehung zwischen beschreibenden Daten und referenzierten Elementen besonders auf dem Gebiet der dokumentähnlichen Objekte (DLO) nachzudenken. Es scheint, daß auf diesem Gebiet eine bestimmte Anzahl grundsätzlicher Parameter größeren Veränderungen unterworfen ist. Der Aufsatz identifiziert einige der grundsätzlichen Unterschiede zwischen traditioneller Katalogisierung und Metadatenproduktion, bzw. zwischen dem Zusammenhang des Gebrauchs und der Beziehung zwischen Metadaten und den durch Metadaten bzw. durch Katalogisierungsdatensätzen referenzierten Objekten.

Das Papier zeigt auf, daß die Erkenntnis dieser Unterschiede eine grundsätzliche Voraussetzung für die Neudefinition der Aufgabe von Bibliotheken in einer ständig wachsenden und sich ändernden Informationsumgebung ist.


Einleitung

Ein 1996 von R. Heery veröffentlichter Aufsatz (und somit eine lange Zeit vor dem Nachdenken über Internetstandards und ihrer Entwicklung) sagt: "Die gewohnten Daten eines Bibliothekskatalogs könnten als Metadaten beschrieben werden, in dem die Katalogdaten als 'Daten über Daten' bezeichnet werden. (HEERY 1996a). Wenn diese Aussage als gültig angesehen wird (und dies scheint - vor allem semantisch - der Fall zu sein), könnte eine korrekte, aber irgendwie naive Reaktion aus bibliothekarischer Sicht zu der Auffassung kommen, daß Katalogisierung ein spezifischer Fall der Metadatenerstellung ist, und könnte einfach dieses diffuse Gerede beiseite lassen: einfach weiter katalogisieren als ob nichts passiert wäre.

Eines der besonderen Ziele dieses Papiers ist es, einige Gründe für die Unangemessenheit einer solchen Reaktion aufzuzeigen: die grundsätzliche Aufgabe liegt darin, einige der Punkte herauszustellen, die das Metadatenthema für Bibliotheken in naher Zukunft von Wichtigkeit werden läßt.

Folglich ist der Aufsatz keine Einführung in Grundsatzfragen des Metadatenbereichs. Solches Wissen ist leicht über das WWW zu erlangen: Ausgangspunkte sind Materialsammlungen über Metadaten (http://ifla.inist.fr/II/metadata.htm ), verbreitet durch IFLA oder über die Metadatenseite von UKOLN (http://www.ukoln.ac.uk/metadata /), die umfangreiche Informationen bezüglich aller Metadatenaspekte zur Verfügung stellen. Jeder, der mit diesen allgemeinen Metadaten-Informationsseiten vertraut ist, wird verstehen, warum dieser Bereich hier weniger gründlich behandelt wird: das Papier will nicht versuchen, alle Metadatenstandards und -aktivitäten zu behandeln, sondern sich vielmehr auf ein Beispiel, vielleicht das im Augenblick prominenteste: den sogenannten "Dublin Core" (DC)-Set konzentrieren (Hintergrundinformation unter http://purl.org/metadata/dublin_core ).

Das Papier will auch kein Beitrag zu relevanten Standardisierungsprozessen im Bereich DC oder zu existierenden/entstehenden bibliothekarischen Katalogisierungsregeln und -formaten (wie ISBD(ER)) sein, noch wird für den Vorzug eines dieser Modelle argumentiert: Es gibt Möglichkeiten, die dafür eher geeignet sind (wie die entsprechenden Mailinglisten), und dort gibt es sicherlich auch Fachleute beider Gebiete, die in einem höheren Maße als der Autor dieses Papiers berechtigt sind, solche Beiträge zu liefern.

Was mich hier beschäftigt, ist eher die Frage einer möglichen Wechselbeziehung zwischen dem Katalogisierungs- und dem Metadatenansatz und ein nur sehr zaghafter und vorläufiger Versuch, Antworten zu geben. Manche behaupten, daß Metadaten- und 'konventionelle' Katalogisierungsdatensätze sich in mancher Hinsicht ergänzen, wohingegen ich in diesem Beitrag hervorheben möchte, daß beide grundsätzlich unterschiedliche, wenn nicht sogar gegensätzliche Arbeitsmodelle verfolgen, denen ebenso unterschiedliche Arbeitskonzepte zu Grunde liegen.

Es gibt einige gute Gründe - einige explizit, andere implizit, warum die Metadaten-Gemeinschaft nicht auf die Ergänzung des MARC-Formats setzte, sondern einen völlig neuen Satz von Attributen schuf. Einige dieser Gründe haben ihren Ursprung in dem Blick von außen auf das, was Bibliothekare tun: ein erfrischender Blickwinkel, der Bibliothekare zum Nachdenken bringen sollte.

Auf der anderen Seite profitiert der Metadatenansatz von dem Bonus, der jedem neuen Start zukommt - ist dieser einmal vorbei, werden Metadaten-basierte Aktivitäten wahrscheinlich einige der Probleme und Fallstricke wiederentdecken, die Bibliothekare während der letzten 30 Jahre beschäftigten: Während das Neuerfinden von Rädern manchmal berechtigt ist (und irgendwie auf dem derzeitigen Gebiet der Bibliotheksautomatisierung bis jetzt auch ist), gibt es auf der anderen Seite auch gute Gründe, Fehler, die von anderen schon gemacht worden sind, zu vermeiden.

Dieser Beitrag beabsichtigt, die Diskussion herauszufordern und anzuregen: Ich entschuldige mich für all die notwendigen Vereinfachungen und Analogien, die ich in diesem Zusammenhang gebrauche: Sie sind falsch wie alle Vereinfachungen und Analogien ...

Wer macht es, Wie wird es getan?

Wenn man einen Blick auf die typischen Ergebnisse der DC-Metadatenproduktion wirft, ist ein verführerischer Gedanke - wenigstens aus der Sicht eines Bibliothekars - anzunehmen, daß DC-Metadaten eine Art vereinfachtes Katalogisierungsformat sind. Ein solcher Blickwinkel wird durch Metadatendefinitionen wie die folgende unterstützt: "Metadaten sind Daten über Daten und stellen damit grundlegende Informationen zur Verfügung, wie den Autor eines Werks, das Datum der Erstellung, Verweise auf verwandte Werke etc. Eine wiedererkennbare Form von Metadaten ist der Katalogzettel in einer Bibliothek; die Informationen auf diesem Zettel sind Metadaten über ein Buch. Vielleicht benutzen Sie, ohne es zu bemerken, jeden Tag Metadaten bei ihrer Arbeit. ..." (MILLER 1996)

Dies entspricht vollständig einem ähnlichen Punkt, der sehr früh von P. Caplan in die DC-Diskussion eingebracht worden ist. In einem Versuch, die Frage zu beantworten: "Was sind Metadaten?", stellt sie fest: "Metadaten sind tatsächlich nicht mehr als Daten über Daten; ein Katalogdatensatz ist ein Metadatensatz; wie es auch ein TEI-Header oder jede andere Form von Beschreibung ist. Wir können es Katalogisierung nennen, aber für manche Leute ist dieser Begriff zu sehr belastet, wie die Anglo-American Cataloging Rules und USMARC. Es ergibt sich gewissermaßen eine "Du nennst es Korn, wir nennen es Mais"-Situation, aber Metadaten ist ein guter neutraler Ausdruck, der allen Grundelementen entspricht. (CAPLAN 1995) (1) In einem anderen Versuch, einen Überblick zu Metadatenformaten zu geben, nennt R. Heery Katalogisierung und DC in demselben Zusammenhang, zeigt aber einen Unterschied in der Komplexität auf: Eine Vielzahl an Formaten sind in der folgenden Tabelle aufgeführt, dargestellt entlang einer fortlaufenden Form vom einfachen Datensatz (Band One) hin zu einem komplexen, reichen Datensatz (Band Four). Die Vielzahl der Datentypen wird im bibliographischen Kontrollprozess identifiziert und wie folgt dargestellt:

 
Band One                Band Two        Band Three      Band Four

Proprietary             Dublin Core     MARC            ICPSR
  simple records:

NetFirst                IAFA            TEI             FGDC
                                        independent 
                                        headers

[...]                   [...]           [...]           [...]

Publishers'             CIP MARC        EDI messages    
  CIP forms
(HEERY 1996a)

All dieses scheint anzuzeigen, daß das Grundanliegen dieses Papiers tatsächlich gar kein Thema ist; es geht um nichts als eine leichte Änderung in der Terminologie und um Varianten der Komplexität.

Mehr jedoch als einen geringfügigen Unterschied kann man in der folgenden von T. Berners-Lee gegebenen Definition erkennen: "Metadaten sind für Maschinen verständliche Informationen über Netzpublikationen oder andere Dinge" - und es wird fortgeführt: "Der Ausdruck "für Maschinen verständliche" ist der eigentliche Schlüssel. Wir sprechen hier über Informationen, die Softwareagenten dafür verwenden können, um uns das Leben einfacher zu machen, die sicherstellen, daß wir unseren Prinzipien und dem Gesetz folgen, die überprüfen, daß wir den Dingen vertrauen können, die wir tun und die dafür sorgen, daß unsere gesamte Arbeit reibungslos und schnell abläuft." (BERNERS-LEE 1998)

Dies unterscheidet sich schon deutlich von der "Wir können es Katalogisierung nennen"-Position: Während die Hauptziele als dieselben wie die der Katalogisierung benannt werden können (Zuverlässigkeit und Authentifizierung der Metainformation), sind die Informationsnutzer andere: (Softwareagenten eher als Bibliotheksbenutzer) und das besondere Interesse an Effizienz impliziert, daß die Dinge "reibungsloser und schneller" ablaufen sollen als das Katalogisieren!

Der Unterschied wird gerade dadurch klarer, wenn wir einen Aspekt berücksichtigen, der ursprünglich zu der DC-Initiative führte und an den kürzlich Stu Weibel erinnerte: "Einer der ursprünglichen Beweggründe für die DC-Workshops war die Vorstellung, Autoren könnten ihre eigenen Beschreibungen erstellen." (WEIBEL 1998) (2) - nicht nur der Produktionsablauf ist ein anderer, auch die Urheber der Metainformationen sind nicht mehr die "Katalogisierer in Bibliotheken".

Ein zusätzlicher Aspekt, der berücksichtigt werden sollte, ist die Tatsache, daß ein anderer Gesichtspunkt der DC-Initiative die "Vereinfachung der Ermittlung von Dokumenten in einer Netzwerkumgebung" (LAGOZE 1997) und nicht primär die Dokumentbeschreibung war. Der Metadatenansatz paßt somit nur zufällig in das Beschreibungsparadigma der bibliothekarischen Katalogisierung.

Tatsächlich führt erst all dieses zu einer klareren Vorstellung der expliziten und impliziten Voraussetzungen, die mit dem Begriff Metadaten verbunden sind: Diese sind für einen Gebrauchszusammenhang bestimmt, der sich von dem von Bibliothekskatalogen unterscheidet, sie werden typischerweise nicht von professionellen Katalogisierern erstellt, sie sind vorgesehen, um effektiver Katalogisierungsdatensätze zu erstellen, sie umfassen eine besondere Materialart (elektronische Dokumente) und - das ist der Punkt, der unten weiter ausgeführt wird - die Beziehung zwischen Metadaten und den referenzierten Dokumenten unterscheidet sich grundlegend von der Beziehung eines Erschließungsdatensatzes zu einem in einer Bibliothek vorhandenen Buch.

Obwohl die Ergebnisse der Metadatenproduktion, die aktuellen DC-Datensätze, semantisch einem vereinfachten Katalogisierungsdatensatz ähnlich sein können (und leicht in ein MARC-Format überführt werden können(3)), unterscheidet sich der ganze Kontext von Produktion und Nutzung dieser Information und intendiert die Umgehung der traditionellen Katalogisierung. Wenn man man den Prozeß der Metadaten-Erstellung als eine Art vereinfachter Katalogisierung ansieht, bedeutet dies ein schwerwiegendes Mißverständnis.

Für wen wird es gemacht? Und wie wird es genutzt?

Katalogisierungsdatensätze, so wie sie traditionell von Bibliotheken erstellt werden, sind eher allgemein in dem Sinne, daß sie relativ wenig auf potentielle Nutzer dieser Daten eingehen. Die zukünftige Benutzungsumgebung (Integration in einen OPAC oder das Einlegen von gedruckten Katalogkarten in einen Zettelkatalog) hatte bis jetzt sehr geringen Einfluß auf die Art und Weise der Erstellung von Informationen im Katalogisierungsprozeß und beeinflußte kaum die Semantik (wie sie in formalisierter Weise in Katalogisierungsregeln wie AACR2 festgelegt ist). Dies kann als ein Vorteil angesehen werden - jedoch werden sich die Bibliotheken des Nachteils mangelnder Endnutzerorientierung der Katalogisierungsaktivitäten zunehmend bewußt und sind gezwungen, einige ihrer Prinzipien neu zu überprüfen, und sei es auch nur aufgrund des wachsenden Kostenbewußtseins im politischen Umfeld.

Das gleiche gilt nicht für DC und andere Metadaten-Initiativen: eine ihrer Haupteigenschaften scheint mir zu sein, daß sie sehr stark von spezifischen Endnutzeranforderungen ausgehen. Dies könnte als ein Nachteil angesehen werden, da Änderungen im Endnutzerverhalten und im Benutzungsumfeld sich schnell gravierend auswirken können und das Risiko der Datendiskontinuität mitführen - jedoch wird dieses Charakteristikum heutzutage wahrscheinlich eher in einem positiven Kontext gesehen. Jedesmal wenn DC vorgestellt wird, werden die spezifischen Materialarten (elektronische Objekte in der WWW-Umgebung) als Argumente dafür angeführt, sie entspringen besonderen Vorstellungen des Nutzungsumfelds (Erhöhung der Genauigkeit im Zusammenhang mit Internet-Suchmaschinen ist zum Beispiel eines der (immer) wiederkehrenden Argumente in diesem Kontext) und sie werden oft in Bezug auf eine spezifische Nutzergruppe entwickelt: die Metapher des 'digitalen Touristen' wird von der DC-Gemeinschaft in diesem Sinn hochgehalten.

Dies gilt schon in mancher Hinsicht für die DC-Semantik: Um nur ein Beispiel zu geben: eine der grundlegenden Voraussetzungen scheint hier die Einmaligkeit der Dokumente zu sein, wobei nicht in Betracht gezogen wird, daß, daß ein 'Werk' (in der 'Functional Requirements' Terminologie) unterschiedliche Ausgaben haben kann und daß Kopien von diesen existieren - das Ergebnis ist eine 1:1 Beziehung zwischen Metadaten und der physikalischen Resource, die gemäß dem „flachen" Informationsparadigma des WWW angelegt ist. (4) Diese Tatsache wird noch greifbarer im Zusammenhang mit den entsprechenden Syntaxvorschlägen, welche sich eindeutig an dem Gebrauch der WWW-Umgebung orientieren. (5)

Der grundsätzliche Unterschied kann vielleicht am besten im Vergleich der jeweiligen Beziehungen zwischen Katalogisierungsdatensätzen und Büchern sowie zwischen Metadaten und den referenzierten Dokumenten veranschaulicht werden.

In den meisten lokalen Bibliothekssystemen werden bibliographische Datensätze normalerweise durch Exemplarsätze ergänzt, die die Signatur und damit die Standortangabe eines Buches enthalten. Die Signatur wird dann normalerweise unter Zuhilfenahme der Ausleihfunktionalität des jeweiligen Bibliothekssystems und oft sogar zusätzlich von Personal verwendet, um den Benutzer mit dem Objekt seines Wunsches, dem entsprechenden Buch oder Dokument, zu versorgen. Der grundlegende Punkt ist, daß dieser Nutzungszweck wenig oder gar keine Konsequenzen für den bibliographischen Datensatz und die Katalogisierung hat.

Diese Gegebenheiten unterscheiden sich grundlegend von denen für Metadaten, wie von R. Heery hervorgehoben:

"Metadaten unterscheiden sich von traditionellen Katalogisierungsdaten darin, daß die Adresse einer Information in einer Form im Datensatz enthalten ist, die den direkten Dokumentenbezuüber eine entsprechende Anwendungssoftware ermöglicht, mit anderen Worten, der Datensatz enthält genaue Zugangsinformationen und die Netzwerkadresse." (HEERY 1996b)

Metadaten sind als solche Teil einer speziellen technischen Informationsinfrastruktur; das gilt in mancher Hinsicht sogar für die Semantik, die ursprünglich als unabhängig von der Umgebung intendiert war: der derzeitige Wert eines Metadatensatzes wird zu einem hohen Maße dadurch bestimmt, daß der Zugriff zum Dokument tatsächlich im Datensatz enthalten ist und auch funktioniert (dies erklärt die starke Beschäftigung der innerhalb des DC geführten Diskussion über das Problem der 'nicht funktionierenden Links' und die notwendige Verknüpfung mit URN- oder anderen identifizierungsbezogenen Standardisierungsprozessen), und daß diese Zugriffe die technischen Voraussetzungen der Anwendungssoftware, die für den Zugriff auf die Information gebraucht werden, erfüllen. Um diesen Aspekt sehr vereinfacht darzustellen, könnte man sagen, daß ein Metadatensatz, der einen ungültigen Zugriff enthält, beinahe weniger wert ist als gar kein Datensatz.

Die Schlußfolgerung dieses Abschnitts ist, daß Metadaten nicht nur ein unterschiedliches Erstellungskonzept zugrundeliegt, sondern daß sie sich auch im Nutzungsumfeld von Katalogisierungsdatensätzen unterscheiden, und daß sie in einem hohen Maße mit diesem Bereich technisch verbunden sind. Während dies die Sache sehr zu vereinfachen scheint (direkter Dokumentenzugriff ermöglicht durch die Benutzung von standardisierten Zugriffsmethoden), kompliziert paradoxerweise diese Tatsache die Dinge gleichzeitig, da die Rolle der Metadatensätze in der Informationsinfrastruktur abhängig von der Entwicklung der sich rasch ändernden Internetstandards ist (um es deutlich zu machen, dieser Punkt ist nur eine Tatsache und nicht als eine Kritik an dem Metadatenansatz zu verstehen).

... und eine Chance für Bibliothekare?!

Einige der grundsätzlichen Unterschiede zwischen bibliographischen Datensätzen und Metadaten wie auch die unterschiedlichen Erstellungsmechanismen sollten nun klarer geworden sein. Klar genug, um zu verstehen, daß beide Ansätze Teil unterschiedlicher Informationsinfrastrukturen sind und notwendigerweise auf diese reagieren, auch wenn es Berührungspunkte und Ähnlichkeiten gibt.

Es kann sicherlich möglich sein, beide Informationsparadigmen miteinander zu kombinieren, wie es in dem Vorschlag von XU (1998) zur Benutzung des BibliotheksOPACs als Gateway zum Zugriff auf Metadaten-Repositories vorgestellt worden ist. Ich möchte das nicht im Detail diskutieren, wenn ich auch meine persönlichen Zweifel bezüglich der unmittelbaren Praktikabilität habe. Dies ist jedoch eine wichtige Richtung, die von Bibliothekaren untersucht werden sollte, und einiges dieser aktuellen Arbeit, die in meiner Institution - Pica - getan wird, geht, Bibliotheksautomatisierung und Internettechniken verbindend, in dieselbe Richtung, wie wir es in unserem WebDOC und in unserem DELTA-Projekt tun.

Es gibt jedoch andere Bereiche, in denen die Metadaten-Gemeinschaft vom spezifischen bibliothekarischen Wissen und von der Erfahrung profitieren kann (oder dort, wo dieses schon der Fall ist, in bezug auf die vielen Personen, die die Bibliothekswelt in dieser Gemeinschaft repräsentieren), und dieses trifft vielleicht für das sogenannte "qualified DC" in einem höheren Maße zu als für das "simple DC". Ich denke an Beispiele wie die Lektionen, die von den MARC-Erfahrungen und seiner Fußnotenarchitektur gelernt werden können oder der Gebrauch von kontrolliertem Vokabular, der zu neuen Diskussionen führen kann, ähnlich denen, die in der Bibliothekswelt über Normdaten in der Vergangenheit geführt worden sind. Es gibt weitere Bereiche dieser Art, in denen die notwendige Wiedererfindung des Metadatenrads Probleme vermeiden kann (und auch schon vermeidet), die in früheren Zusammenhängen schon erkannt worden sind.

Ich möchte diesen Vortrag mit dem Hinweis auf zwei Themenbereiche beenden, in denen kontinuierliche substantielle Beiträge der Bibliothekswelt als besonders wertvoll für den Metadatenansatz angesehen werden können. Ein Teilnehmer der meta2-Mailingliste hat kürzlich folgendes ausgeführt:

"Meine eigene Erfahrung zeigt, daß das, was bessere Ergebnisse in Bibliothekskatalogen ermöglicht, nicht so sehr das Format selber ist, sondern die Information, die in das Format eingefügt worden ist. Bibliothekare folgten traditionell dem Konzept der Konsistenz, wenn sie Bibliotheksdatensätze erzeugen (konsistente Form eines Namens, eines Titels und einer Inhaltsbestimmung). Ich stimme gerne zu, daß es ein großer Schritt voran ist, "Green" als Name getrennt von "green" im Titel zu suchen, aber es ist nichts im Vergleich zu der Möglichkeit, den richtigen "David Green" aus einer Vielzahl von Gleichnamigen auszuwählen." (Weinheimer 1998)

Konsistenz und Nomdaten sind wirklich Bereiche von besonderer Bedeutung für Bibliothekare und sie mögen auch im Zusammenhang mit Metadaten eine entsprechende Rolle spielen; um zur umfassenden Konsistenz der Produktionsergebnisse beizutragen - das macht deutlich, daß es hier nicht die Intention sein kann, den Metadatenansatz in eine Art von traditioneller Katalogisierung zurückzuverwandeln!

Der zweite Bereich, an den ich denke, ist eng mit diesem verbunden und betrifft das Problem der Metadaten-Authentifizierung. Der kürzlich erschienene Bericht des EC Metadaten Workshops in Luxemburg führt aus, "daß der aktuelle Start des Dublin Core langsam ist und daß eine kritische Masse fehlt". Neben anderen Problemen liegt eines in der Tatsache, daß Suchmaschinen wie AltaVista Metadaten aus indexierten Stichworten erstellen und das Fehlen von Metadaten-Authentifizierung eines der Hauptgründe dafür ist. Eine Nachricht von S. Weibel an meta2 zeigt dieses Problem wie folgt auf: "Aber ich bin zu der Überzeugung gekommen, daß wir uns von einer 'wo-ich-klicke'-Mentalität' hin zu einer 'wem-vertraue-ich'-Position hinwenden. Als ein Repräsentant der Bibliotheksgemeinschaft sehe ich das als eine Möglichkeit wie auch als ein Problem, die dem öffentlichen Vertrauen unseren größten wichtigen Vorteil gibt.

Es gibt andere Funktionsgemeinschaften, die auch dazu beitragen, gesicherte Dokumentbeschreibung zu verbreiten, Museen, Regierungen, Verleger, Berufs- und Handelsorganisationen. Es gibt Raum für Mißbrauch in jedem dieser Systeme, und es wird dieses auch im Metadatenbereich geben (bzw. gibt es schon). Gerade noch viel kritischer wird es dadurch, daß diese, die auftragsgemäß zuverlässige Dokumentenbeschreibung anbieten, gemeinsame Konventionen finden (einschließlich der Bewertunsginstrumente), auf denen wir die Zukunft, die wir uns vorstellen, aufbauen" (WEIBEL 1998).

Der folgende Vorschlag ist in diesem Zusammenhang gemacht worden:

"Wir bezweifeln, daß zum Navigieren geeignete Meta-Infomation von anerkannten Organisationen angeboten werden. Ich würde erwarten, daß etwas wie Gelbe Seiten entwickelt wird - es wird Geld kosten, um die Resourcen zu beschreiben; je mehr man bezahlt, desto mehr Listen wird man haben. Ich verweise hier auf kommerzielle Listen; ich erwarte, daß Dienste wie Altavista, Yahoo! und weitere ihre kostenlosen Angebote fortführen, aber ich wäre nicht überrascht, wenn sie sich auf beschreibende Resourcen, die zum Verkauf stehen, konzentrieren." (ARNETT 1998)

Ich bin mir nicht sicher, ob dieses ein vielversprechender oder wünschenswerter Weg ist: Es kann ein Weg sein, öffentliche Institutionen wie Bibliotheken in diesen notwendigen Prozess des Informationsangebots einzubeziehen. Während ich zustimmen würde, daß anerkannte Einrichtungen in diesem Prozeß benötigt werden, bin ich mir nicht sicher, ob alle von uns über die völlige Abhängigkeit von Serviceangeboten kommerzieller Einrichtungen in diesem lebendigen Prozeß der Informationsverbreitung glücklich wären. Da gerade diese Idee antizyklisch im Sinne des Wandels gegenüber der gegenwärtigen Deregulierungswelle ist, denke ich, daß es ein wichtiger Punkt ist, über den man nachdenken sollte.

Um den Titel dieses Beitrags aufzugreifen: Es sollte jetzt klar geworden sein, daß Metadaten mehr als nur ein Modewort und nicht (nur) alter Wein in neuen Schläuchen sind. Der Ansatz, für den dieser Begriff steht, stammt von einem Informationsparadigma, das sich von der bibliothekarischen Katalogisierungsarbeit unterscheidet; und ich denke, daß Bibliotheken sich eingeladen fühlen sollten, diese Entwicklung intensiv zu verfolgen und sie nicht als eine mögliche Bedrohung, sondern eher als eine Chance der Neudefinition ihrer Rolle im Zusammenhang der neu entstehenden Informationslandschaft zu sehen.

Literatur:

Arnett, Nick: Re: authentication of metadata. meta2@mrrl.lut.ac.uk (23 Jan. 1998) (=ARNETT 1998)

Berners-Lee, Tim: Metadata Architecture. Documents, Metadata, and Links. Last edit Date: 1998/02/06 17:06:46. http://www.w3.org/DesignIssues/Metadata.html (= BERNERS-LEE 1998)

Caplan, Priscilla: You Call It Corn, We Call It Syntax-Independent Metadata for Document-Like Objects. In: The Public-Access Computer Systems Review 6, no. 4, 1995. http://info.lib.uh.edu/pr/v6/n4/capl6n4.html (= CAPLAN 1995)

Heery, Rachel: Metadata Formats. December 1996. Deliverable D1.1 - Work Package 1 of Telematics for Libraries project BIBLINK (LB 4034) http://www.ukoln.ac.uk/BIBLINK/wp1/d1.1 / (= HEERY 1996a)

Heery, Rachel: Review of Metadata Formats. In: Program, Vol. 30, No. 4, October 1996, pp. 345-373 (= HEERY 1996b)

Lagoze, Carl: From Static to Dynamic Surrogates. Resource Discovery in the Digital Age. In: D-Lib Magazine, June 1997. http://www.dlib.org/dlib/june97/06lagoze.html (LAGOZE 1997)

Miller, Paul: Metadata for the Masses. In: Ariadne, 5, Sept. 1996. http://www.ariadne.ac.uk/issue5/metadata-masses/ (= MILLER 1996)

Metadata Workshop, Luxembourg - 1-2 December 1997. Workshop Report. http://hosted.ukoln.ac.uk/ec/metadata-1997/report /

Miller, Paul: An Introduction to the Resource Description Framework. In: D-Lib Magazine, May 1998 (= MILLER 1998)

Olson, Nancy B. (Ed.): Cataloging Internet Resources. A Manual and Practical Guide. Second Edition. http://www.oclc.org/oclc/man/9256cat/toc.htm (= OLSON)

A User Guide for simple Dublin Core. Draft version 4.0 (15/05/1998); http://128.253.70.110/DC5/UserGuide4.html (= USER GUIDE)

Weibel, Stuart: Re: authentication of metadata. meta2@mrrl.lut.ac.uk (23 Jan. 1998) (= WEIBEL 1998)

Weibel, Stuart and Hakala, Juha: DC-5: The Helsinki Metadata Workshop: A Report on the Workshop and Subsequent Developments. Offical report of the Helsinki DC Meeting. In: D-Lib Magazine, February 1998, http://www.dlib.org/dlib/february98/02weibel.html (= WEIBEL/HAKALA 1998)

Weinheimer, James: Re: authentication of metadata. meta2@mrrl.lut.ac.uk (23 Jan. 1998) (= WEINHEIMER 1998)

Xu, Amanda: Metadata Conversion and the Library OPAC. In: The Serials Librarian 33 (1-4) (Spring 1998), http://web.mit.edu/waynej/www/xu.htm (= XU 1998)

Notes:

  1. Im Zusammenhang mit dieser Definition werden die jetzt entstehenden DC Entwürfe auf dasselbe Niveau wie andere "Standards von AACR2 bis GILS, die Metadatensätze definieren" gestellt (CAPLAN 1995).

  2. Entsprechend erwähnen fachliche Veröffentlichungen aus dem Bibliotheksbereich wie OLSON den DC nicht als ein relevantes Katalogisierungsinstrumentarium.

  3. Wie es bewiesen wird in: Mapping the Dublin Core Metadata Elements to USMARC. OCLC Discussion Paper No. 86. May, 1995. (http://ifla.inist.fr/documents/libraries/cataloging/dublin1.txt) und an anderen Stellen.

  4. Dieses Prinzip wird im klaren Bewußtsein der "Komplexität von Beziehungen zu verwandten Werken, die sich einer einheitlichen Bestimmung/Erklärung widersetzen" aufrecht gehalten", in: WEIBEL/HAKALA 1998.

  5. Die derzeitigen Vorschläge zum Gebrauch von XML basierend auf der RDF-Syntax sind dafür ein gutes Beispiel; cf. MILLER 1998